Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mord den jeder begeht

Ein Mord den jeder begeht

Titel: Ein Mord den jeder begeht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Marianne: alles das brauchte nicht zu drücken, denn es mußte durch die Aufklärung des Falles L.V. allein schon ins richtige Geleis kommen auf irgendeine Art, ja dies konnte nur so und auf gar keine andere Weise geschehen. Ein durchschlagender Erfolg hier entschied auch dort zweifellos alles.
    Diese Meinung saß in Conrad ganz fest, ja, sie war ein schon tief ausgewaschenes Bachbett seines Fühlens und daraus sich ableitenden Denkens geworden, in welches alle auf Marianne bezüglichen, gelegentlich und zwischendurch auftauchenden Erwägungen sofort gedrängt wurden und stürzten. Auch im Gespräch mit Eisenmann hatte er ja diese Grundüberzeugung schon einmal anzudeuten versucht. Es war der längere Weg sozusagen, statt aller kleinen Mittelchen, der aber dafür alles heilte. Dies stand für Castiletz außerhalb jedes Zweifels.
    Eine Autodroschke rollte heran, nun langsamer, sie hielt bei der Sandkiste. »Ich war verspätet«, sagte Ligharts rasch. »Nun komm.« Sie gingen über die Straße und an dem Zigarrenladen rechter Hand vorbei. »Hier siehst du«, sagte Günther, »ein im Vergleiche zu den anderen auffallend niederes Haus. Nur zwei Stockwerke. Im nächsten wohnt Peitz, drittes Geschoß, wo die Erker sind. Jetzt merke dir die Hausnummer. In der Wohnung ist Licht. Deswegen muß er nicht zu Hause sein. Hat eine Frau. Die ist, glaube ich, völlig bedeutungslos. Unten ist der Laden. Schon geschlossen natürlich. Ein großes Geschäft. Da: Elektrogeräte. Nun weiter, wir kommen gleich zu der Weinstube. Dort hinten bin ich einmal in die Schule gegangen. Mußte Griechisch nachlernen, Gott sei Dank. Ich werde jetzt hineingehen. Es ist höchste Zeit. Was ich dir noch einschärfen wollte: wenn er in die Untergrundbahn einsteigt oder sonstwo: nimm dir immer eine Karte, die bis zur jeweiligen Endstation zulangt und mit der du auch die Züge wechseln kannst. Sonst verlierst du ihn unbedingt dann aus dem Gesicht, wenn man dich an der Sperre auf hält, weil du nachzulösen hast. Quiek hat mich eben, bevor ich wegging, nochmals daran erinnert, dir dies zu sagen. Solch kleiner Umstand kann alles umschmeißen und dich um den Erfolg bringen. Ich trete also jetzt ein. Du wirst ihn unbedingt sehen, es gibt hier keine Logen oder dergleichen. Gehe noch einmal auf und ab. Dann komme gleichfalls herein. Meistens sitzt er im zweiten Zimmer.«
    Günther verschwand. Castiletz repetierte, ja, er notierte sogar. Was ihm den stärksten Eindruck machte, war die Sache mit den Fahrkarten. Günther und Quiek beschäftigten sich wirklich mit diesem Fall! Einen Augenblick lang fühlte er sich geradezu befeuert und mitgerissen. Dahinten, in der Ferne der Zeiten, wollten sich alle leuchtenden Benennungen erheben, die das Leben einst an der Stirnseite getragen hatte. Welch schönes Abenteuer und welch eine große Stadt!
    Es verfing nicht ganz. Er ging einmal um den Häuserblock – das war nun viel weiter, als er sich vorgestellt hatte! – und am Schlusse beeilte er sich. Was bei ihm indessen bereits verfing, das war ein Glaube an die Möglichkeit glücklicher Zufälle, wie in Stuttgart, ja, eigentlich vielmehr noch zu Lauffen am Neckar ... Nun trat Castiletz ein. Es roch hier nach frisch gebohnertem Boden. Von den Wänden sahen gemalte Gletscher herab, Pasterzen, Felsen. Tirol. Die Stuben waren behaglich, da und dort hing altes Gerät, standen hohe Krüge mit dem roten Adler. Die Tischtücher waren schön blau gewürfelt. Er ging durch das erste Zimmer, schon erblickte er Ligharts. Was Peitz betraf, lag hier der unglaubliche Fall vor, daß jemand gar nicht viel anders aussah, als man ihn sich vorgestellt hatte. Ein gefährlicher Lachreiz erhob sich in Castiletz (noch dazu saß jener schief, in bezug auf Günther leicht zurückgelehnt!), ein gefährlicher Lachreiz, der zum Beispiel in einer tragischen Oper vor klassizistischem Säulenhintergrunde in furchtbarer und verräterischer Weise den Ausschlag hätte geben und zur Katastrophe hätte führen können. Jedoch schien das, was Günther eben sagte und Conrad freilich nicht hören konnte, auf Peitz so außerordentlich beleidigend zu wirken (oder den Verdacht einer so gewollten Wirkung zu erwecken), daß er Castiletz gar nicht beim Eintreten bemerkte. So kam dieser gut und ungesehen an Henry Peitz vorbei und konnte ihn obendrein von seinem Platze aus ruhig betrachten. Ligharts sah er dabei eigentlich gerade ins Gesicht, wenn auch über die ganze Breite der Stube hinüber.
    Bald folgten zwei

Weitere Kostenlose Bücher