Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
»Ich bezweifle stark, dass der Leichnam in einem Zustand ist, der die ›Ärztestudenten‹ oder die anatomischen Abteilungen der Universitäten interessieren würde. Sie war zu lange im Wasser.«
Daisys Griff um meinen Arm lockerte sich. »Ich hoffe es, Mr. Ross«, sagte sie traurig. »Können Sie nicht mit dem Coroner reden, Sir? Ihn darum bitten, dass sie nicht in Stücke geschnitten wird?«
»Das mache ich«, versprach ich ihr. »Allerdings glaube ich wirklich nicht, dass es so weit kommen wird, wie ich bereits sagte. Die Leichen für die Anatomie müssen normalerweise frisch sein.«
Daisy schniefte ein letztes Mal und rieb sich heftig mit dem Handrücken über die Nase. »Ich gehe dann jetzt«, murmelte sie. »Danke, dass Sie sie gefunden haben, Mr. Ross. Sie haben gesagt, Sie würden sie finden, und das haben Sie getan.« Mit diesen Worten wandte sie sich ab und rannte aus dem Raum.
»Ich wünschte nur, ich hätte sie lebendig gefunden!«, sagte ich leise zu mir selbst. Ich hob den Kopf und sah Morris an. »Was war das für ein Gerede vorhin über den Jüngsten Tag? Was halten Sie davon?«
Bevor Morris etwas sagen konnte, meldete sich der Flusspolizist zu Wort, der bis zu diesem Moment geschwiegen hatte. »Die Armen sind sehr abergläubisch, Inspector«, sagte er. »Es ist nicht das erste Mal, dass ich mitkriege, wie viel Kummer es auslöst, wenn der Leichnam einer Person ohne Angehörige zu einer Universität gebracht wird. Die Armen fürchten, dass der oder die Tote keine Wiederauferstehung erfährt, genau wie es das Mädchen eben gesagt hat. Sie glauben, der Leichnam sollte an einem Stück gelassen werden, verstehen Sie? Es ist zwecklos, mit ihnen zu diskutieren – es sitzt einfach fest in ihren Köpfen. Aber Sie haben wahrscheinlich recht, Sir – ich glaube nicht, dass die Universität die Leiche haben will.«
Morris, der in wortlosem Mitgefühl auf die Leiche gestarrt hatte, hob den Kopf und blickte mich an. »Glauben Sie, dass es das Werk des Phantoms ist, Sir?«
»Möglich wäre es.« Ich wandte mich an den Sergeant von der Flusspolizei. »Können wir die Schnur um ihren Hals durchschneiden?«
Der Beamte trat vor und zerschnitt die Schnur. Sie löste sich, und im Nacken kam ein doppelter Knoten zum Vorschein.
»Ich nehme sie an mich«, sagte ich zu dem Beamten. »Die Schnur ist von der gleichen Sorte, mit der Allegra Benedict im Green Park erdrosselt wurde.«
Morris strich sich mit dem Zeigefinger über den Schnurrbart. »Glauben Sie, er hat das Mädchen zuerst umgebracht?«, fragte er. »Vor Mrs. Benedict?«
»Ganz genau«, sagte ich. »Daisy Smith hat erzählt, dass Clarrie seit dem Tag vor dem Mord an Mrs. Benedict nicht mehr gesehen wurde. Wenn der gleiche Mann beide Frauen umgebracht hat, dann hat er Clarrie möglicherweise bereits irgendwann freitags getötet. Vielleicht jedoch auch erst am nächsten Tag, dem Samstag, an dem auch der Mord im Green Park verübt wurde. Unser Killer wurde blutrünstig, und nachdem er Clarrie ermordet hatte, nahm er sich gleich als Nächstes Allegra vor. So könnte man es jedenfalls darlegen«, schloss ich.
»Aber warum sollte er die arme kleine Straßendirne umbringen?«, fragte Morris mit einem Nicken zu der Leiche. »Insbesondere, wenn es das Phantom ist? Es hat sich bis jetzt stets damit zufriedengegeben, die Mädchen zu erschrecken, indem es ihnen die Hände um den Hals gelegt hat. Warum sollte es jetzt hingehen und morden? Weil dieses Mädchen ihn gesehen hat? Selbst da hatte er seine Verkleidung an. Außerdem würde ihre Aussage vor Gericht nicht besonders schwerwiegend gewesen sein.«
»Übung«, sagte ich gepresst. »Wie Mr. Dunn bereits sagte, das erste Mal zu töten ist schwierig, danach wird es immer leichter. Der Mörder hatte die Absicht, Allegra Benedict zu töten, doch er wollte sicher sein, dass die Methode, die er benutzte, erstens einfach war und zweitens sicher. Also probierte er sie an diesem armen Ding hier aus, und als das keine Probleme bereitete, warf er die Leiche ins Wasser und machte sich daran, Allegra zu töten. Es war nicht so, wie wir zuerst dachten, dass er zufällig im Nebel auf sie stieß und sie für eine Prostituierte hielt, oh, nein. Es war eine zielgerichtete Tat, und es gibt einen Grund dafür. Er ist ein kaltblütiges Monster, Morris, ohne jegliche Spur von normalem menschlichem Mitgefühl.«
»Oder ein Verrückter«, sagte der Beamte von der Flusspolizei düster.
»Nicht verrückt genug, als dass er
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