Ein orientalisches Maerchen
dir nicht verraten, denn du bist ohnehin schon eingebildet genug.“
„Ich bin …“ Einige Sekunden herrschte Schweigen. Allmählich begann Gerard jedoch zu lächeln. „Okay, diese Runde geht an dich, Catwoman.“
Das klang aufrichtig, trotzdem blieb sie argwöhnisch. Er hatte bestimmt noch irgendwo ein Ass im Ärmel.
Und er zückte es auch, konterte mit einem listigen Lächeln: „Dem kann ich also entnehmen, dass deine Aufzählung meiner Eigenschaften nicht allzu unerfreulich ausgefallen wäre?“
„Du kannst dem entnehmen, was du willst“, erwiderte sie scharf und ballte die Hände zu Fäusten. An diese In terpretation seiner Bemerkung hättest du auch wirklich selbst denken können!
Gerard kommentierte die Reaktion ihrer Hände mit einem amüsierten Seitenblick. Dann ging er kurz vom Gas und grinste sie breit an: „Es tut mir leid, nur kann ich dem Reiz einfach nicht widerstehen, dich immer wieder zu provozieren. Aber damit habe ich es in letzter Zeit wohl ein wenig übertrieben. Alles klar, ich verspreche dir, mich ab jetzt zu benehmen. In Ordnung?“
Kit rang sich ein schwaches Grinsen ab. „Waffenstillstand?“
Er nickte ernst.
Mehr als ein Entkrampfen ihrer Fäuste brachte Kit dennoch nicht zustande. Die Straße führte auf teils engen Serpentinen durch eine faszinierende Landschaft. Bizarre rote Felsen ragten aus der grünen Ebene hervor, und an einigen Stellen schienen ganze Dörfer mit mehrstöckigen Häusern aus Lehm förmlich über dem Abgrund zu hängen, doch all dies registrierte Kit nur am Rande. Was war das für ein Ausflug, bei dem man einen Waffenstillstand schließen musste? Und dazu auch so raste, dass man nicht einmal Zeit hatte, sich die Sehenswürdigkeiten in Ruhe anzusehen? Fast erleichtert atmete sie auf, als Gerard etwas langsamer fuhr und kurz darauf in einem wildromantisch engen Tal anhielt.
„Hier werden wir Rast machen“, erklärte er, als sie ihn fragend ansah. „Amina hat uns einen Picknickkorb gepackt.“
„Aber wo sind wir hier?“, fragte Kit, nachdem sie ausgestiegen war, und blickte sich leicht beklommen um. Zu beiden Seiten ragten hohe Felswände auf. Und das darin tief eingeschnittene Tal war so eng, dass neben einem Fluss nur noch die Straße Platz hatte. Der Ort war von seltener Magie, aber erschien Kit nicht gerade ideal für ein Picknick.
„Vertrau mir einfach“, antwortete Gerard mit einem leisen Lächeln und drückte ihr eine Decke in die Hand. „Es wird dir ganz bestimmt gefallen“, ergänzte er und nahm den Korb aus dem Kofferraum.
Ihr Unbehagen verlor Kit aber dennoch nicht, als sie ihm in die Schlucht hinein folgte. Beunruhigend einsam und still war es hier – nur der Fluss neben ihnen rauschte, und an seinen Ufern schimmerte es grün.
Und dann, plötzlich, kamen sie an eine Stelle, die war wie geschaffen für ein romantisches Stelldichein. Über ihnen der azurblaue Himmel und direkt vor ihnen ein Wäldchen am Fluss. Vereinzelt grüne Sträucher zwischen ockerfarbenen Felsen und mittendrin eine grüne, bunte Wiese und daneben – stattlich wie eine Säule – eine urwüchsige alte Zypresse.
„Und? Habe ich zu viel versprochen?“, fragte Gerard und musterte Kit lächelnd, während er den Picknickkorb in den Schatten der Zypresse stellte.
Kit schüttelte nur stumm den Kopf. Angesichts dieser atemberaubenden Natur fehlten ihr die Worte.
Still in sich hinein lächelnd, breitete Gerard die Decke auf der Wiese aus und setzte sich. Dann hielt er Kit seine ausgestreckte Hand entgegen. „Komm, setz dich neben mich. Amina hat uns ein paar Köstlichkeiten eingepackt. Und ich sterbe fast vor Hunger.“
„Na, ob ich das verantworten kann“, erwiderte Kit lachend, ergriff seine Hand und nahm neben ihm Platz.
Eine Weile saßen sie nur schweigend da und ließen sich das Essen schmecken. Wie sich herausstellte, hatte sich Amina in ihrer Kochkunst mal wieder selbst übertroffen. Der Korb war prall gefüllt mit allerlei kleinen marokkanischen Spezialitäten. Da gab es würzige, mit fein gehacktem Fleisch gefüllte Blätterteigpastetchen und süße mit Mandelmus gefüllte gebratene arabische Lammwürstchen, Safranhuhn mit Zitronenconfit, herzhafte Thunfischspieße, marokkanischen Möhrensalat mit Rosinen, nussige Fladenbrote, Honigkrapfen und frisches Obst.
„Hast du das eigentlich schon probiert?“ Gerard deutete einladend lächelnd auf eine Karaffe mit einer verlockend aussehenden roten Flüssigkeit.
Sie schaute erst auf das Getränk, dann
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