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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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auf Hässlichkeit war ihnen bestimmt gemein.
    Es klopfte an der Tür zum Bad. Er sprang auf, zerrte eine Decke vom Bett und wickelte sich ein.
    »Darf ich reinkommen?«, rief sie.
    »Ja.«
    Sie trat ein, mit einem Morgenmantel bekleidet und einem Kleiderbügel in der Hand, den seine Kleider zierten.
    »Die Sachen hier sind trocken«, sagte sie. »Ich habe sie ein bisschen gebügelt, sie sollten also tragbar sein.«
    »Das ist überaus liebenswürdig von Ihnen«, sagte er geschraubt.
    »Ich habe sie schon vor einer Stunde gebracht, aber die Schlafzimmertür war verschlossen. Sie müssen ein sehr misstrauischer Mensch sein, Mr. Dalziel. Ich dagegen denke nicht einmal daran, das Badezimmer abzuschließen.«
    Sie sagte es lachend, doch er fasste es als Zurechtweisung auf.
    »Es tut mir leid, Mrs. Fielding«, hob er an.
    »Was tut Ihnen leid?«, fragte sie. »Mir täte es leid, wenn es Ihnen ganz und gar leidtäte. Wir essen bald. Wer zuerst kommt, kriegt zuerst, ich würde also nicht rumtrödeln.«
    Sie ging durch das Badezimmer wieder hinaus, und Dalziel folgte ihr gleich darauf. Er vergewisserte sich, dass die Tür in das andere Schlafzimmer versperrt war, bevor er sich an die Reinigung seines Körpers machte.
    Eine wirklich nette Frau, dachte er, und nicht so leicht zu schocken. Doch als Basis für erotische Phantasien war das natürlich etwas dürftig. Sie hatte nicht bei ihrem Mann geschlafen, das war interessant. Konnte gut sein. Konnte schlecht sein. Zuerst hatte er gedacht, der arme Kerl sei vielleicht krank gewesen. Doch jetzt sah es so aus, als sei er bei einem Unfall ums Leben gekommen.
    Dalziel öffnete wieder den Schrank. Einer der Einlegeböden war jetzt völlig leergeräumt, sämtliche Pillenflaschen waren verschwunden. Der Entrümpelungsprozess nach der Entsorgung des Verstorbenen hatte begonnen.
    Oder vielleicht, flüsterte ihm ein lächerlicher und bis jetzt unvermuteter romantischer Bereich seiner Phantasie zu, vielleicht hatte sie ja für ihn Platz gemacht, in Erwartung eines längeren Aufenthalts …
    Reine Hungerphantasien, wies er sich zurecht. Er schüttelte sie sich aus dem Kopf und zog sich an.

[home]
    6
    Ein Schritt in den Sommer
    D as Abendessen wurde in dem Raum serviert, in dem sie auch ihr nahrhaftes Süppchen eingenommen hatten. Die einzige Änderung war die Tischdecke, die jetzt auf dem großen Küchentisch lag. Ein lebhaftes Muster von Flecken vergangener Mahlzeiten zierte sie, und an einer Ecke trennte sie sich auf. Anfangs war auch Mrs. Greave zur Stelle, die mit einer Reihe zugedeckter Servierplatten aus der Arbeitsküche kam und sie mit mehr Schwung als Strategie auf dem Tisch in Stellung brachte. Mit den engen gelben Hosen, der geblümten Bluse und dem gefährlich hoch toupierten roten Haar ähnelte sie jetzt weniger einer Wiesenblume als einem exotisch bunten Insekt. Dalziel machte keinen Versuch, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, merkte aber, wie ihr Blick ihn jedes Mal prüfend streifte, wenn sie kam und ging.
    »Wär’s das jetzt, Mrs. Fielding?«, fragte sie schließlich.
    »Ja, danke, Mrs. Greave«, sagte Bonnie vom Kopf der Tafel her.
    »Dann gute Nacht.«
    Sie ging, und es folgte das allgemeine Abdecken der Platten, so als hätte niemand Wert darauf gelegt, die porzellanenen Tiefen in Anwesenheit der Köchin zu erforschen.
    »Das ist ja nicht zu fassen«, sagte Louisa.
    »Was?«
    »Würstchen. Und ein paar davon nur mit geringfügigen Verbrennungen. Maximal ersten oder zweiten Grades.«
    »Kommt wahrscheinlich daher, dass wir einen Gast haben.«
    Erfreut, als Ursache für so einen Gaumenschmaus betrachtet zu werden, wenn auch nicht in der Lage, dessen Besonderheit zu erkennen, häufte Dalziel, der einen Ehrenplatz an Bonnies rechter Seite einnahm, Würstchen und Kartoffelbrei auf seinen Teller.
    »Mr. Fielding kommt nicht herunter?«, erkundigte er sich, während er in die Runde blickte.
    »Nein. Er ist leider nicht ganz auf der Höhe. Er ist weit über siebzig, müssen Sie wissen, und der heutige Tag war eine große Strapaze«, antwortete Bonnie.
    »Ich hoffe, er beißt nicht ins Gras, bevor die von Gumbelow die Kohle rausrücken«, bemerkte Louisa.
    »Würde das einen Unterschied machen? Die Auszeichnung wurde ja schon verkündet«, murmelte Bertie, den Dalziel aufgrund des Tempos, mit dem er den Inhalt seines Tellers vernichtete, als ernsthaften Rivalen um einen zweiten Zugriff auf die dezimierten Wurstbestände ausgemacht hatte.
    »Kinder!«, mahnte

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