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Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)

Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition)

Titel: Ein Mord von bessrer Qualität: Ein Fall für Lizzie Martin und Benjamin Ross (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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Sie verliert demnächst ihre Anstellung, nicht wahr, Missus?«
    »Vielleicht findet ihre Freundin Mrs. Scott eine andere Anstellung für sie. Bestimmt hat sie einen gewissen Einfluss in ihren Kreisen«, entgegnete ich.
    »Ja. Bestimmt.« Bessies Stimmung hellte sich wieder auf.
    Der Saal hatte sich unterdessen gefüllt. Diesen Sonntag schienen noch mehr Besucher gekommen zu sein, als beim letzten Mal. Mr. Walters händigte die Gesangbücher aus, und das Ritual folgte dem Muster des vergangenen Sonntags. Wir durften erneut den Chor der Kinder hören, die ein Lied mehr oder weniger des gleichen Inhalts wie am Sonntag zuvor zum Besten gaben. Anschließend wurden wir von Mr. Walters gebeten, den Prediger zu begrüßen, und Mr. Fawcett trat auf die Bühne.
    Seine Ansprache folgte dem gleichen Schema. Er begrüßte uns einigermaßen freundlich, während sein Blick aus den faszinierenden aquamarinblauen Augen über die versammelte Zuhörerschaft glitt. Er verharrte kurz bei mir, und eine undefinierbare Gefühlsregung huschte über sein Gesicht, bevor sein Blick zur nächsten Reihe weiterglitt. Was war das gewesen? Überraschung? Amüsiertheit? Nein, dachte ich. Es ist Spott.
    Schlagartig war aller Argwohn wieder da, den ich gegen den Mann hegte. Er wusste, dass er mich nicht umgarnt hatte wie Mrs. Scott, Miss Marchwood und all die anderen Ladys hier im Saal – sowie die sehr vereinzelten Männer. Sie alle hatte er mit seinem Charme und seiner Redekunst eingefangen. Ich war nicht von ihm gefesselt, und doch konnte ich nichts gegen ihn unternehmen. Keine Kritik, die ich gegenüber irgendjemandem im Saal äußerte, würde irgendetwas bewirken. Seine loyalen Anhänger würden sich im Gegenteil voller Entsetzen erheben, und man würde mich in Schimpf und Schande davonjagen. Meine Vorbehalte gegen diesen Mann wurden noch größer.
    Er begann mit seiner Predigt über das vertraute Thema und illustrierte seine Botschaft mit mehreren dramatischen Geschichten von ruinierten Männern, Frauen, die ihre Ehre verloren hatten, und jeder Art von alltäglichem Desaster. Miss Marchwood schien sehr bewegt. Sie setzte ihren Kneifer ab, um sich mit einem Taschentuch die Augen zu betupfen. Mrs. Scott beugte sich zu ihr hinüber und murmelte ein paar Worte, die mir allerdings nicht als tröstend erschienen. Stattdessen schien sie die arme Frau dazu aufzufordern, sich zusammenzureißen und nicht die Contenance zu verlieren. Miss Marchwood nickte, steckte das Taschentuch weg und richtete den Blick konzentriert auf Mr. Fawcett, das Gesicht eine Maske versteinerten Unglücks.
    Als es Zeit wurde für den Tee, begab ich mich an den Tisch mit dem Samowar. Ich wollte mit Miss Marchwood sprechen, doch Fawcett war vom Podium gekommen und hatte sie in einer abgelegenen Ecke des Saals in eine angeregte Unterhaltung verwickelt. Auch hier hatte ich nicht das Gefühl, dass er tröstende Worte für sie fand. Auch er schien sie genau wie zuvor Mrs. Scott aufzufordern, sich zusammenzureißen und Haltung zu bewahren. Miss Marchwood lauschte seinen Darlegungen und nickte ergeben.
    »Oh, Mrs. Ross. Wir hätten nicht erwartet, Sie noch einmal bei uns zu sehen«, sagte eine kühle Stimme dicht neben mir.
    Ich blickte auf und sah Mrs. Scott. Sie hielt mir eine Tasse mit Tee hin.
    Ich nahm sie an. »Danke sehr. Aber warum denn nicht?«
    Die Direktheit meiner Frage schien sie zu verblüffen. Sie zögerte, bevor sie mit der gleichen kühlen Stimme antwortete. »Ich hatte beim letzten Mal den Eindruck, vergangene Woche, dass Sie unsere Versammlungen ganz und gar nicht gutheißen.«
    »Ich habe nicht gutgeheißen, dass Bessie Flugblätter verteilt«, konterte ich. »Das habe ich Mr. Fawcett auch zu verstehen gegeben.«
    »War das Ihr einziger Einwand?«
    In ihrem Blick war etwas, das zugleich distanziert und erbarmungslos wirkte. Ich fühlte mich an eine Katze erinnert, die mit einer Maus spielt. Nun, sie würde sehr bald merken, dass ich ihr nicht den Gefallen zu tun bereit war, die Rolle der Maus zu übernehmen.
    »Warum? Sollte es noch mehr geben?«, fragte ich in einem Tonfall, der genauso kühl war wie der ihre.
    Ihre Miene nahm einen Ausdruck offener Abneigung an. »Selbstverständlich nicht!«, sagte sie barsch und wandte sich zur Seite. »Mrs. Gribble! Wie weit ist das heiße Wasser in diesem Samowar?«
    Ich nutzte die Gelegenheit für einen kurzen Blick in die Ecke, wo Miss Marchwood und Mr. Fawcett sich unterhalten hatten. Zu meiner Überraschung

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