Ein neuer Anfang?
Familien aufzubauen. Eine Großbank finanziert das Projekt. Man hat mich gebeten, den Lehrplan mit zu gestalten, und dabei habe ich gemerkt, dass ich gern unterrichte. Anscheinend komme ich am besten mit besonders begabten Kindern zurecht, die, sagen wir, leicht verhaltensgestört sind. Frag mich nicht, warum!“
„Nein.“ Sie erwiderte sein Lächeln.
„Das überrascht dich offenbar nicht.“ Trotzdem sieht sie aus, als wäre sie weit weg, dachte er. Als würde sich zwischen uns eine dicke Glaswand befinden.
„Stimmt“, sagte sie leise. „Ich wusste, dass du dir einen anderen Schwerpunkt suchen musst. Und ich bin sehr froh, dass du dir nicht bloß eine neue Möglichkeit gesucht hast, schnell viel Geld zu verdienen.“
„Wieso wusstest du das, Kiloran?“
Kiloran seufzte. Für einen intelligenten Mann stellte er sich manchmal ziemlich dumm an. „Es brauchte keinen Unfall, damit du merkst, dass du bisher hart für Dinge gearbeitet hattest, an denen dir nicht wirklich etwas lag. Die Zeichen waren alle da. Du hattest nur beschlossen, sie zu übersehen.“
„Warum hast du mich nie darauf angesprochen?“
„Dich auf so etwas ansprechen? Dich? Wenn ich dir das gesagt hätte, wärst du an die Decke gegangen!“
„Ah, dann war ich also doch ein Tyrann!“
Sie überlegte. „Ja. Vermutlich schon. Außerdem hättest du mir nie zugehört, wenn ich so ein Thema angeschnitten hätte.“
„Au! Das hat gesessen“, antwortete Adam leise. „Wer sein Selbstbewusstsein stärken will, sollte sich nicht auf ein Gespräch mit Kiloran Lacey einlassen.“
„Dein Selbstbewusstsein hat keine Stärkung nötig“, erklärte sie entschieden.
„Vermutlich nicht.“
Kiloran setzte sich etwas anders hin, so dass der grüne Satin über ihren Beinen spannte. Adam spürte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte.
„Adam?“
Er verdrängte den Gedanken, dass sie unter dem Morgenmantel offenbar nackt war. „Ja?“ fragte er heiser.
Sie sah ihm an, woran er dachte, doch das war ihr jetzt nicht so wichtig. Viel entscheidender würde seine Antwort auf ihre nächste Frage sein. „Hast du deine Mutter ausfindig gemacht?“
Reglos blickte er sie an. Warum war ihm noch nie aufgefallen, wie viel sie merkte? Oder hatte sie es bisher vor ihm verborgen? „Ich glaube nicht, dass ich dir von meinem Vorhaben, sie zu suchen, erzählt habe.“
„Stimmt, das hast du nicht. Aber ich wusste, dass du es über kurz oder lang tun würdest.“
Adam lächelte ironisch. „Wie gut du mich kennst, Kiloran!“
Sie wollte keine Komplimente für etwas, das ihr ganz normal erschien. „Es war der nächste logische Schritt. Da es um dich ging, war ich allerdings nicht sicher, ob du ihn wagen würdest.“
„Ich wollte eigentlich nicht“, gab er zu. „Vielleicht wäre es leichter gewesen, wenn ich es nicht getan hätte.“
„Hast du sie nicht gefunden?“
„Ja und nein.“
Kiloran blickte ihn verwirrt an.
„Es war nicht leicht, aber schließlich konnte ich ihre Spur bis nach Wales verfolgen. Sie hatte sich dort einer Art Kommune angeschlossen und noch ein Kind bekommen.“ Adam schwieg einen Moment. „Ich habe eine Halbschwester, Kiloran.“
Er klang stolz. Stolz darauf, doch so etwas wie Familie zu besitzen. Das war etwas, was er für all sein Geld nicht hatte kaufen können.
„Und du hast sie kennen gelernt?“
„Erraten!“ Plötzlich strahlte Adam übers ganze Gesicht. „Ja, ich habe sie besucht. Sie und meinen kleinen Neffen.“ Sein Gesichtsausdruck wurde unglaublich weich. „Er sieht beinah so aus wie ich in seinem Alter. Und er terrorisiert seine Mutter, wo er nur kann“, fügte er nachsichtig hinzu.
Das musste Kiloran erst mal verarbeiten. „Dann hast du also Verwandte gefunden, Adam? Menschen, die zu dir gehören?“
Adam nickte. „Meine Schwester ist allein erziehende Mutter und wohnt in einem Hochhaus in Cardiff.“ Er sah sie an. „Ja, ich weiß, so wiederholt sich dieselbe Geschichte. Aber ich möchte, dass sie es besser hat als meine Mutter damals. Und ich verfüge über die Mittel, es ihr zu ermöglichen.“
„Was ist mit deiner Mutter?“
„Sie ist vor sieben Jahren gestorben.“
Betroffen sah sie ihn an.
„Es ist okay, Kiloran. Natürlich war ich anfangs sehr traurig. Es tat mir Leid, dass ich weder mutig noch einsichtig genug war, um früher Nachforschungen nach ihr anzustellen.“ Inzwischen wusste er, warum er so lange gezögert hatte. Er hatte seine Gefühle hinter einem dicken Schutzwall
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