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Ein Ort wie dieser

Ein Ort wie dieser

Titel: Ein Ort wie dieser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Aude Murail
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untergebracht.«
    Louvier stieß einen leisen Pfiff aus.
    »Wo?«
    »In Saint-Jean-de-Cléry. Der Bahnhof ist stillgelegt. Dort haben sie sich eingerichtet.«
    »Die sind ja frech! Da könnte man doch die Bullen benachrichtigen, oder? Ein besetztes Haus kann man räumen lassen! Und den Asylantrag muss man abweisen. Kannst du den Ablauf nicht beschleunigen?«
    »Ich werde sehen«, sagte die Dame unentschlossen. »Ich werde sehen …«
    Louvier trommelte mit den Fingern auf den Tisch. Er wurde ungeduldig. Er hatte das Kapital und die Beziehungen, um sowohl die Räumlichkeiten als auch das Grundstück der Louis-Guilloux-Grundschule zu kaufen. Er hatte es eilig, in einen Tchip Burger in bester Innenstadtlage zu investieren. Und sich die Eier zu vergolden!
    »Wenn deine Neger aus dem Land geschafft werden, verlassen zwölf auf einen Streich die Louis-Guilloux. Absturz der Schülerzahlen. Und der Direktor ist am Ende.«
    Er stieß sein höhnisches Hyänenlachen aus.
    »Armer Idiot. Georges Montoriol. Immer dabei, einem die Moral aufs Brot zu streichen. Mein Sohn hatte ihn in der Dritten.«
    Am liebsten wäre es Louvier gewesen, die Schule würde schon zum nächsten Schuljahr geschlossen.
    »Wenn ich denke, dass das für vorletztes Jahr schon so gut wie beschlossen war«, sagte er seufzend. »Die Kinder wären auf die beiden anderen Schulen des Viertels verteilt worden. Die Eltern konnten sich nicht wehren. Und dann mussten diese Boualés aufkreuzen!«
    Das machte ihn rasend. Er hatte das Gefühl, diese Leute seien nur deshalb aus ihrer afrikanischen Pampa gekommen, um ihm Ärger zu machen. Aber aufgeschoben war nicht aufgehoben, er würde sie zermalmen.
    »Das wird sich schon einrichten lassen«, sagte die Dame mit sanfter Stimme. »Und Dienstag um 18  Uhr, wie immer?«
    Louvier warf ihr einen übellaunigen Blick zu. Was für eine Klette!
    »Ganz genau, mein Herzblatt, 18  Uhr.«
    Sobald er sie nicht mehr benötigen würde, würde er sie fallenlassen. Auf diesen Entschluss gestützt, begleitete er die Dame von der Präfektur, deren Name die Geschichte nicht im Gedächtnis behalten wird, zur Tür.

Kapitel 13 In dem Leon das Passende findet
    Die Zweitklässler waren für die Weihnachtsaufführung schon bereit. Melanie Muller hatte eingewilligt, dass sie zur Musik
Wir machen heute Party, wir singen unsern Hit
von
Street Generation
tanzten – unter der Bedingung, dass sie ein oder zwei Gesten aus der Choreographie strichen, die Madame Muller »unangebracht« fand. Die Drittklässler waren überhaupt noch nicht bereit. Chantal Pommier hatte
I’m singing in the rain
aus der Tiefe einer Schublade gezogen und Melanie gebeten, ihr ein kleines Ballett mit Regenschirmen dazu zu schreiben.
    »In allen Farben. Am Ende gehen sie alle gleichzeitig auf. Das wird sehr niedlich.«
    Die Drittklässler hatten keine Lust, niedlich zu sein, und beneideten die Zweitklässler. Die Proben kamen nicht voran, und abgesehen von einem kleinen Jungen, der eine phantastische Steptanznummer hinlegte, schlurften sie alle, als würden sie Holzpantinen tragen.
    »Ist das eine Volkstanzgruppe?«, scherzte der Direktor.
    Er selbst hatte die Viertklässler gedrillt, die sehr aufrecht und mit hinter dem Rücken verschränkten Händen fünf Lieder sangen, von denen eines staatsbürgerlicher war als das andere. Alphonse und Felix hatten sich vorgenommen, am besagten Tag großen Blödsinn zu machen.
    Allmählich konnten die Erstklässler ihren Text, und Cécile wusste jetzt, was für eine Qual es sein kann, Dialoge zu schreiben. Alle Kinder hatten sich getraut, keines spielte eine Statistenrolle. Alle waren sie Hasen, da Omchen eingewilligt hatte, die Rolle des bösen Fuchses zu übernehmen, und reihenweise Ohrfeigen verteilte. Am Ende des Stücks, wenn jedes Mädchen einem kleinen Jungen die Hand gab und alle sangen:
    »Das Stück ist aus und unsere Geschichten enden
    Der Fuchs bleibt hungrig, steht da mit leeren Händen
    Die Häschen werden bald schon richtig groß
    Bleibt brav solang, ihr Eltern, das wäre famos!«
    bekam Cécile in einer Mischung aus Angst und Vergnügen immer Gänsehaut. Sich den Innenstadteltern auszuliefern, versetzte sie in Furcht und Schrecken. Würde Madame Marchon am Ende der Vorstellung vielleicht rufen: »Und so etwas bringen Sie ihnen bei – dabei hat La Fontaine so hübsche Sachen geschrieben!«
    Und wie würden Monsieur und Madame de Saint-André reagieren, wenn sie sähen, wie ihre Tochter bereitwillig ihrem Hasen

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