Ein Mund voll Glück
entschuldigen«, sagte sie und tätschelte dem alten Käfer die Flanke, »von lackiertem Blech habe ich mir noch nie imponieren lassen.«
Er griff zärtlich nach ihrem Arm. »Das ist eine von den hundert Eigenschaften, die mir an dir so sehr gefallen, mein Herz. Ich will den alten Fridolin auch nicht schlechter machen, als er ist, aber eins steht fest, zur Förderung meines Kredits trägt er nicht gerade bei. Und deshalb werden wir uns für die Fahrt zum Hotel ein Taxi bestellen.«
»Hast du es vergessen, oder habe ich es dir nicht gesagt? Der Emir schickt dir um acht Uhr einen Wagen.«
»Eine noble Geste!« sagte der Doktor geschmeichelt und öffnete die Haustür. »Ich fange an, mich wie Sauerbruch zu fühlen, wenn ihm der König von England seinen Rolls Royce schickte. Noblesse oblige — ich werde die noble Geste mit einer ebenso noblen Geste erwidern.«
»Und wie willst du das tun?« fragte sie und musterte ihn mit einem eigentümlichen schrägen Blick.
»Ich werde ihm keine Rechnung stellen, sondern mein Honorar seiner Generosität überlassen.«
»Das könnte aber ins Auge gehen...«
»Meinst du?« fragte er unsicher.
»Ich kenne Khoranshar und die orientalischen Bräuche nicht. Was dann, wenn der Emir seine neuen Beißerchen für ein nobles Gastgeschenk von dir hält und dich dafür mit einem Ehrendolch oder mit einem Titel belohnt? Scheich Golling — es klänge gar nicht so schlecht, aber wo kannst du davon schon, außer in Khoranshar, Gebrauch machen?«
Aus seinen Sauerbruch-Gefühlen jäh herausgerissen, stutzte er einen Augenblick, dann grinste er und brach schließlich in ein Gelächter aus: »Halt mich nur auf dem Teppich, Liebling«, sagte er und konnte Irene im Lift endlich richtig in die Arme nehmen. »Scheich Golling — was du für Einfälle hast! Nein, nein, ich werde doch lieber bei einer saftigen Rechnung bleiben.«
Der Lift hielt viel zu früh, und auch in der Praxis blieb ihnen nicht viel Zeit für Zärtlichkeiten, denn der Zeiger der Uhr rückte unerbittlich vor. Er holte die schwarze Diplomatentasche aus dem Schrank und begann, sie mit einem reichhaltigen Sortiment von Instrumenten zu füllen. Er legte auch einige Fläschchen mit Tinkturen und ein halbes Dutzend Tuben mit Salben dazu und vergaß vor allem die flachen Kassetten nicht, in denen sich die Zahnmuster befanden. Und er nahm ein halbes Dutzend Basisplatten mit, um die Geduld des Emirs auf keine allzu harte Probe zu stellen, wenn er demnächst den eigentlichen Abdruck vorbereiten mußte. Irene hatte das Fenster geöffnet und beobachtete die Straße. Kurz vor acht fuhr ein Taxi vor, und der Fahrer stieg aus und meldete seine Ankunft durch drei kräftige Klingelzeichen an.
»Dr. Kolle?« fragte er, als er den Schlag für seine Fahrgäste öffnete. Er musterte den Doktor und seine hübsche Begleiterin interessiert und machte ein Gesicht, als lägen ihm viele Fragen auf der Zunge. »Ich soll Sie ins Grand-Hotel fahren... «
»Golling!« sagte der Doktor laut und deutlich und buchstabierte seinen Namen, um jedes Mißverständnis und jede Verwechslung auszuschließen: » Ge-o-el-el-i-en-ge! «
»Das ist was anderes...«, murmelte der Chauffeur sichtlich enttäuscht, knallte die Tür zu und schwang sich hinters Steuer. Irene kicherte in sich hinein, dann begannen ihre Schultern zu beben, und schließlich stopfte sie sich ihr Taschentuch wie einen Knebel zwischen die Zähne, um vor Lachen nicht zu platzen. Der Doktor fand die Geschichte zuerst gar nicht so furchtbar komisch, aber dann steckte ihn Irenes Heiterkeit an, und als sie sein empörtes >Ge-o-el-el-i-en-ge<, von neuen Lachstürmen geschüttelt, mit beachtlichem schauspielerischem Talent in Haltung und Stimme verblüffend ähnlich kopierte, da war es auch um ihn geschehen. Der Taxichauffeur beobachtete sie durch den Rückspiegel ein wenig ängstlich, er schien zu fürchten, zwei Verrückte aufgeladen zu haben. Sie beruhigten sich erst, als sie das Hotel betraten, wo Herr Steinrück sie in der Halle erwartete. Er küßte Irene galant die Hand und hob, als er sich dem Doktor zuwandte, die Arme, als beabsichtige er, ihn auf russische Art mit zwei feuchten Wangenküssen zu begrüßen.
»Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Fräulein Faber, Doktor«, rief er bewegt. »Was diese junge Dame geleistet hat, ist einfach fabelhaft! Die Direktion des Hotels hatte den Verlust bereits abgeschrieben. Und nun? Der Emir hat eine Zwischenrechnung verlangt und die Summe vor zehn Minuten
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