EIN NEUER ANFANG IN HOLLYWOOD
Fenster.
„Na, Dad, gibt’s was Interessantes?“, fragte er und goss sich eine Tasse Kaffee ein.
„Das Übliche“, antwortete Markus lächelnd und legte die Zeitung beiseite. In seinem dunkelbraunen Haar schimmerten erste graue Strähnen, seine Augen funkelten listig. In seiner Position als Hauptgeschäftsführer von Hudson Pictures wusste er über alles in der Firma Bescheid. „Du bist ja schon früh auf.“
Das stimmte, früher als sonst. Devlin war geradezu aus dem Schlafzimmer geflüchtet, weil er Angst hatte, Val könnte ihn in ein Gespräch verwickeln, bevor er gründlich über alles nachgedacht hatte. Aber das würde er seinem Vater natürlich nicht auf die Nase binden. Also zuckte er nur mit den Achseln. „Ich muss noch ein paar Dinge für die Firma klären.“
„Gibt’s Probleme?“, fragte sein Vater und lehnte sich in seinem Stuhl zurück.
Auf keinen Fall wollte Dev seinem Vater zusätzliche Sorgen aufbürden. „Probleme würde ich es nicht nennen. Aber ich wollte dir lieber davon erzählen, bevor ich die Sache in Angriff nehme.“
Der eben noch völlig entspannte Markus war plötzlich hellwach und aufmerksam. Dev bewunderte seine Fähigkeit, sofort angemessen auf jedwedes Problem zu reagieren. Sein Leben lang hatte er danach gestrebt, so wie sein Vater zu werden.
„Was ist denn los?“
Dev lächelte. Er genoss es, einmal in Ruhe mit seinem Vater allein zu sein. „Ach, die alte Geschichte. Harrow überzieht beim Dreh wieder mal maßlos das Budget. Ich will ihm sagen, dass er ab jetzt auf jeden Cent achten muss – oder ich suche mir einen anderen, kostenbewussten Regisseur.“
Markus lachte auf. „Da wirst du dich ja mal wieder sehr beliebt machen.“
Devlin nickte grimmig. Als oberster Finanzverwalter von Hudson Pictures musste er sich ständig mit verärgerten Regisseuren und wütenden Schauspielern herumschlagen. Sie alle schienen nicht zu begreifen, dass das Filmemachen in erster Linie ein Geschäft war. Natürlich war auch die Kunst nicht ganz unwichtig. Aber wenn er nicht auf die Wirtschaftlichkeit achtete, wenn es Verluste gab – dann gab es gar keinen Film und damit auch keine Kunst.
„Tu, was du tun musst, Dev“, riet ihm sein Vater und griff nach der Kaffeetasse. „Ich habe vollstes Vertrauen zu dir.“
„Danke.“ Dev tat stets alles, um dieses Vertrauen zu rechtfertigen. In seinen Augen war Vertrauen alles. Deshalb war er auch so enttäuscht von seiner Mutter. Sabrina Hudson hatte alle Werte mit Füßen getreten, auf die die Hudson-Familie so stolz war. Sie hatte Markus betrogen. Er durfte gar nicht daran denken, denn schon stiegen Verbitterung und Abscheu in ihm auf.
Ja, seine Mutter hatte mit einem anderen Mann geschlafen. Dabei hatten er und seine Geschwister immer geglaubt, ihre Eltern würden die vollkommene Ehe führen. Diese Ehe war die Messlatte für ihre eigenen Beziehungen gewesen – und nun hatte sich herausgestellt, dass dieser Betrug schon vor Jahren geschehen und dann verheimlicht worden war. Erstaunlich eigentlich, dass es nicht schon viel eher herausgekommen war. Was dann wohl passiert wäre?, fragte er sich. Hätten Markus und Sabrina sich scheiden lassen? Wären Dev und seine Geschwister dann als Scheidungskinder zwischen den Eltern hin und her gependelt, wie es in Hollywood üblich war?
Wie schlimm das alles war! Dev musterte seinen Vater und stellte fest, dass er in den vergangenen Wochen sichtlich gealtert war. Die Enttäuschung über seine Frau und der Kummer wegen Lillians Tod hatten sich tief in seine Gesichtszüge eingegraben. Dev fragte sich, ob das Ableben der von allen verehrten Familienpatriarchin seinen Vater nicht vielleicht sogar am stärksten getroffen hatte. Merkwürdigerweise hatte Markus nie abfällig über seine Frau geredet, und Dev hatte sich gehütet, das Thema anzusprechen. Er wollte es seinem Vater nicht noch schwerer machen.
So wütend Dev auch auf seine Mutter war – tief im Inneren verspürte er das Bedürfnis, zu ihr zu gehen und mit ihr zu sprechen. Sie zu fragen, wie sie ihnen allen so etwas Furchtbares hatte antun können.
Sie hatte ja nicht nur ihren Mann betrogen. Sie hatte alle angelogen – und das jahrelang, weil sie so getan hatte, als wäre nichts gewesen. Dass alles in Ordnung wäre. Und sie hatte verleugnet, dass seine Schwester Bella einen anderen Vater hatte. Bella litt noch immer unter dem Schock: Der Mann, von dem sie ihr ganzes Leben lang gedacht hatte, er wäre ihr Onkel, war in Wirklichkeit ihr
Weitere Kostenlose Bücher