Ein neuer Anfang?
Polizei hatte weiterhin keine Anhaltspunkte dafür, wohin Eddie Peterhouse sich abgesetzt hatte, aber das schien plötzlich nicht mehr so wichtig zu sein. Die Firma war aus dem Gröbsten heraus, die Angestellten brauchten nicht länger um ihre Jobs zu bangen.
Immer wieder dachte Kiloran an Adam, obwohl sie sich geschworen hatte, es zu lassen. Irgendwie konnte sie diesen dynamischen Mann nicht vergessen. Obwohl sie jeden Tag völlig erschöpft ins Bett ging, träumte sie von ihm. Anders als ihre Gedanken konnte sie ihre Träume nicht einfach abstellen. Ebenso wenig wie die erotischen Fantasien, die ihr einen unruhigen Schlaf verschafften und aus denen sie noch erschöpfter wieder aufwachte.
Die ersten Blätter färbten sich bunt, der Herbst lag in der Luft, als eines Morgens ein Brief von Julia kam. Es war die alljährliche Einladung zu ihrer Geburtstagsparty. Kiloran stellte sie auf den Kaminsims im Wohnzimmer und vergaß sie, bis Julia plötzlich anrief.
„Und?“ fragte Julia. „Kommst du zu meinem Geburtstag nach London?“
„Oh, ich hatte so viel zu tun, dass ich deine Party glatt vergessen hatte.“ Kiloran stöhnte. „Wann findet sie denn statt?“
„Am Samstag.“
„Diesen Samstag schon?“
„Ja, klar. So steht es in der Einladung!“
Kiloran saß auf der Schreibtischkante. Seit Adam gegangen war, hatte sie beinah pausenlos gearbeitet. Vielleicht war eine Party genau das Richtige!
„Ja, ich komme gern, Julia.“
„Übrigens …“ Julia verstummte. „Ich habe Adam eingeladen.“
Kiloran blieb fast das Herz stehen. „Ach ja?“ Sie hoffte, dass sie genau den richtigen Tonfall getroffen hatte, der zeigte, dass sie nur oberflächliches Interesse bekundete. Doch ihr Magen krampfte sich zusammen. Hatte sie es nicht kommen sehen? Waren Adam und Julia nun ein Paar?
„Ja.“ Julia seufzte. „Ich wünschte, ich hätte es nicht getan, aber nun ist es zu spät.“
„Oh.“
Julia seufzte wieder. „Ich habe mich an ihn herangemacht und zum ersten Mal im Leben erlebt, dass ein Mann den Köder nicht schluckt. Nicht nur, dass er mich nicht wollte, nein, er hatte nicht das geringste Interesse! Das war nicht gerade förderlich für mein Selbstbewusstsein, sage ich dir“, fügte sie missmutig hinzu.
Aus irgendeinem Grund bedeutete Kiloran die Antwort auf ihre nächste Frage ungeheuer viel. „Und er hat dir das Herz gebrochen, stimmt’s?“
„Falsch!“ Julia lachte. „Ganz zuerst vielleicht. Dann habe ich allerdings einen passenden Ersatz gefunden. Stell dir vor, Kiloran, er ist groß und reich und sieht sehr gut aus! Natürlich handelt es sich nicht um einen Adam Black, aber das ist vielleicht ganz gut so. Mir gefällt es, wenn ich einen Mann zähmen kann, und Adam scheint mir nicht der Typ dafür. Magst du ihn eigentlich, Kiloran?“ fragte sie neugierig.
„Ich halte ungefähr dasselbe von Adam Black wie du“, antwortete Kiloran langsam.
„Und du kommst bestimmt am Samstag?“
„Ja. Ich freue mich darauf.“ Kiloran legte auf. Eigentlich wollte sie Adam nicht wiedersehen. Da sie zugesagt hatte, konnte sie jedoch schlecht wegbleiben. Vielleicht würde Julia ihm dann erzählen, dass Kiloran zugesagt und sich erst dagegen entschieden hatte, nachdem sie erfahren hatte, dass er zu den Gästen zählen würde. Den Gefallen wollte sie ihm nicht tun.
Ach, warum auch nicht? Ich gehe, dachte sie entschlossen. Ich kann ja früh wieder nach Hause fahren. Das fällt niemandem auf.
Für diese Party zog Kiloran sich mit ungewöhnlicher Sorgfalt an. Diesmal war die Kleidung ihre Rüstung. Absichtlich wählte sie ein leuchtendes Rot. Das war auffallend, mutig und dramatisch. Die Farbe des Bluts, des Lebens und ein guter Kontrast zu ihrem hellblonden Haar.
Das Kleid war nicht besonders gewagt, aber es saß wie eine zweite Haut und brachte ihre Hüften und ihre vollen Brüste zur Geltung. Als sie einige Schritte in den hohen schwarzen Schuhen machte, umspielte der lange Rock ihre Knie. Das Haar steckte sie lose hoch, befestigte es mit roten Spangen und zupfte dann einzelne Strähnen heraus. Als sie anschließend ihr Spiegelbild betrachtete, fand sie, dass sie mit ihren grünen Augen und dem hellroten Lippenstift eher einer Puppe als einer lebendigen Frau ähnelte. Doch es war ihr egal.
Diesmal nahm Kiloran das Auto. So würde sie unabhängig sein. Weder musste sie über Nacht in der Stadt bleiben noch aufpassen, dass sie den letzten Zug erwischte. Sobald sie die Vorstädte von London erreichte, wurde
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