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Ein Ort wie dieser

Ein Ort wie dieser

Titel: Ein Ort wie dieser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Aude Murail
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Stimme klar und deutlich. Aber die Bäuerin verstand ›Gernot‹. ›Was für ein hübscher Name!‹«
    Die alte Frau war fast taub und verstand alles falsch. Die Kinder begannen zu lachen. Erst schüchtern, von der Nähe des Todes noch beeindruckt, dann aus vollem Hals, als die alte Dame der Meinung war, ihr Gast sehe aber schlecht aus, ihn ins Bett schickte und ihm einen Kräutertee zubereitete. Die Bäuerin und der Tod wurden gute Freunde bis zum hundertsten Geburtstag. An diesem Tag putzte sich die alte Dame heraus, und der Tod fotografierte sie. Dann machten sie Musik, tanzten, zündeten einhundert Kerzen an und aßen Geburtstagskuchen. Sehr, sehr müde ging die alte Dame zu Bett. Und Cécile las mit immer stärker zusammengeschnürter Kehle: »Da löschte der Tod geräuschlos mit einem Pusten die letzte Kerze. Dann nahm er sein Gepäck, ging auf Zehenspitzen davon und schloss leise die Tür. Und so kam es, dass die alte Bäuerin, die allein mit einer Kuh, einer Ziege, einer Katze und einem Huhn lebte, starb.«
    In der Bibliothek herrschte Stille. Steven war wieder einmal an der Schulter seines Nachbarn eingeschlafen.
    »Na also, das war traurig«, sagte Robin vorwurfsvoll.
    »Meinen Opa, den behalte iss ganz in meinem Herzen«, sagte Louis. »Da isst er nie ganz tot.«
    Nachdem die Kinder gegangen waren, schloss Omchen die Tür doppelt ab und behielt den Schlüssel in der geballten Faust. Die Bibliothek war ein magischer Ort, und Cécile war eine Zauberin.
     
    An diesem Tag stand wieder Mittagessen im Tchip Burger mit Gil auf dem Programm. Gil schob seine Schwester in die Schlange vor Eloi.
    »Für mich nur einen Big-Burger.«
    »Bist du krank?«
    »Jeder dritte Amerikaner ist fettleibig. Ich habe keine Lust, als Amerikaner zu enden.«
    Alle sechs Monate verliebte sich Gil. Sicher war das die Erklärung.
    »Zum Hieressen oder zum Mitnehmen?«
    Cécile stand vor Eloi.
    »Zum Mit… nein, zum Hieressen.«
    »Sie können immer noch weggrennen«, schlug Eloi ihr vor.
    Seine Lippen hatten sich kaum bewegt. Es war fast wie bei einem Bauchredner. Er beugte sich über die Theke, Céciles Gesicht entgegen, und flüsterte ihr zu: »Sagen Sie mir Ihre Bestellung, mein Chef überwacht mich.«
    Cécile bestellte einen Big-Burger, zweimal Pommes, neun Chicken Nuggets, eine Cola und eine Orangina.
    »So viel?«, fragte Eloi an Stelle des vorschriftsgemäßen »Darf es noch etwas sein?«.
    »Ich bin mit meinem Bruder hier«, stammelte Cécile entschuldigend.
    Sie deutete in den Raum, und Eloi folgte der Bewegung mit dem Blick.
    »Sind Sie die Schwester von Gil?«, fragte er, dann wurde ihm seine Unbesonnenheit bewusst, und er drehte sich um und gab die Bestellung in die Küche weiter.
    Er kassierte ganz professionell und vermied jeden Blickkontakt mit Cécile.
    »Guten Appetit!«, sagte er, als er ihr das Tablett hinschob.
    Cécile wartete zwei lange Sekunden auf ein Lächeln – das nicht kam – und ging.
    »Kennst du den Angestellen?«, fragte sie ihren Bruder.
    »Ich?«
    Er schien zu zögern, dann entschied er sich: »Nein.«
    Cécile begriff, dass er ihr etwas verheimlichte. Schweigend begann sie zu essen. Plötzlich war ihr, als habe jemand hinter ihr den Namen »Baoulé« ausgesprochen. Sie hörte auf zu kauen und spitzte die Ohren.
    »Aus der Elfenbeinküste«, fügte die Stimme hinzu.
    Eine Gruppe turbulenter Schüler verhinderte, dass Cécile mehr hörte. So unauffällig wie möglich drehte sie den Kopf.
    Die Person, die von den Baoulés gesprochen hatte, war eine Frau, die mit ihrem fuchsienroten Kostüm und ihrer Perlenkette in dieser Umgebung ziemlich unpassend wirkte. Neben ihr saß ein etwa vierzigjähriger Mann mit locker gebundener Krawatte und hochgekrempelten Ärmeln. Cécile pickte sich noch ein paar Pommes Frites, während sie in ihrem Gedächtnis kramte. Sie hatte das Paar schon einmal gesehen. Aber wo?

Kapitel 7 Wie die Baoulés die Schule gerettet haben
    »Ob die Baoulés aus der Elfenbeinküste kommen?«, wiederholte Marie-Claude Acremant.
    Cécile hatte sie gerade danach gefragt. Unwissend verzog sie das Gesicht.
    »Ich hätte gesagt aus dem Sudan. Auf jeden Fall sind sie ein ganzer Haufen, und der Vater hat mindestens zwei Frauen.«
    Aufgetakelt und parfümiert wie gewöhnlich betrat Chantal Pommier das Lehrerzimmer.
    »Weißt du das, Chantal?«, fragte Marie-Claude sie. »Woher die Baoulés kommen?«
    »Die Boualés? Die kommen aus Ruanda, oder?«
    Beide waren sich einig darin, dass die

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