Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)
Das Personal hat sie geliebt, die Köchin und ich und Milly …«
»Milly?«, fragte ich.
»Das Hausmädchen.«
»Ist das das gesamte Personal? Eine Köchin und zwei Mädchen?«
»O nein, Sir! Es gibt noch Mr. Benedicts Kammerdiener und die Zofe der Herrin, Henderson. Und den Gehilfen und den Knecht.«
»Was ist mit dem Personal für draußen? Der Garten scheint äußerst gepflegt zu sein.«
»Da sind der Gärtner und sein Gehilfe und der Stalljunge … O, Sir, Sie können fragen, wen Sie wollen – keiner kann glauben, was passiert ist!«
»Wer ist denn da, Parker?«, rief eine gestrenge Stimme aus der Eingangshalle. »Was machst du denn da? Herumstehen und schwatzen?«
Parker lief rot an. »Ich bitte um Verzeihung, Miss Marchwood, aber es ist ein Police Inspector aus London, vom Scotland Yard. Er möchte den gnädigen Herrn sprechen.«
»Mr. Benedict empfängt keine Besucher«, sagte die Frau in den Tiefen der schwach beleuchteten Eingangshalle hinter dem Mädchen.
»Das habe ich dem Gentleman auch gesagt …«, begann das Dienstmädchen.
Es war an der Zeit für mich, die Kontrolle über das Gespräch zu übernehmen.
»Ich bedaure, zu dieser für den gesamten Haushalt so schwierigen Zeit zu stören, Miss Marchwood, doch ich fürchte, ich muss darauf bestehen. Es handelt sich um eine Morduntersuchung.«
»Oh … oje … oje …«, heulte das Zimmermädchen auf, flüchtete ins Haus und ließ uns einfach stehen.
Ich stand Miss Marchwood von Angesicht zu Angesicht gegenüber und musterte sie mit einigem Interesse. Das also war die Gesellschafterin, die zusammen mit Allegra Benedict zu einem Einkaufsbummel nach London gefahren und ohne sie zurückgekehrt war.
Sie war eine Frau Anfang vierzig, nichtssagend bis zum Punkt ausgesprochener Hässlichkeit und trug ein schwarzes Seidenkleid und einen schwarzen Spitzenflor über dem braunen Haar als Zeichen ihrer Trauer, wie eine spanische Mantille. Sie trug keinen Schmuck außer einer Kette von schwarzen Trauerperlen, und der einzige Farbtupfer war ein goldgerandeter Kneifer auf der Nasenwurzel. Hinter den Gläsern dieses Kneifers starrten mich schmutzig braune Augen an. Wir studierten einander, bis Miss Marchwood das Wort ergriff.
»Dann kommen Sie besser herein«, sagte sie mit der gleichen abgehackten Stimme wie zuvor. »Mr. Benedict ist in seinem Arbeitszimmer. Ich werde ihn informieren, dass Sie hier sind. Ich sollte Sie jedoch warnen, dass er in einem schlimmen Zustand ist. Ich würde es sehr schätzen, wenn Sie Ihren Besuch kurz halten könnten. Oder vielleicht könnten Sie ja auch ein andermal wiederkommen?«
Falls Miss Marchwood glaubte, dass die Spesenbestimmungen von Scotland Yard einem einfachen Inspector wie mir gestatteten, wiederholt mit der Eisenbahn nach Egham und zurück zu reisen, um Mr. Benedict und seine Angestellten zu besuchen, dann irrte sie sich mächtig.
»Ich verstehe das und werde taktvoll sein«, antwortete ich (nicht, dass die Umstände mir viel Takt erlaubten), »doch es ist wichtig, dass wir unsere Ermittlungen so schnell wie möglich auf den Weg bringen. Ich würde mich auch gerne mit Ihnen unterhalten, Miss Marchwood. Sie waren die Gesellschafterin der Verstorbenen und am Samstag mit ihr zusammen unterwegs.«
Ihre Augenlider hinter den Brillengläsern blinzelten in rascher Folge, doch Miss Marchwood gehörte nicht zu der Sorte, die so leicht in Tränen ausbrach. Diese Art von unziemlichem Benehmen blieb Parker, dem Zimmermädchen, überlassen. Miss Marchwood hatte, wie alle Gesellschafterinnen, mehr als genug Gelegenheiten gehabt zu lernen, ihre Gefühle zu kontrollieren, wenigstens nach außen hin. Meine Frau Lizzie hingegen, vor unserer Ehe Gesellschafterin ihrer Tante Parry, wäre niemals zu einer Miss Marchwood geworden. Lizzie hat große Schwierigkeiten, ihre Gefühle und Meinungen für sich zu behalten.
Was Isabella Marchwood anging – mit dem Tod von Allegra Benedict hatte sie rein technisch betrachtet keine Arbeitsstelle mehr. Sie musste sich eine neue Anstellung suchen, und ich fragte mich, ob Benedict willens war, ihr das Verbleiben im Haus zu gestatten, bis sie eine Stelle gefunden hatte. Es musste sehr schmerzvoll für ihn sein, sie auch nur zu sehen. Wäre sie doch nur bei seiner Frau geblieben, hätte der Nebel die beiden Frauen nicht getrennt … Gab er Miss Marchwood vielleicht sogar die Schuld für das, was geschehen war?
»Das ist richtig«, antwortete die Gesellschafterin auf meine Frage
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