Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill

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und dann dort eine Stelle in einem großen Konzern bekommen. Provincial Traders. Sie haben viele Beteiligungen, und Bertie hat sich alles angesehen, auch die Gastronomie. Aber die Firmenpolitik gefiel ihm nicht, und er wollte sich selbständig machen. Das Haus gehört mir, besser gesagt, mir und Lou. Es gehörte ihrem Vater, meinem ersten Mann. Die Jungs sind nur ihre Stiefbrüder, aber das haben Sie sicher schon erkannt. Als er starb, hinterließ er es mir, verfügte aber, dass es unveräußerliches Erbe ist und an Lou übergeht, wenn ich sterbe. Ja, und wie Sie gesehen haben, ist es eine Gabe, die einen arm macht. Wir haben versucht, es zu vermieten, aber als was? Wir haben niemanden gefunden, der genug gezahlt hätte, dass wir anderswo davon hätten leben können. Im See gibt es so gut wie keine Fische, und das große Moorgebiet weiter östlich, wo sich die Entenjagd früher noch gelohnt hat, wurde schon vor zehn Jahren trockengelegt. Jetzt müssen wir Charley Tillotson davon abhalten, die letzten paar Überlebenden auch noch abzuknallen!
    Sei’s drum, Bertie kam mit dem Vorschlag, ein Restaurant aufzumachen, so etwas mit mittelalterlichen Banketten. Eine Lizenz zum Gelddrucken nannte er es. Das Essen sollte en masse produziert werden, Fachwissen wäre dazu nicht nötig. Und für die Unbequemlichkeit des Ganzen zahlt der Kunde auch noch. Arglos, wie wir waren, ließen wir uns darauf ein. Wir hatten aber auch keine Wahl. Entweder das, oder das Haus mit Brettern vernageln und irgendwo um eine Sozialwohnung ansuchen.«
    »Was ist mit Geld?«, fragte Dalziel.
    »Geld?«
    »Man braucht doch Bares, sonst geht gar nix.«
    »Da haben Sie recht«, sagte Bonnie. Sie wandte sich noch einmal um und blickte wieder auf das Gleis hinunter. Durch diese Bewegung näherte sie sich Dalziel bis auf wenige Zentimeter. Er spielte mit dem Gedanken, ihr einen brüderlichen Arm um die Schulter zu legen, verwarf ihn jedoch als unsittlich. Was sich nämlich unter seinem Regenmantel abspielte, würde jede brüderliche Geste zu einem inzestuösen Akt machen.
    »Das meiste haben wir uns geliehen. Lou und ich haben eine kleine Hypothek auf das Haus aufgenommen. Frauen kriegen nicht so leicht Kredit. Conrad hatte mehr Erfolg. Er hatte zwar keine Sicherheiten anzubieten, aber er konnte einen in Grund und Boden reden. Bertie hatte zwar kein Geld, aber die Idee, und er kannte sich ein bisschen im Gastgewerbe aus. Außerdem brachte er Hank und seine Schwester aus Liverpool mit. Hank hatte gerade Pech gehabt. Sein Studio war ihm abgebrannt, und er suchte dringend einen Platz zum Arbeiten. Er macht einen Film und war überglücklich, eine angenehme, ruhige Unterkunft zu haben, während das Geld von der Brandversicherung in unserem Unternehmen für ihn arbeitete. Er sagt, eigentlich verachtet er Geld. Nun, wenn wir pleitegehen, ist das auf jeden Fall eine Probe für seine Prinzipien! Seine Schwester, Mavis, ist auch sehr künstlerisch veranlagt, phantastisch, was Kleider angeht. Sie kümmert sich um die Kostüme.«
    »Was für Kostüme?«, unterbrach Dalziel sie.
    »Na, für das Gesinde, die Hofnarren, die Barden, die Tischmägde. Fragen Sie mich bloß nicht, was für Tischmägde. Wir
alle
sind Tischmägde. Lou kann wirklich schön ›Greensleeves‹ singen. Ich schaffe alles, was über vier Noten nicht hinausgeht. Hank spielt Gitarre – heutzutage kann doch
jeder
Gitarre spielen, oder? Ein
paar
Aushilfen wollten wir schon anstellen, aber wir Geschäftspartner werden alle eine sehr aktive Rolle spielen.«
    »Sie haben Tillotson nicht erwähnt«, bemerkte Dalziel.
    »Ihnen entgeht aber auch gar nichts!«
    Er sah sie prüfend an. Sie grinste listig – es gab kein anderes Wort dafür. Ihre Attraktivität wurde dadurch nicht geschmälert, nicht ein bisschen.
    »Charley, nun ja, Charley kam einmal am Wochenende mit Lou nach Hause, und seither ist er da, mehr oder weniger. Er hatte ein paar Hunderter, die er beinahe unaufgefordert beisteuerte, und er wird einen wunderbaren Sir Philip Sidney abgeben, oder jemanden, der die Autos einweist. So sieht es also aus. Kein übles Konzept. Geld in Sicht. Aber wahrscheinlich werden wir alles verkaufen müssen, um die Schulden zu bezahlen. Wenn wir Glück haben, kommen wir mit plus/minus null aus dem Ganzen wieder heraus.«
    Das war’s jetzt, dachte Dalziel. Wenn Mavis recht hatte, dann war das das Zucken der Fliege über dem Forellenbach. Nein. Falsches Bild. Er war keine Forelle. Ein Karpfen vielleicht. Oder ein