Ein Mund voll Glück
Geld?«
»Sogar eine Menge!«
»Na hören Sie! Jetzt möchte ich aber wirklich wissen, was Sie gegen den jungen Mann einzuwenden haben?«
»Marion ist erst neunzehn Jahre alt!«
»Meine Mutter war noch keine neunzehn, als ich auf die Welt kam...«
»Ach was! Aber dieser Bursche verdreht Marion nur den Kopf, und ich möchte sehr bezweifeln, daß er ernsthafte Absichten hat.«
»Das herauszubekommen dürfte nicht schwierig sein. Wir laden Herrn Unterpointner gelegentlich ein und beriechen ihn gründlich!«
»Sie kennen seinen Namen?«
»Bislang nur seinen Namen...«
»Dann wissen Sie wahrscheinlich auch, wie ich mit ihm aneinandergeraten bin?«
»Ein blödes Mißverständnis«, gab der Doktor zu, »aber bei Ihrem Sinn für Humor...!«
»Humor! Wie dieser Mensch sich mir gegenüber betragen hat, da hört der Spaß für mich auf!«
Die Bedienung kam, um zu fragen, ob die Herrschaften noch Wünsche hätten. Der Doktor sah Fräulein Faber fragend an, doch sie hob abwehrend die Hand: »Vielen Dank, aber ich möchte jetzt heimgehen.«
»Und ich muß leider darauf verzichten, mir noch etwas Nasses zu genehmigen. Ich bin nämlich mit dem Wagen gekommen, und nicht einmal mit dem eigenen.« Er beglich die Rechnung und folgte Fräulein Faber auf die Straße. Es war eine warme, fast tropische Sommernacht.
»Müssen Sie wirklich schon heim, Fräulein Faber?«
»Bei mir beginnt der Tag um sechs Uhr morgens. Um halb sieben muß ich Marion aus dem Bett werfen, und jedesmal erlebe ich das gleiche Theater, sie ist einfach nicht wach zu kriegen. Und dann muß ich mich um meine Mieter kümmern...«
»Geben Sie ihnen etwa das Frühstück?«
»Kein komplettes Frühstück, ich hole die Brötchen und versorge sie mit heißem Wasser für Tee oder Kaffee...«
»Hm...«
»Paßt Ihnen daran etwas nicht?« fragte Fräulein Faber mit leiser, aber unverkennbarer Schärfe.
»Was soll mir daran nicht passen? Ich frage mich nur, wie lange Sie das noch machen wollen. Gut, Sie schlagen sich damit durch, aber eine Lebensaufgabe ist das für ein Mädchen mit Ihrer Begabung doch wohl nicht.«
»Hören Sie bloß mit meiner Begabung auf! Die ist höchst mittelmäßig. Und was heißt schon Lebensaufgabe? Ich habe eine Schulfreundin, die auf dem Postscheckamt Konten prüft, und eine andere, die in einem Möbelversandhaus Mahnbriefe schreibt. Nennen Sie das Lebensaufgaben?«
»Wenn Sie es so nehmen, dann ist jeder Beruf nicht mehr als die Tretmühle, um das Mehl für die täglichen Brötchen zu mahlen. Aber statt tiefsinnige Gedanken über den Zweck des Lebens auszuspinnen, sollten wir uns noch ein Schöppchen genehmigen! Ach was, zum würdigen Abschluß dieses Tages gehört eine Flasche Sekt!«
»Sekt! Ihnen scheint das Geld in der Tasche zu brennen...«
Er grinste sie an und klopfte gegen die Jackentasche, in der die Scheine lieblich knisterten: »Ein wenig schon«, gab er ehrlich zu, »denn daß der Emir die Hand noch einmal aufmachen würde, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.«
»Und daß Sie morgen früh beim Emir antreten müssen, haben Sie hoffentlich nicht vergessen!«
»Ich werde ihm eine Kollektion der schönsten Zähnchen vorlegen, die ich vorrätig habe. Mehr kann ich im Augenblick für den hohen Herrn nicht tun.«
»Sie sollten aber ein Dutzend Instrumente und ein halbes Dutzend Zahnspiegel mitnehmen, und Sie sollten dem Emir den Mund mit Tamponen ausstopfen, und Sie sollten mindestens eine halbe Stunde lang Zahn für Zahn gründlich bespiegeln und beklopfen, damit der Mann auch merkt, daß für sein Geld etwas geschieht!«
Der Doktor griff spontan nach Fräulein Fabers linker Hand und zog sie durch seinen angewinkelten Arm. Und sie zog die Hand nicht zurück, sondern ließ sie in der Beuge seines Ellenbogens liegen. Sie gingen dahin wie ein Liebespaar.
»Ach, Fräulein Irene«, sagte der Doktor und preßte ihren Arm zärtlich gegen seinen Körper, »Sie sind wirklich das netteste und gescheiteste Mädchen, dem ich je begegnet bin. Ich glaube, wir beide gäben ein prachtvolles Gespann ab.«
»Ich habe mir Ihr Angebot inzwischen überlegt. Wenn Sie die Verantwortung für alle Dummheiten übernehmen, die ich in der ersten Zeit anstellen werde, dann bin ich bereit, Ihnen halbtags in der Praxis zu helfen.«
»Halbtags...«, murmelte der Doktor, »ach, noch lieber wäre es mir, wenn Sie sich für den ganzen Tag frei machen könnten...«
»Sie wissen doch, daß das nicht möglich ist. Es muß schon bei der
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