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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Durst. Er hätte liebend gern unterwegs ein kleines Helles gezischt, aber er beherrschte sich, dem Grundsatz getreu, daß die Finger eines Zahnarztes frei von Nikotinflecken und sein Atem rein sein mußten, als lebe er von Milch und Honig. Kurz nach halb vier schnurrte er im Lift zu seiner Praxis empor und machte sich gerade daran, die Fälligkeitstermine der nächsten Wechsel in seinen Kalender einzutragen, als das Telefon läutete. Eine Absage von Fräulein Faber? Nein, er hörte eine Männerstimme.
    »Herr Dr. Golling am Apparat?«
    »Ja, Golling, mit wem spreche ich?«
    »Hier Steinrück, Direktion des Grand Hotel...«
    Dem Doktor lief es siedendheiß über den Rücken. Aus dem Nebel der Erinnerung an den verflossenen Abend tauchte eine Hotelbar auf, an der er mit Alois Seehuber zur Erfrischung der stumpf gewordenen Lebensgeister die allerletzte White Lady hinter die Binde gegossen hatte. Was mochte dort passiert sein? Hatte er sich übel aufgeführt? War er die Rechnung schuldig geblieben? Oder hatte er einen Hut mitgenommen, der ihm nicht gehörte? Der Mann am anderen Ende der Leitung schien erregt zu sein. Aber, zum Teufel, eine unbezahlte Bar-Rechnung oder ein vertauschter Hut konnten doch einen abgebrühten Hotelmanager nicht so nervös machen...
    »Ein Glück, daß ich Sie in der Praxis antreffe, Herr Doktor!« rief Herr Steinrück. »Sie sind der fünfte Arzt, den ich zu erreichen versuche!«
    »Es ist Samstag, verehrter Herr! Ich bin auch nur zufällig in der Praxis. Aber darf ich fragen, wo es brennt?«
    »Wir haben einen illustren Gast im Hotel...«
    »Was haben Sie?« fragte der Doktor verblüfft. »Bitte, sprechen Sie ein wenig langsamer, Sie scheinen erregt zu sein, ich habe Sie nicht recht verstanden...«
    »Sie haben sicherlich in den Zeitungen gelesen, daß der Emir von Khoranshar in unserem Hotel eine Etage genommen hat...«
    »Ein ganzes Stockwerk?« fragte der Doktor mit unverkennbarem Respekt. Er entsann sich tatsächlich eines Fotos in einer der letzten Ausgaben der >Abendpost<, auf dem sich ein dicker Mann in wallenden Gewändern inmitten einer Schar wildblickender, bis an die Zähne bewaffneter Wüstensöhne den Reportern stellte.
    »Ja, ich erinnere mich...«, sagte er, »aber warum erzählen Sie mir das?«
    »Kommen Sie sofort ins Hotel, Herr Doktor, ich flehe Sie an! Seine Hoheit, der Emir von Khoranshar, leidet an heftigen Zahnschmerzen und ist in denkbar ungnädiger Laune. Kommen Sie auf schnellstem Wege! Seine Hoheit hat einen Spiegel zerschmettert und dem Zimmerkellner eine Flasche Arrak ins Kreuz geworfen. Unser Personal getraut sich nicht mehr in seine Nähe.«
    »Ein Mann von Temperament«, grinste der Doktor, »lassen Sie alle Flaschen aus seiner Nähe räumen und montieren Sie auch die Spiegel ab.«
    »Mir ist durchaus nicht scherzhaft zumute!«
    »Mir auch nicht! Und wie stellen Sie sich überhaupt vor, wie ich Ihnen helfen soll? Zur Behandlung müßte der Scheich sich schon in meine Praxis bemühen, denn den Operationsstuhl kann ich nicht auf dem Buckel ins Hotel tragen. Er wiegt rund fünf Zentner!«
    »Wenn Sie sich Se. Hoheit den Emir wenigstens einmal anschauen und ihm ein Beruhigungsmittel geben würden.«
    Der Doktor überlegte eine Sekunde lang. »Gut, ich komme«, sagte er schließlich, »aber ich muß mir die Entscheidung vorbehalten, wo ich den hohen Herrn behandle.«
    »Bitte, Herr Doktor, eilen Sie!«
    »Ich fliege!« knurrte der Doktor und hängte ein. Zum Glück fand er seine Aktentasche in der Praxis, so daß er die wenigen Instrumente, die er benötigte, nicht in einer Pappschachtel zu verstauen brauchte. Daß er Fräulein Faber zu sich bestellt hatte, fiel ihm erst ein, als er ihr in der Haustür begegnete.
    »Lieber Himmel«, rief er, »jetzt habe ich Sie wahrhaftig vergessen! Ich habe einen dringenden ambulanten Fall. Irgendein hohes Tier. Emir von Khorassan oder so ähnlich. Es stand etwas über ihn in den Zeitungen. Haben Sie es gelesen?«
    »Nein, ich kann mich nicht daran erinnern. Aber schön, dann komme ich eben ein anderes Mal wieder.«
    Er zögerte, doch plötzlich schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf. »Hören Sie, Fräulein Faber«, sagte er etwas überstürzt, »es ist nicht ausgeschlossen, daß ich den Emir in der Praxis behandeln muß. Würden Sie mir dabei helfen? Vorausgesetzt natürlich, daß Sie Zeit haben...«
    »Zeit habe ich genug, ich weiß nur nicht, wie ich Ihnen helfen könnte...«
    »Ganz einfach. In dem Schrank neben dem

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