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Ein Mord den jeder begeht

Ein Mord den jeder begeht

Titel: Ein Mord den jeder begeht Kostenlos Bücher Online Lesen
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munter. »Oh, ich weiß alles. Ich ritt zu jener Zeit zweimal wöchentlich in der Nähe dieses Tümpels vorbei. Mit Herrn Brokmann. Aber warum könntest du nicht sagen, du habest Molche gefischt? Es trifft doch zu!«
    »Ja. Dies wohl. Aber, wenn ich es sagte, wäre es – unecht. Es gehört sozusagen nicht mir.«
    »Seltsam«, sagte Günther und trank Kognak aus dem flachen Glase. Castiletz verlor den Faden, welchen er plötzlich mit so großem Eifer aufgegriffen hatte. Vielleicht, um diesen Verlust zu ersetzen, um die im Gespräche – durch einen so unsicheren und im Nu verdampfenden Gegenstand – entstandene Leere zu füllen, sprach er gleich aus, was jetzt von innen an seine Lippen drängte:
    »Ich bin nach Berlin geschickt worden, von meinem Direktor, wie ich dir schon sagte, wegen dieser Sache mit der eventuellen Kartellierung, oder was die da Vorhaben, genau weiß man das noch nicht. Jedoch habe ich mich hier mit etwas ganz anderem noch zu beschäftigen – mit etwas, das für mich persönlich weit wichtiger ist.«
    »Und das wäre«, sagte Ligharts, den Zigarettenrauch ausblasend, und beugte sich vor. Er sah Conrad von unten her an, und nun war sein lichtes, freies Antlitz ganz und gar das des Knaben, ein wenig schelmisch, ein wenig eigenartig. Der Pierrot. Freilich mußte er sich mit Quiek verstehen.
    »Es handelt sich um die Aufklärung eines Kriminalfalles.«
    Nein, er hatte es so wichtig nicht herausbringen wollen; aber nun lag es da, wie ein Klumpen etwa an Stelle einer hübschen Statuette.
    »Ja – machst du das im Nebenberuf?« fragte Ligharts ein wenig nüchtern, vielleicht sogar ernüchtert.
    »Nein«, sagte Conrad. Dann unterrichtete er Günther, ungefähr in der gleichen Art, wie Inkrat einst den ganzen Fall dargestellt hatte (ja, an einigen Stellen sogar mit den gleichen Worten), nur weit gedrängter.
    »Deine Schwägerin!« rief Ligharts. »Nein, von der Sache habe ich nie gehört.«
    Castiletz setzte fort. Günther wiederholte den Namen: Henry Peitz. Dann, nach einer sekundenlangen Stille, sagte er: »Den kenne ich.«
    »Wie?« rief Castiletz vollkommen unbeherrscht.
    »Hat er ein Geschäft für Elektrogeräte hier in Berlin?« fragte Ligharts rasch.
    Beider bemächtigte sich eine augenblickliche Aufregung, welche bei Günther jedoch gleich ins Heitere, Befeuerte, Beschwingte umschlug.
    »Ja«, sagte Castiletz, »er besaß ein solches Geschäft hier.«
    »Dann ist er’s!« rief Ligharts laut und erhob sich. »Nieder mit Peitz! Warte nur, Peitzlein, dich wollen wir schon am Fracke fassen! Du Räuber und Mörder! Er muß es sein. Sonst macht mir das Ganze keine Freude. Er hat es einfach zu sein. Und hat sich entlarven zu lassen. Nieder mit Peitz. Abasso il Peitz . . .«, er brach erschrocken ab. Vielleicht glaubte er, Conrads Gefühle durch eine solche Auffassung der Sachen zu verletzen. Aber hierin täuschte sich Günther. Castiletz sah ihn und seine Leichtigkeit etwa so sehnsüchtig an wie ein Skischüler am Arlberg den beschwingten Meister.
    »Ich kann ihn nämlich nicht leiden«, sagte Ligharts, gleichsam sich entschuldigend. »Sieh her, Kokosch: wenn er – so aussieht, dann ist er’s unbedingt.«
    Bei den Bücherbrettern stand ein kleiner Hocker, wohl um hinaufzusteigen und aus den oberen Reihen ein Buch entnehmen zu können. Ligharts setzte sich auf diesen, Castiletz gegenüber, etwas schief und mit steif nach seitwärts zurückgelegtem Oberleibe. Die Hände führte er an die Augenwinkel, zog die Lider ein wenig herab, und so, in dieser Stellung eines Beleidigten, eines vor irgendeiner andringenden (etwa gar unverschämten?) Frage Zurückweichenden, sagte er: »Mein Name ist Henry Peitz. Was wünschen Sie eigentlich von mir?«
    »Er ist’s!« rief Conrad, nun seinerseits aufspringend. »Genau so hat ihn dieser Doktor Inkrat von der Polizei beschrieben. Genau so!«
    »Ja, kennen Sie mich denn nicht persönlich?« sagte Günther, noch immer als Henry Peitz und aufs tiefste beleidigt.
    »Nein, Herr Peitz«, erwiderte Conrad, »und hierin liegt ja das Problem.«
    »Du kennst ihn gar nicht?« rief Ligharts und ließ seine Peitzsche Pose fahren. »Du wirst ihn kennenlernen. Das kann ich dir ohne weiteres vermitteln. Übrigens müßtest du jetzt schon imstande sein, ihn zu identifizieren, ohne den Mann je gesehen zu haben. Warte mal, ich zeige ihn dir noch stehend.«
    Er postierte sich vor die Bücherbretter. »Denke dir«, sagte er, »Peitz würde hier auf irgendein öffentliches

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