Ein Ort für die Ewigkeit
hatte ihn dort einmal zu einer kurzfristig angesetzten Gerichtsverhandlung abgeholt. Er hatte erwartet, daß Cloughs Wohnung ein Dreckloch sein würde, aber sie war sauber, sparsam möbliert und voller Jazzplatten, und an den Wänden hingen Zeichnungen von einheimischen Vögeln. Clough schien etwas aus der Fassung, als George plötzlich vor seiner Tür stand und hereinkommen wollte, und war in Rekordzeit fertig gewesen.
Jetzt hatte der Mann, der immer der erste war, wenn es darum ging, ein paar zusätzliche Minuten Arbeit als Überstunden aufzuschreiben, seine Freizeit aufgegeben, um auf der Suche nach einem Mädchen, von dessen Existenz er vierundzwanzig Stunden vorher noch keine Ahnung gehabt hatte, das Gelände in Derbyshire zu durchstreifen. George schüttelte den Kopf. Er fragte sich, ob er für Tommy Clough genauso ein Rätsel war wie der Sergeant für ihn. Eigentlich glaubte er das nicht.
George gab das Grübeln auf und schilderte dem Sergeant seinen Verdacht gegenüber Charlie Lomas. »Es ist nicht viel, ich weiß, aber zu diesem Zeitpunkt haben wir nichts anderes«, schloß er.
»Wenn er nichts zu verbergen hat, wird es ihm nicht schaden, sich darüber klarzuwerden, daß wir die Sache hier ernst nehmen«, sagte Clough grimmig. »Und wenn er etwas zu verbergen hat, dann wird es nicht lange so bleiben.«
In der Methodistenhalle herrschte eine seltsam gedrückte Stimmung. Zwei Uniformierte waren mit Schreibarbeit beschäftigt. Peter Grundy und ein Sergeant, den George nicht kannte, waren über Reliefkarten mit jedem Detail der unmittelbaren Umgebung gebeugt, die sie mit Bleistift in Quadrate einteilten. Im hinteren Teil des Raums lümmelte der schlaksige Charlie Lomas auf einem Klappstuhl, die Beine übereinandergeschlagen und die Arme vor der Brust gekreuzt. Ein Polizist saß ihm gegenüber an einem Spieltisch und schrieb eifrig an einer Aussage.
George ging zu Grundy und nahm ihn zur Seite. »Ich will mich kurz mit Charlie Lomas unterhalten. Was können Sie mir über den Jungen sagen?«
Sofort wurde das Gesicht des Polizisten aus Longnor starr. »In welcher Hinsicht, Sir?« fragte er förmlich. »Es gibt nichts zu wissen über ihn.«
»Ich weiß, daß er nicht vorbestraft ist«, sagte George. »Aber das hier ist Ihre Gegend. Sie haben Verwandte in Scardale …«
»Meine Frau«, unterbrach ihn Grundy.
»Was immer. Wer immer. Sie müssen einen Einblick haben, wie er ist, wozu er fähig wäre.«
Georges Worte hingen in der Luft. Auf Grundys Gesicht erschien langsam ein Ausdruck wütender Feindseligkeit. »Sie glauben doch nicht im Ernst, daß Charlie etwas mit Alisons Verschwinden zu tun hat?« fragte er ungläubig.
»Ich habe ein paar Fragen an ihn, und es würde mir helfen, wenn ich eine Ahnung hätte, mit was für einem Jungen ich es zu tun habe«, sagte George müde. »Das ist alles. Also, was für ein Typ ist er, PC Grundy?«
Grundy schaute nach rechts, nach links und dann wieder nach rechts wie ein Kind, das die Straße richtig überqueren will. Aber er konnte Georges Blick nicht entkommen. »Er ist ein guter Junge, der Charlie. Aber er ist in einem schwierigen Alter. All die Jungs von hier in seinem Alter gehen mal ’n paar Bier trinken und wollen was mit den Mädchen anfangen. Aber das ist nicht so leicht, wenn man am Ende der Welt wohnt. Das zweite an Charlie wäre, daß er ein kluger Junge ist. Intelligent genug, um zu wissen, daß er etwas aus seinem Leben machen könnte, wenn er es schaffen würde, aus Scardale herauszukommen. Nur hat er noch nicht die Courage, allein loszuziehen. So schimpft er von Zeit zu Zeit und beschwert sich, wie schwer er es hat. Aber er hat das Herz auf dem rechten Fleck. Er wohnt bei der alten Ma Lomas, weil es ihr nicht so gutgeht und die Familie sicher sein will, daß jemand da ist, der der alten Frau die Kohlen reinträgt und kleine Besorgungen macht. Es ist kein tolles Leben für einen Jungen wie ihn, aber darüber beklagt er sich nie.«
»War er mit Alison befreundet?«
George sah, daß Grundy überlegte, wie weit er gehen konnte. Das war mit das Schwierigste an seiner Arbeit, daß man sich ständig behaupten und vor den Kollegen beweisen mußte. »Sie sind sich alle sehr nahe, da unten«, sagte Grundy schließlich. »Es hat kein böses Blut zwischen ihm und Alison gegeben, ich habe nie von so etwas gehört.«
Es war jedoch nicht böses Blut, worauf George bei Cousin und Cousine aus Scardale anspielte.
Da ihm klar war, daß er alles aus Grundy
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