Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
getan, was er von ihnen verlangt hätte. Heute Nachmittag hat er von ihnen verlangt, dem harten Alkohol zu entsagen. Daran ist nichts Falsches, schätze ich, obwohl ich sein Getue am Rednerpult ziemlich ermüdend fand. Mein Vater hat seinen Patienten stets ein wenig Portwein empfohlen. Und einmal hat er mir gesagt, dass Whisky in heißem Wasser das beste Mittel gegen Erkältungen ist, besser als jedes medizinische Pulver. Fest steht, dass Fawcett weiß, wie man die Leute dazu bringt, ihre Taschen zu leeren. Ich nehme an, es geschieht für einen guten Zweck, einen sehr guten sogar. Nein, ich sorge mich, dass er jede Zuschauermenge dazu bringen könnte, ihm mehr oder weniger bei jedem Thema beizupflichten und alles zu tun, was er verlangt.«
»Dann hoffen wir, dass er nie in die Politik geht«, sagte Ben.
KAPITEL DREI
Inspector Benjamin Ross
Sergeant Morris lauerte mir bereits auf, als ich am Montagmorgen auf der Arbeit erschien. Seine mächtige Gestalt materialisierte wie aus dem Nichts, sobald ich den Fuß in die Tür gesetzt hatte, und ich konnte mir schon denken, was er mir sagen wollte. Und richtig, er nahm die Faust vor den Schnurrbart, räusperte sich höflich und rumpelte: »Superintendent Dunn wünscht Sie zu sehen, Sir. Jetzt sofort.«
»Was gibt’s denn?«, fragte ich, weil ich annahm, dass Morris wusste, worum es ging.
»Eine Leiche«, erwiderte der Sergeant traurig. »Eine vornehme Leiche, heißt das.«
»Wo wurde sie gefunden?« Ich war bereits auf dem Weg zu Dunns Büro, mit Morris dicht auf den Fersen.
»Im Green Park«, informierte er mich.
»Was denn, in dieser vornehmen Gegend!«, entfuhr es mir.
Mord ist eine sehr ernste Angelegenheit, und um Mord handelte es sich, wie ich vermutete. Der Green Park lag zwischen dem größeren Hyde Park und dem noch vornehmeren St. James Park. Wichtiger noch, im Osten befand sich der Buckingham Palace mitsamt seinen Gärten. Ich konnte verstehen, dass Dunn mich so dringend sprechen wollte. Es geschieht nicht jeden Tag, dass jemand in einem königlichen Park ermordet wird. Erst recht nicht quasi vor der Türschwelle der Residenz Ihrer Majestät, der Queen.
Superintendent Dunn marschierte auf und ab, rieb sich mit der Hand über den Kopf und hatte eine finstere Miene aufgesetzt. Er war ein stämmiger Mann und sah mehr nach einem Landedelmann aus, als nach einem hohen Polizeibeamten. Er erschien jeden Morgen mit perfekt gekämmter Frisur zum Dienst, doch es dauerte nie lange, bis die kurzen, drahtigen Haare zu Berge standen, was mich unausweichlich an einen größeren Terrier erinnerte. Bei meinem Eintreten hielt er inne und fixierte mich mit seinen leicht blutunterlaufenen Augen.
»Eine sehr seltsame Geschichte«, sagte er.
»Guten Morgen, Sir«, sagte ich.
»Von wegen gut!«, schnappte Dunn. »Im Green Park wurde eine vornehm gekleidete Frauensperson tot im Gebüsch liegend aufgefunden!«
»Wo ist die Leiche jetzt?«, fragte ich.
»Wie? Oh, drüben in St. Thomas«, antwortete er. »Carmichael erledigt alles Notwendige.«
Dr. Carmichael führte regelmäßig eventuell erforderliche Obduktionen für die Londoner Polizei durch. Ich respektierte ihn als Fachmann und war ausgesprochen froh, dass er die Untersuchung durchführte. Ich war außerdem erleichtert, dass man die Tote bereits in die Leichenhalle des St. Thomas Hospitals geschafft hatte. Während meiner Zeit am Scotland Yard hatte ich mehr als einmal einer Obduktion beiwohnen und Leichen an den unterschiedlichsten improvisierten Örtlichkeiten in Augenschein nehmen müssen – einmal sogar in einem Gartenhaus und ein anderes Mal im Hinterzimmer eines drittklassigen Hotels, wo ein überwältigender Gestank nach Zwiebeln aus der darunterliegenden Küche aufgestiegen war, für den ich damals sogar Dankbarkeit empfunden hatte. Er hatte den Geruch nach geronnenem Blut überdeckt.
Dunn setzte sich schwer hinter seinen Schreibtisch und bedeutete mir Platz zu nehmen.
»Der Leichnam wurde am frühen Sonntagmorgen von einem der Park Constables während der ersten Streife des Tages gefunden«, fuhr er fort. »Er bemerkte zerbrochene Äste und verstreute Blätter in einer Ansammlung von Buschwerk und ging hin, um die Sache aus der Nähe zu untersuchen. Er nahm an, dass irgendein obdachloser armer Teufel in das Gebüsch gekrochen war, um dort die Nacht zu verbringen. Er fand die Leiche. Sie war bereits steif.«
»Todesursache?«, fragte ich.
»Strangulation.«
Wenn die Leichenstarre bei der
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