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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Verbindung zum Haus«, meinte Dalziel nicht ganz zu Unrecht. »Können wir da nicht rein, ohne rauszugehen?«
    »Wenn’s Ihnen dann bessergeht«, erwiderte der Alte ärgerlich und schloss die Tür.
    Diesmal führte ihre Route sie durch eine neue Welt in Form eines großen Raumes (oder vielleicht zwei, drei zusammengelegter Räume), dessen Steinmauern verputzt und leuchtend blau gestrichen waren. Auf einer Seite standen zwei große Gefriertruhen und auf der anderen, silbern und weiß glänzend, eine Reihe von Mikrowellengeräten. Es war, als wären sie von einem Buswartehäuschen in ein Raumschiff gestiegen.
    »Was ist das alles?«, fragte Dalziel perplex.
    »Wir trinken viel Suppe«, antwortete Fielding, blieb aber nicht stehen, um weitere Erklärungen abzugeben, sondern preschte mit ungeminderter Geschwindigkeit voran.
    Dalziel folgte ihm durch einen anderen kurzen Flur und dann in das Gebäude, welches das Ziel seines Gewaltmarsches war.
    Hier blieb der Alte stehen und wartete, dass seine Augen sich an das dämmerige Licht gewöhnten, das durch die schmalen Bogenfenster fiel. Waren die Mikrowellengeräte ein deutlicher Schritt vorwärts, aus dem neunzehnten Jahrhundert heraus, gewesen, so war das, was sich hier präsentierte, ebenso offenkundig ein Schritt zurück.
    Dalziel nahm an, dass das Gebäude einmal ein Pferdestall gewesen war, mit einem Obergeschoss, das vielleicht als Heuboden gedient hatte. Dieses Geschoss war bis auf ein kleines Stück am anderen Ende, das man zu einer Art Musikantenempore umgebaut hatte, entfernt worden. Den Balken, die das Bogendach trugen, mangelte es ganz eindeutig an Altertümlichkeit, und sie wurden ergänzt durch ein Fischgrätenmuster von vom Alter geschwärzten Balken, die sich von den weiß getünchten Zwischenräumen scharf abhoben. Dalziel klopfte gegen einen dieser Balken, der in Erwartung seines Einsatzes an der Wand lehnte. Er klang hohl und fühlte sich glatt und kalt an. Dalziel war keineswegs abgestoßen. Er hatte nichts gegen Plastik. Er aß von buntem Resopal genauso gern wie von poliertem Mahagoni. Er fand es auch nicht geschmacklos, dass die Scheiben aus bemaltem »Glas«, die in die Fensterrahmen eingesetzt wurden, ebenfalls aus Plastik waren. Er reagierte einfach nur mit Verwunderung.
    Wozu bauten die Fieldings einen alten Pferdestall zu etwas um, das aussah wie die Kulisse zu einer Neuverfilmung von
Robin Hood?
    Der alte Fielding, der in die verschiedensten Nischen und hinter sämtliche Türen geschaut hatte, brach seine Suche nach Papworth ab und kam zurück, um sich an Dalziels Verwirrung zu weiden.
    »Was halten Sie davon?«, fragte er mit einer Geste, die in ihrem Überschwang mehr zu seiner Umgebung als zu seinem Charakter passte. »Ist das nicht ein würdiges Denkmal unserer Zeit? Was hätte Pope wohl dazu gesagt?«
    »Denkmal?«, wiederholte Dalziel, der einen Augenblick überlegte, ob der Alte das wörtlich meinte und dieses Bauwerk tatsächlich so etwas wie ein Mausoleum werden sollte, eine Art Taj Mahal der Bourgeoisie.
    Doch wozu die Mikrowelle?
    Die Erklärung lag auf der Hand.
    »Es ist ein Café«, sagte Dalziel.
    Diese Antwort löste bei Fielding einen Lachkrampf aus, der in einen Hustenanfall mündete, von dem er sich wahrscheinlich nicht mehr erholen würde. Einen Moment sah Dalziel sich das ungerührt an, dann verabreichte er dem alten Mann einen Schlag zwischen die Schulterblätter, dass der Staub aus seinem Sakko hochwirbelte und er selbst gegen ein Stück Steinmauerimitation taumelte, das sichtbar nachgab.
    »Danke«, sagte Fielding. »Auch wenn die Therapie gefährlicher war als die Krankheit. Nun denn. Ein Café. Ja, das ist genau das richtige Wort. Natürlich nicht das Wort, das man benutzen wird, sollte dieses traurige Unternehmen jemals verwirklicht werden. Nein. Dann wird dieser Ort als
Bankettsaal
tituliert werden. Meine Schwiegertochter ist, glaube ich, zu vorsichtig und wird die Strafe nicht riskieren, die die Kennzeichnungsverordnung vorsieht, wenn sie ihn als
mittelalterlichen Bankettsaal
bezeichnet. Aber irgendwo im Prospekt wird das Wort ›mittelalterlich‹ ganz bestimmt auftauchen.«
    »Man wird hier also essen«, konstatierte Dalziel.
    Der Gedanke gefiel ihm nicht schlecht. Essen war eine der Vier Tödlichen Begierden. Obwohl er die Notwendigkeit für den ganzen Firlefanz rundherum eigentlich nicht sah. Ein Essen war ein Essen.
    »So ist es. Ein Dolch und ein Holzteller. Auf ein verabredetes Signal hin werden Hühnerknochen

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