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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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Fragen.
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stellen eine Menge Fragen. Und die einzige Frage, die
ich
mir stelle, ist, wie zum Teufel sollen wir Samstag in einer Woche eröffnen?«
    Da müssten Sie schon verdammt viel Glück haben, war die brutale Antwort, die Dalziel als Erstes in den Sinn kam, doch er hielt sich zurück und sagte stattdessen: »Dann müssen Sie’s halt verschieben.«
    »Nichts leichter als das«, sagte die Frau. Sie waren bei einer Eisenbahnbrücke angelangt, die sich so abrupt wölbte, dass es schon beinahe eine Buckelbrücke war. Bonnie blieb stehen, beugte sich über das Geländer und blickte hinunter auf die Gleise, die, soweit Dalziel das in der Dunkelheit ausmachen konnte, schnurgerade durch eine tiefe Schneise verliefen. Er vermutete, dass es hier ein natürliches Tal und vielleicht auch einen Bach gegeben hatte, den die Bauingenieure umgeleitet hatten, denn selbst sein ungeschultes Auge erkannte, dass die Steinmauer, an der sie lehnten, noch aus der Zeit vor der Eisenbahn stammte. Bonnie sprach in die dunkle Tiefe.
    »In seinen Hochphasen war Conrad ein ziemlicher Optimist. Als wir das Projekt starteten, haben wir uns ein provisorisches Eröffnungsdatum vorgenommen, einfach etwas, auf das wir hinarbeiten konnten. Beim Ausmisten seines Schreibtisches nach dem Unfall habe ich etwas entdeckt, das mir eigentlich von vornherein hätte klar sein müssen. Für Conrad war nichts provisorisch. Er hatte schon Reservierungen für den ersten Abend entgegengenommen!«
    »Tatsächlich? Wie viele?«
    »Einhundertzwanzig. Unsere volle Kapazität.«
    »Herr, erbarme dich!«, sagte Dalziel. »Aber Sie müssen doch gewusst haben, dass er das getan hat! Ich meine, wegen der Werbung und so.«
    »Ach, das hätte ich gemerkt, aber so ist Conrad ja nicht vorgegangen. Nein, er hat es allen seinen Kumpanen unten im Pub und den Leuten im Club der Konservativen drüben in Orburn erzählt. Ich nehme an, dass die Leute auch an ihn herangetreten sind. Und zwar nicht wegen ein paar Karten für ein ruhiges Dinner zur Feier eines Jahrestags. Ach wo! Das ist was für ein geselliges Beisammensein, Schenkel an Schenkel auf einer harten Bank. Das sind Gruppenbuchungen. Ein Dutzend Mitglieder des Rasenboccia-Clubs, zwanzig Anwärterinnen auf eine Mitgliedschaft im Verband junger Hausfrauen, vierzig Rotarier, sechs Taubenzüchter, die Bürgerinnengilde. So ist das gelaufen. Niemand von uns hatte mit irgendeinem dieser Vereine was zu tun, nur Conrad. Ich glaube, als die Baufirma sich weigerte weiterzuarbeiten, da dämmerte es ihm, dass er zu weit gegangen war. Daher sein Eifer, selbst Hand anzulegen. Er hat sich einfach nicht getraut, uns die Reservierungen zu beichten.«
    »Ein schlechter Start ist das schon«, bestätigte Dalziel. »Aber keine Katastrophe. Eine freundliche Entschuldigung, ein bisschen Schleimen, besondere Umstände und der ganze Schmonzes, Geld zurück, Vorkaufsrecht fürs nächste Mal.«
    Sie wandte sich um, lehnte sich mit dem Rücken an die Brüstung und lachte. Es war ein gutes Lachen, und so ansteckend, dass auch Dalziel merkte, wie sich sein Mund zu einem Lächeln formte, obwohl sein Kripoverstand bereits angefangen hatte, sich mit dem Grund für diesen Heiterkeitsausbruch auseinanderzusetzen.
    »Es gibt kein Geld zum Zurückgeben«, sagte er.
    »Sie sind sehr gewitzt, Mr. Dalziel. Conrad fehlte der Mechanismus, Geld bei sich zu behalten. Ich habe immer zu ihm gesagt, er solle sich seine Anzüge ohne Taschen machen lassen. Er brauchte sie ohnehin nicht. Ich habe noch niemandem ein Wort davon gesagt, in der Hoffnung, dass die Versicherung doch noch genug ausspuckt, damit wir zumindest die jungen Hausfrauen auszahlen können. Aber die lässt sich Zeit. Meine Geschäftspartner waren alles andere als erfreut, als ich ihnen das mitteilte.«
    »Ich habe da was gehört«, sagte Dalziel. »Klang hauptsächlich nach Bertie.«
    »Ja. Die anderen sind da weniger engagiert«, sagte sie. »Oder anders ausgedrückt: Er ist der Einzige, der sich mit Finanzen gut genug auskennt, um zu verstehen, wie nahe wir dem Bankrott wirklich sind. Wenn Conrad zugelassen hätte, dass Bertie sich um das Geschäftliche kümmert … aber Sie wissen ja, wie Väter sind, wenn’s um ihre Söhne geht.«
    »Nein«, sagte Dalziel. »Aber ein komischer Haufen sind Sie schon.«
    »Was?«
    »Für einen Vorstand, meine ich.«
    Wieder lachte sie.
    »Wahrscheinlich. Es hat sich einfach so ergeben. Bertie hat damit angefangen. Er hat in Liverpool Betriebswirtschaft studiert

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