Ein Mund voll Glück
er Gott sei Dank nur zwanzig mitgebracht hat, schwimmt auf Öl. Wenn man mit dem Finger in den Sand bohrt, sprudelt eine Ölquelle empor!«
»Hm...«, machte der Doktor und leckte sich die Lippen. Er erinnerte sich, in der letzten Nacht von schwellenden Moospolstern geträumt zu haben, auf denen er sich wohlig wälzte, und Moos bedeutete nach Elfriedes Ägyptischem Traumbuch allemal Geld.
»Versteht der Emir deutsch, Herr Steinrück?«
»Kein Wort, und sein Englisch ist leider auch miserabel...«
»Dann geht es dem hohen Herrn genau wie mir! Wie soll ich mich mit ihm verständigen?«
»Der Emir hat einen Dolmetscher. Er heißt Hassan. Unter uns gesagt, ich halte ihn für einen Gauner und möchte Sie vor ihm warnen. — Und noch eins, Doktor, erschrecken Sie nicht, wenn Sie der Leibwache des Emirs begegnen, die Leute machen einen nicht sehr zivilisierten Eindruck. Übrigens ist auch der Emir zum erstenmal in Europa. Sein Reichtum ist ziemlich jungen Datums, hm, und das merkt man leider...«
»Da bin ich aber wirklich gespannt!«
Das letzte Wort wäre ihm fast in der Kehle steckengeblieben, und er riß die Augen auf, als könne das, was er erblickte, nicht wahr sein. In dem breiten Korridor sah er ein Dutzend Türen, vor deren jeder ein riesiger, finster blickender und bis an die Zähne bewaffneter Wächter stand. In den dunklen Gesichtern leuchteten schneeweiße Raubtierzähne, und die braunen Hände lagen griffbereit in einem Säbelkorb oder am Kolben einer Pistole.
Herr Steinrück schob den Doktor voran, bis sie zu einer Flügeltür gelangten, die gleich von zwei Wüstensöhnen bewacht wurde. Sie blitzten den Doktor drohend an und musterten mißtrauisch die Ledermappe, die er in der Hand trug.
»Öffnen Sie die Tasche und zeigen Sie den Burschen Ihre Instrumente«, bat Herr Steinrück; »erst vorgestern haben die Kerle einen Reporter, der zu Seiner Hoheit vorzudringen versuchte, die Treppe hinuntergeworfen. Der arme Mensch brach sich dabei zwei Rippen.« Er tippte dem Doktor auf die Brust und rief den Leibwächtern zu: »El hakim! El hakim!«
Und der Doktor erinnerte sich Kara ben Nemsis und Hadschi Halef Omars und stotterte: »Salam aleikum! Allah il Allah, Mohamed rassul Allah... «
Das brachte Leben in die Bude. Einer der Wächter verschwand hinter der Tür und riß sie Sekunden später weit auf, um den Doktor hereinzuwinken. Es war ein Prunksalon, in den er trat, aber er hatte keine Zeit, die kostbare Möblierung und die prachtvollen Teppiche zu bewundern. Was er zuerst wahrnahm, war ein kräftiger Rumgeruch, der ihm entgegenwehte. Dann erblickte er ein halbes Dutzend orientalisch gewandeter Gestalten, die im Halbkreis demütig, ehrfurchtsvoll und ängstlich um einen riesigen Sessel herumstanden, in dem ein ungeheuer dicker Mann mit Rum gurgelte und Rumfontänen auf den Teppich und auf die weißen Gewänder seines Hofstaates spie. Ein junger Mann in europäischer Kleidung löste sich von der Seite seines Gebieters und kam dem Doktor entgegen. Mit einem harten Deutsch, dessen Rachenlaute er aus der Schweiz bezogen zu haben schien, stellte er sich dem Doktor als Hassan der Dolmetscher vor; er sei Untertan des Emirs von Khoranshar, studierte auf Kosten seines Herrn seit einem Jahr an der Technischen Hochschule und sei zum Dienst befohlen worden.
»Der Emir ist in einer furchtbaren Stimmung, Herr Doktor«, berichtete er, und es war ihm anzusehen, daß er es ernst meinte, »wir alle zittern um unser Leben.«
»Machen Sie dem Emir klar, daß ich ihn untersuchen will«, sagte der Doktor und verbeugte sich etwas tiefer, als er sich sonst zu verbeugen pflegte, vor dem Emir, der den Oberkörper wie ein Tanzbär hin und her schwang. Der Dolmetscher schlängelte sich an seinen Herrn heran und erstattete flüsternd Bericht. Die Herren des Gefolges traten zur Seite und sahen den Doktor aus bleichen Gesichtern mit hoffnungsvollen Blicken an. Herr Steinrück, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte, trat vor, kreuzte die Arme über der Brust und verneigte sich tief. »Ich habe zur Behandlung Eurer Hoheit den berühmtesten Arzt herbeigerufen, den ich finden konnte.« Hassan, der Dolmetscher, übersetzte die Rede wortgetreu.
»Hoheit können sich Herrn Dr. Golling unbesorgt anvertrauen, er ist es gewohnt, hohe und höchste Herrschaften zu behandeln, und wird seine Ehre daran setzen, Eure Hoheit von den Schmerzen zu befreien.«
»Halten Sie um Himmels willen die Luft an!« zischte der Doktor Herrn Steinrück
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