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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Halbtagsstellung bleiben.«
    »Sie reden von Arbeit...«
    »Ja, natürlich — wovon reden Sie denn?«
    Der Doktor suchte ihre Hand und begann, seine Finger mit ihren Fingern zu verstricken: »Ich rede von Liebe, Irenchen! Seit Stunden und Tagen rede ich von nichts als von Liebe! Aber ich scheine mich ziemlich blöd anzustellen, daß du davon nichts gemerkt hast...«
    Sie sagte nichts, aber sie überließ ihm ihre Hand, und er spürte, daß sie den Druck seiner Finger erwiderte.
    »Ich liebe dich, Irene«, sagte er zärtlich. »Ich habe mich in dich verliebt, als du zum erstenmal zu mir in die Praxis kamst. Natürlich wußte ich es nicht so deutlich wie heute. Sieh einmal, deinen Zahn hätte ich in zehn Minuten fertigmachen können. Aber ich wollte dich wiedersehen. Und wenn die Geschichte mit dem Emir nicht dazwischengekommen wäre und uns gleich am zweiten Tag einander näher gebracht hätte, dann hätte ich die Behandlung ein halbes Jahr lang fortgesetzt...«
    »Mein Gott...!«
    »Ich bin dir doch nicht unsympathisch...?«
    »Nein — nein — nein!«
    »Dann sag mir endlich, ob du meine Frau werden willst!«
    Die Straße war um diese nächtliche Stunde nicht gerade belebt, sie war aber auch nicht menschenleer, doch unbekümmert ob der späten Passanten löste Fräulein Faber ihre Finger aus der Verstrickung, hob sich auf die Zehenspitzen empor, schlang die Arme um den Hals des Doktors und fand seinen Mund zu einem endlosen Kuß: »Und ich glaube, daß ich mir einen Zahn ausgebrochen hätte«, sagte sie schließlich ein wenig atemlos, »wenn du mit der Behandlung allzu rasch fertig geworden wärest. Dabei war es doch eine Verrücktheit, mich in dich zu verlieben...«
    »Eine Verrücktheit...?«
    »Na höre einmal! Ich konnte doch den Ring an deinem Finger und das Foto auf deinem Schreibtisch nicht übersehen!«
    Drüben auf der anderen Straßenseite stand Onkel Pauls komfortabler Wagen unter der Bogenlampe, die nur noch mit halber Kraft leuchtete. Das Innere der Limousine lag in tiefem Schatten. Der Doktor legte den Arm um Irenes Schultern und zog sie mit sanfter Gewalt über die Straße zum Wagen hin.
    »Steig ein, Irene, und schenk mir noch eine kleine Stunde. Ich habe dir doch noch einiges zu erklären...«
    »Dann hat dieses Mädchen in deinem Leben also doch eine Rolle gespielt?« sagte sie ein wenig verstört.
    »Eine große Rolle sogar — aber nicht so, wie du meinst! Im Gegenteil, sie hat mich erkennen lassen, zu wem ich gehöre. Und es hat, damit das ganz klar ist, zwischen ihr und mir nichts gegeben!« Er öffnete die hintere Wagentür, stieg ein und wartete geduldig, bis sie auf den bequemen Polstern neben ihm saß. »Ich will dir erzählen, was es mit dem Ring und mit dem Foto für eine Bewandtnis hatte...«
    Er sah sie von der Seite an, aber sie blickte geradeaus.
    »Keinen Kuß...?«
    »Zuerst die Geschichte...«
    »Sie ist aber ziemlich lang und umständlich...«
    »Dann beginne mit dem Anfang!«

12

    Obwohl er in seiner Firma nicht vor zehn Uhr zu erscheinen pflegte, war Paul Berwanger seiner alten Gewohnheit treu geblieben, im Sommer um 6 und im Winter um 7 aufzustehen.
    Werner Golling gehörte nicht zu den Frühaufstehern, dazu schmökerte er zu lange in die Nacht hinein. So kam es, daß Onkel und Neffe sich am Frühstückstisch nur sehr selten begegneten und daß Onkel Paul überrascht aufblickte, als Werner Golling schon so früh erschien.
    »He, was ist mit dir los? Hat dich der geplatzte Scheck nicht schlafen lassen?«
    »Du kannst dir den Gang zum Justizrat sparen, Onkel Paul. Der Emir hat gezahlt! Nicht die ganze Summe, aber eine recht beachtliche Anzahlung. Dollar, Pfunde, Schweizer Franken, was sein Finanzwesir gerade zuammenkratzen konnte, nach deutscher Währung rund acht Mille.«
    »Meinen Glückwünsch, mein Junge! Wie hast du es denn geschafft, dem Emir das Geld nun doch locker zu machen?«
    »Ich hätte es nie geschafft, dieses Wunder hat einzig und allein meine Verlobte fertiggebracht.«
    »Hannelore!« staunte Onkel Paul. »Da schau her! So viel Geschäftstüchtigkeit hätte ich deinem Mädel gar nicht zugetraut. Respekt!«
    »Nicht Hannelore, Onkel Paul! Mein Mädel heißt Irene Faber. Und das ist der zweite Grund, weshalb ich dich in aller Herrgottsfrüh und allein erwischen mußte — damit du es Tante Hedi schonend beibringen kannst.«
    Ein in diesem Moment geschossenes Foto von Herrn Berwanger hätte den Betrachter vermuten lassen, daß die Schicht des Films durch chemische

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