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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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und rieb sich die linke Gesichtshälfte, die deutlich erkennbar das Muster eines aus groben Wollfäden gewebten Kissenüberzuges trug.
    Werner Golling zog das Foto aus der Tasche und legte es auf den Tisch: »Heute abend halb acht Foyer Königshof, Kragen und Krawatte erwünscht, da du Fräulein Danner ins Deutsche Theater begleiten wirst. Zu Anatevka! Ist das nicht ein Witz?«
    Alois Seehuber hatte das Foto aufgenommen, betrachtete es lange und bekam immer rundere und größere Augen. »Freund«, sagte er schließlich etwas kurzatmig, »wenn das Mädchen in natura nur halb so gut aussieht wie auf dem Bild...«
    Werner Golling zündete sich eine Zigarette an: »Das Foto ist nicht einmal besonders gut. Zuviel Retouche...« Er nahm Alois Seehuber das Bild ab, der sich vom Anblick des Fotos nur ungern zu trennen schien. »Also merk es dir, halb acht Foyer Königshof. Laß dir vom Portier ein Taxi rufen...« Er steckte das Foto in die Tasche zurück und erhob sich.
    »Warum so eilig? Laß dir noch einen Kaffee einschenken und steck dir eine Zigarette ins Gesicht. Heute ist außer der Feuerwehr niemand beschäftigt.«
    »Es wird Zeit für mich, die Zentralbank anzuläuten.«
    »Ach ja, die blödsinnige Geschichte mit deinem Scheck. Den Anruf kannst du auch von hier aus erledigen...« Er schob Werner Golling das Telefon hinüber, schüttete einen gehäuften Löffel Pulverkaffee in seine Tasse und goß heißes Wasser darüber.
    »Danke, und nun gib mir noch das Telefonbuch.«
    Die Nummer, die der Doktor suchte, war rasch gefunden. Er wählte und ließ sich mit der Scheckabteilung der Bank verbinden: »Es handelt sich um eine Auskunft«, sagte er leichthin, als sich drüben ein Herr meldete, dessen Namen er nur halb verstand, »mein Name ist Golling, Dr. Werner Golling, ich bin Zahnarzt und habe den Emir von Khoranshar behandelt. Der Emir ließ mir einen Scheck über 6500 US-Dollar ausstellen. Wie ich heute vormittag erfuhr, ist dieser Scheck nicht eingelöst worden. Angeblich soll der Emir sein Konto aufgelöst haben...«
    »Ich würde ihn an deiner Stelle fragen«, warf Alois Seehuber dazwischen und schlürfte genüßlich seinen Kaffee, »ob sie solche Witze öfters machen.«
    Werner Golling winkte heftig ab und preßte den Hörer ans Ohr. »Was sagen Sie da?!« rief er sichtlich bestürzt.
    Dr. Seehuber, der zwar nicht mitbekam, was Werner Golling von dem Herrn der Zentralbank erfuhr, konnte der Stimme des Sprechenden dennoch anhören, daß dieser sich in einem Zustand hochgradiger Erregung zu befinden schien, und er sah ferner, daß sich Stirn und Nase von Werner Golling mit kleinen Schweißperlen bedeckten und daß sein Freund Golling den Eindruck eines Ballons machte, dem die Luft entwich. Es gab keinen Zweifel, mit dem Scheck des Emirs schien etwas schiefgegangen zu sein...
    »Nun rede schon! Was ist geschehen?« fragte er, als Werner Golling den Hörer mit einer kraftlosen, entmutigten Bewegung auf den Apparat gelegt hatte. »Du wirst mir doch nicht etwa erzählen, daß dein Emir ein Gauner war, der dich und das Hotel hereingelegt hat?!«
    »Hast du einen Schnaps da?« Die Frage kam, als stände Werner Golling kurz vor einer Herzattacke.
    Dr. Seehuber stürzte zu dem Wandschrank aus dunkler Eiche hinüber. Er riß die Tür auf. Hinter der Tür kam eine kleine Hausbar zum Vorschein. In der Hausbar stand einsam und noch einsamer, weil sie durch einen trüben Spiegel im Hintergrund verdoppelt wurde, eine Flasche Enzian. Er goß ein Stamperl randvoll und schenkte nach, als Werner Golling den Schnaps heruntergekippt hatte.
    »Wird dir langsam besser?«
    Werner Golling nickte stumm, es sah aus, als bedürfe es einer gewaltigen Kraftanstrengung, die Halsmuskeln zu bewegen. »Also, mit ein paar Worten«, sagte er schließlich und ließ die Arme wie ein lahm geschossener Vogel hängen, »heute vormittag um elf erschien der Emir von Khoranshar nach vorheriger telefonischer Vereinbarung, die er vom Hotel aus traf, in Begleitung seines Finanzwesirs, eines Dolmetschers und von vier Mann seiner Leibwache in der Zentralbank und ließ sich sein Depot aushändigen...«
    »Schön, schön, und weiter?« rief Dr. Seehuber ungeduldig, als wollte er sagen: Was hat das mit deinem Scheck zu tun? Wenn der Emir sein Geld abgehoben hat, dann laß dir deine Rechnung eben in bar auszahlen!
    »Leider war es nicht der Emir, der mit Wesiren und Trabanten in der Zentralbank erschien, denn der Emir von Khoranshar verzehrte um diese Zeit im

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