Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
Vom Netzwerk:
was macht das Alter aus Ihnen?«
    »Es macht mich verrückt nach Geld, glaube ich«, sagte sie langsam. »Weil, na, zum Schluss ist das vielleicht die einzige Chance, noch so zu tun, als wäre man jung.«
    »Damit habe ich schon längst aufgehört«, sagte Dalziel und grinste.
    »Das glauben alle. Aber Sie werden schon sehen. Sie sind nicht reich, Mr. Dalziel, oder?«
    »Spielt das eine Rolle?«
    »Könnte sein. Wenn Sie Geld haben und noch länger in diesem Haus verweilen, wird man Ihnen ein Geschäft vorschlagen. Sie werden’s zwar vielleicht nicht merken, aber das Angebot wird kommen. Jetzt sehen Sie zu, dass Sie trocken werden.«
     
    Unter einem halben Dutzend Decken lag Dalziel nackt im Bett des Toten. Nachdem er die nassen Sachen ausgezogen und sich trockengerubbelt hatte, bis seine schwabbelige, fettgewellte Haut glühte, erschien ihm ein Nickerchen im Warmen plötzlich am verlockendsten.
    Er hatte eine Weile über die Ereignisse des Tages nachgedacht und war zu der Erkenntnis gekommen, dass es in diesem Haushalt zwar vieles gab, was ihn neugierig machte, dass diese Neugier jedoch bisher eher persönlicher Natur war als beruflicher.
    Sicher waren eine Untersuchung der Ursache für Fieldings Tod und die üblichen Ermittlungen durchgeführt worden. Es würde ihm keine große Mühe bereiten, einen inoffiziellen Blick auf die Ergebnisse zu werfen. Doch er hatte nicht die Absicht, das zu tun. Nicht die geringste. Das Ganze war ein interessantes Intermezzo, zwar ein bisschen feuchter, aber bestimmt auch ein bisschen rasanter, als mit einem Reiseführer durch eine modrige Kathedrale zu schlurfen oder in einem Hotel mit einem Barmann vom anderen Ufer Konversation zu machen. Aber morgen würde er aufbrechen. Wenn die sein Auto nicht reparieren konnten, scheiß drauf, würde er eben eines mieten und sein eigenes später abholen.
    Entspannt durch diesen Entschluss, schlief er ein.
    Als er erwachte, war es Viertel vor sechs, und ihm knurrte der Magen. Er rieb sich die Augen, gähnte, kratzte sich genüsslich die Lenden.
    Auf dem Weg ins Bad fragte er sich, was es hier wohl zu futtern gab. Der alte Fielding hatte da so eine boshafte Bemerkung über Mrs. Greave, die Köchin, gemacht. Ihre Küche musste allerdings schon wirklich hundsmiserabel sein, wenn sie Dalziels heutigem Appetit etwas anhaben wollte. Er stieß die Badezimmertür auf.
    Dahinter war alles voller Dampf. Er blieb in der Tür stehen. Jemand bewegte sich zwischen den Nebelgeistern, und es fiel ihm nicht schwer, diesen Jemand als Mrs. Fielding zu identifizieren, wenn ihr Kopf auch zur Hälfte von einem Handtuch und der Rest ihres Körpers von nichts anderem bedeckt war als einer gesunden Röte nach einem heißen Bad.
    »’tschuldigung«, sagte er, machte einen Schritt zurück und schloss die Tür. Sein geistiges Auge jedoch konnte er nicht verschließen vor dem, was er gesehen hatte, und als er sich aufs Bett setzte, stellte er fest, dass eine Erektion im Aufbau war.
    Bei der Betrachtung dieses Phänomens pfiff er leise vor sich hin. Er war alles andere als sexbesessen. Im Gegenteil. Seit seine Frau ihn verlassen hatte, war sein Sexualleben auf ein Minimum geschrumpft. Nicht, dass es an Gelegenheiten gefehlt hätte. Wie jede Gesellschaft, die sich dem Mammon und dem männlichen Chauvinismus verschrieben hatte, hielt auch Yorkshire bereit, was starke Männer brauchten, um sich von den Anstrengungen des Tages zu erholen. Doch ein Polizeibeamter musste vorsichtig sein. Oberflächlich war es nämlich eine sehr konventionelle Gesellschaft, und Skandale waren leicht entfacht. Und Dalziel lehnte es ab, dafür zu bezahlen, allerdings mehr aus Stolz als aus Prinzip.
    Also kam er üblicherweise ohne aus. So schwer war es gar nicht. Mit fortschreitendem Alter wurde Lust langsam zu einem ästhetischen Prickeln und war nicht mehr so sehr ein physischer Schock. Es war schon lange her, dass das Verlangen sich derart unerbittlich manifestiert hatte!
    Unsinnigerweise freute er sich über sich, als sei hier ein wertvoller Beweis erbracht worden. Sie war eine gutaussehende Frau, reif und gut gepolstert und dennoch weit entfernt von der Schwabbeligkeit, zu der sein eigener einst muskulöser Körper verkommen war. Voll Ekel sah er an sich herunter, und seine Freude verflüchtigte sich bei dem Gedanken, dass diese Tonne Speck alles gewesen war, was sie im Gegenzug zu sehen bekommen hatte. Nur wenige Frauen reagierten auf visuelle Stimuli wie Männer, doch Abscheu als Reaktion

Weitere Kostenlose Bücher