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Ein Ort für die Ewigkeit

Ein Ort für die Ewigkeit

Titel: Ein Ort für die Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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hat. Was für eine Kamera würde man brauchen, um sie aufzunehmen?«
    Unter dem Pult des Zeugenstands, wo die Geschworenen es nicht sehen konnten, ballte George die Fäuste, bis die Nägel sich tief in seine Handflächen drückten. »Man würde eine Porträtkamera brauchen. Eine Leica oder Rolleiflex, so etwas.«
    »Besitzen Sie eine solche Kamera?«
    »Ich habe meine Rolleiflex seit mindestens fünf Jahren nicht mehr benutzt«, sagte er und wußte schon, während er es sagte, daß er ausweichend klang.
    Highsmith seufzte. »Die Frage war, ob Sie eine solche Kamera besitzen, nicht, wann Sie sie zuletzt benutzt haben, Inspector. Besitzen Sie eine solche Kamera? Ja oder nein reicht als Antwort.«
    »Ja.«
    Highsmith hielt inne und blätterte in seinen Unterlagen. Dann sah er auf. »Sie glauben, daß mein Mandant schuldig ist, nicht wahr?«
    George wandte das Gesicht den Geschworenen zu. »Was ich glaube, spielt keine Rolle.«
    »Aber Sie glauben an die Schuld meines Mandanten?« beharrte Highsmith.
    »Ich glaube, was mir das Beweismaterial sagt und daher also, daß Philip Hawkin seine dreizehnjährige Stieftochter vergewaltigt und ermordet hat«, sagte George und trotz seiner Absicht, sich in acht zu nehmen, verriet die Stimme seine Gefühle.
    »Was beides schreckliche Verbrechen sind«, sagte Highsmith. »Jeder vernünftige Mensch wäre entsetzt und gewillt, denjenigen der Gerechtigkeit zuzuführen, der sie begangen hat. Das Problem ist nur, Inspector, es gibt keine hieb- und stichfesten Beweise dafür, daß diese Verbrechen je begangen wurden, nicht wahr?«
    »Wenn es keine Beweise gäbe, hätten die Richter Ihren Mandanten nie ans Gericht überstellt, und wir wären heute nicht hier.«
    »Aber es gibt eine andere Erklärung für jedes einzelne Indiz, das heute vorgelegt wurde. Und viele dieser Erklärungen führen genau zu Ihnen. Es ist Ihre Besessenheit im Fall Alison Carter, die uns heute hierhergebracht hat, nicht wahr, Inspector?«
    Stanley stand wieder auf. »Euer Ehren, ich muß protestieren. Mein verehrter Kollege scheint entschlossen, Reden zu halten, statt Fragen zu stellen, abfällige Bemerkungen zu machen, statt direkt anzuklagen. Wenn er Detective Inspector Bennett etwas zu fragen hat, gut und schön. Aber wenn er nur die Absicht hat, vor den Geschworenen Verunglimpfungen und versteckte Andeutungen zu äußern, sollte er daran gehindert werden.«
    Sampson schaute finster von seiner Bank herunter. »Er ist nicht der einzige, der außer der Reihe schöne Reden hält, Mr. Stanley.« Er schaute wie ein kurzsichtiger Maulwurf über seine Brillengläser auf die Geschworenen. »Sie sollten nicht vergessen, daß Sie hier sind, um die Beweisführung zu hören, und sollten alle Bemerkungen, die die Anwälte nebenbei machen, nicht beachten. Bitte, Mr. Highsmith, fahren Sie fort, aber zur Sache.«
    »Gern, Euer Ehren. Inspector, denken Sie bitte daran, daß Sie mit ja oder nein antworten sollten – sind Sie ein ehrgeiziger Mann?«
    Stanley griff wieder ein. »Euer Ehren«, rief er entrüstet aus, »dies hat nichts mit der hier vor Gericht verhandelten Sache zu tun.«
    »Es sagt etwas über seine Motivation aus«, erklärte Highsmith rasch. »Die Verteidigung behauptet, daß viele der Beweise gegen meinen Mandanten konstruiert sind. Inspector Bennetts Gemütszustand wird deshalb zum Thema für die Verteidigung.«
    Sampson überlegte einen Moment und sagte dann. »Ich beabsichtige, die Frage zuzulassen.«
    George holte tief Luft. »Mein einziger Ehrgeiz ist es, dazu beizutragen, daß Gerechtigkeit geschieht. Ich glaube, daß die Leiche eines Mädchens irgendwo da draußen liegt, eines Mädchens, das grausam mißbraucht wurde, bevor es ermordet wurde, und ich glaube, daß der Mann, der das getan hat, hier auf der Anklagebank sitzt.« Highsmith versuchte, ihn aufzuhalten, aber er sprach trotzdem weiter. »Ich bin hier, weil ich versuchen muß, dafür zu sorgen, daß er für das, was er getan hat, bezahlt, und nicht um meiner Karriere willen.« Er hielt plötzlich inne.
    Highsmith schüttelte den Kopf, anscheinend empört. »Ja oder nein, darum hatte ich Sie gebeten.« Er seufzte. »Ich habe keine weiteren Fragen an diesen Zeugen«, sagte er, den Geschworenen zu- und vom Richter abgewandt, und sein Gesicht zeigte eine Verachtung, die in seiner Stimme nicht zum Ausdruck kam.
    George trat vom Zeugenstand herunter. Er konnte dem Anblick Hawkins nicht mehr ausweichen, den er während der ganzen Dauer des Verhörs

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