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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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seit Jahren keinen Vater mehr. Die meisten Dinge, die für andere Mädchen selbstverständlich sind, fehlten ihr. Ich war ihrer Mutter wegen nett zu ihr.«
    »Sind Sie sicher, daß das alles war?« schaltete sich Clough ein. »Sie haben ihr einen Plattenspieler gekauft. Jede Woche neue Schallplatten. Was immer in den Top Ten war, haben Sie ihr besorgt. Worum auch immer sie Sie auf Charlie Lomas’ Rat hin bat, kauften Sie ihr. Wenn Sie mich fragen, geht das weit über nett sein um der Mutter willen hinaus.«
    »Danke, Sergeant«, unterbrach ihn George und brachte ihn zum Schweigen. »Mr. Hawkin, wie nahe waren Sie und Alison einander?«
    »Was meinen Sie damit?« Er nahm sich noch eine Zigarette und mußte mehrmals versuchen, sie anzuzünden. Er inhalierte dankbar und wiederholte die Frage, auf die keine Antwort gekommen war. »Was soll das heißen, wie nahe wir uns waren? Ich habe Ihnen gesagt, ich habe es Alisons Mutter überlassen, sich um sie zu kümmern.«
    »Mochten Sie sie?« fragte George.
    Hawkins dunkle Augen verengten sich. »Was ist das für eine Fangfrage? Wenn ich mit nein antworte, werden Sie sagen, ich wollte sie los sein. Wenn ich ja sage, werden Sie das deuten, als wäre an meinen Gefühlen für sie etwas Unnatürliches gewesen. Wollen Sie die Wahrheit hören? Das Mädchen war mir weitgehend gleichgültig. Hören Sie« – er beugte sich vor und versuchte ein Lächeln von Mann zu Mann –, »ich habe ihre Mutter aus drei Gründen geheiratet. Erstens fand ich sie einigermaßen attraktiv. Zweitens brauchte ich eine Frau, die sich um mich und das Haus kümmerte, und ich wußte, daß eine halbwegs tüchtige Haushälterin nicht gern an einem gottverlassenen Ort wie Scardale wohnen würde. Und drittens wollte ich, daß die Dörfler aufhörten, mich wie einen Außerirdischen von einem anderen Stern zu behandeln. Ich habe sie nicht geheiratet, weil ich Absichten auf ihre Tochter hatte. Das ist doch krank, ehrlich.« Er lehnte sich nach diesem Ausbruch auf dem Stuhl zurück, als wolle er es George unmöglich machen, weiterzureden.
    George sah ihn mit kühler Neugier prüfend an. »Ich habe nie angedeutet, daß Sie das getan haben, Sir. Aber ich finde es interessant, daß Ihre Gedanken von sich aus in diese Richtung gehen. Und außerdem finde ich es interessant, daß Sie immer in der Vergangenheitsform sprechen, wenn Sie von Alison reden.«
    Seine Worte schienen greifbar wie Zigarettenrauch in der Luft zu hängen. Dunkle Röte stieg in Hawkins Wangen auf, aber es gelang ihm, Schweigen zu bewahren. Offensichtlich fiel es ihm nicht leicht.
    »Als sprächen Sie über jemand, der nicht mehr lebt«, fuhr George unerbittlich fort. »Warum, glauben Sie, ist das so, Sir?«
    »Diese Ausdrucksweise ist nur eine Angewohnheit«, erwiderte Hawkin kurz. »Sie ist schon so lange weg. Es bedeutet nichts. Alle sprechen jetzt so über Alison.«
    »Eigentlich nicht, Sir. Ich habe es bei meinen Besuchen in Scardale bemerkt. Alle sprechen von Alison immer noch in der Gegenwartsform. Als wäre sie nur mal kurz rausgegangen, werde aber bald zurück sein. Nicht nur Ihre Frau spricht so. Alle tun es. Alle außer Ihnen.« George zündete sich eine Zigarette an und versuchte, ein gelassenes Selbstbewußtsein zu demonstrieren, das er allerdings nicht in sich spürte. Als er und Clough das Gespräch durchgespielt hatten, waren sie sich nicht sicher gewesen, wie Hawkin reagieren würde. Es war eine Befriedigung, zu sehen, daß er sich aufregte, aber sie waren noch sehr weit weg von irgendwelchen verwendbaren Geständnissen.
    »Ich glaube, Sie müssen sich irren«, sagte Hawkin plötzlich. »Also, wenn Sie keine weiteren Fragen haben?« Er schob seinen Stuhl zurück.
    »Ich habe ja kaum angefangen, Sir«, sagte George, und sein strenger Gesichtsausdruck betonte seine Ähnlichkeit mit James Stewart. »Ich würde gern noch einmal zu dem Nachmittag zurückkehren, als Alison verschwand. Ich weiß, wir haben mit Ihnen schon darüber gesprochen, aber ich möchte es noch einmal durchgehen, nur der Ordnung halber.«
    »Ach, um Himmels willen!« explodierte Hawkin.
    Was immer er sagen wollte, wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Sie ging auf und zeigte DC Craggs schläfrige, peinlich berührte Miene. »Tut mir leid, Sir, ich weiß, Sie sagten, Sie wollten nicht gestört werden, aber ich habe einen dringenden Anruf für Sie.«
    George versuchte, den Ärger und die Enttäuschung zu verbergen, die in ihm aufkamen. Der Verlauf des

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