Ein Mund voll Glück
Einwirkung oder Erhitzung auseinandergeronnen sei.
»Die Harpfinger Verlobung war nichts als eine Komödie, die Hannelore erfunden und in Szene gesetzt hat. Und ich ließ mich von ihr beschwatzen, das Spiel mitzumachen. Sie liebt nämlich seit Jahren einen anderen, der deinem Freund Danner als Schwiegersohn nicht genehm ist. Mit mir verlobte sie sich, um Väterchen Danner auf eine hohe Mitgift zu schrauben. Jetzt, nachdem die Geschichte aufgeflogen ist, wird der Schwanenbräu froh sein, seine Tochter unter die Haube zu bringen, ohne etwas von der Mitgift abzuzwacken, die er für die Verbindung mit mir auswerfen wollte. Jedenfalls ist das die Meinung von Hannelore Danner.«
Herr Berwanger bekam endlich Luft, nachdem es eine ganze Weile lang so ausgesehen hatte, als würde sie ihm für immer wegbleiben: »Und daß dieser Spaß mich pro Jahr zwanzig bis dreißig Mille kosten wird, das hast du dir wohl nicht überlegt, wie?!«
»Wie kommst du denn darauf, Onkel Paul!« fragte Werner Golling bestürzt.
»Ja bildest du dir denn ein, daß der Danner mir in Zukunft meine Braugerste abnehmen wird?«
»Er wird«, sagte Werner zuversichtlich, »denn Hannelore nimmt die Schuld an der geplatzten Verlobung allein auf sich.
Dein Freund Danner wird alle Ursache haben, sich bei dir für die Streiche seiner ungeratenen Tochter zu entschuldigen.«
»Dein Wort in Gottes Ohr!« sagte Onkel Paul verkniffen. Er schien nicht so sicher zu sein, daß seine Beziehungen zum Schwanenbräu ohne Trübung bleiben würden. »Wer ist der Kerl, den Hannelore sich in den Kopf gesetzt hat?«
»Ich kenne ihn nicht. Soviel ich weiß, ist er ein Zugereister...«
»Auch das noch!« knurrte Onkel Paul. »Warum hat der Danner auch nur Töchter in die Welt gesetzt... Das hat er nun davon. — Und wer ist dein Mädchen? Und seit wann kennt ihr euch, und wann habt ihr euch verlobt?«
»Sie heißt Irene Faber. Und wir kennen uns seit Ewigkeiten. Verlobt sind wir noch nicht ganz so lange. Sie ist Münchnerin und wohnt mit ihrer Schwester in der Wartbergstraße. Der Vater war ein bekannter Graphiker. Beide Eltern sind vor vier Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. So, Onkel Paul, jetzt weißt du, was du Tante Hedi zu erzählen hast, damit sie weiß, wen ich euch beiden demnächst ins Haus bringe.«
»Wie komme ich dazu? Diese Überraschungen wirst du deiner Tante schon selber beibringen müssen!«
»Schön, dann hänge ich mich eben ans Telefon. Dann kann man die Prozedur so schön verkürzen...«
»Feigling! Aug’ in Aug’ getraust du dich wohl nicht?«
»Genausowenig wie du, Onkel Paul«, grinste Werner Golling. Er verzehrte in Eile ein Butterbrot, trank einen Schluck Kaffee und stand auf.
»Was treibt dich eigentlich so früh aus dem Hause?«
»Ich bin als Musterreisender unterwegs. Der Emir will sich aus meiner Kollektion seine neuen Zähne aussuchen. Ich bin für acht Uhr ins Hotel bestellt.«
»Dann laß dich nicht aufhalten. Ich drücke dir beide Daumen«, und er hob die Fäuste und schüttelte sie hinter Werner Golling her. Der Doktor hatte sich mit Irene für halb acht vor der Praxis verabredet und war mit seinem VW pünktlich zur Stelle. Er fand zu dieser frühen Stunde sogar einen Parkplatz vor dem Hause und stellte den Käfer dicht hinter Alois Seehubers rotem Audi ab. Zweifellos hatte Seehuber seinen Wagen gestern stehenlassen, denn er war durch eine bittere Flensburger Erfahrung klug geworden und benutzte den Wagen nie, wenn ein Abend feucht zu werden versprach. Daß er Hannelore nach der Vorstellung trocken in ihr Hotel gebracht hatte, war kaum anzunehmen.
Auch Irene war zur verabredeten Zeit eingetroffen und hatte einige Minuten in der Grünanlage gewartet, wo die Linden noch immer so lagen, wie der Sturm sie gestern niedergerissen hatte. Sie winkte Werner Golling zu und lief ihm über die Straße entgegen. Der Kuß, mit dem sie ihn begrüßte, fiel flüchtig aus und war wohl auch nur als Vertröstung für bessere Gelegenheiten gedacht.
»Das ist also Fridolin«, sagte er und legte die Hand auf die Vorderhaube des Käfers. Der blaugraue Lack war völlig stumpf, ihm verhalfen auch die teuersten Poliermittel nicht mehr zu Glanz und Ansehen, und überall, hauptsächlich aber auf dem Dach, trat das Blech in seinem Naturzustand zutage. »Eine Schönheit ist er wahrhaftig nicht, aber er läuft, und er hat noch einen Vorteil — Autodiebe sind auf dieses Modell nicht scharf.«
»Du brauchst dich für Fridolin nicht zu
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