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Ein Ort zum sterben

Ein Ort zum sterben

Titel: Ein Ort zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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Augenpaare sahen zu ihr hin. Das graue Morgenlicht machte die Neonbeleuchtung irgendwie menschlicher.
    Coffey stieß mit dem Fuß an Rikers Stuhl. »Was hat eigentlich der Arzt gesagt?«
    Riker zog wieder sein Notizbuch zu Rate, wo auf einer leeren Seite nur das Wort okay stand. »Eine neue Designerdroge, sehr unerfreuliches Zeugs. Der Doktor, der ihr den Magen ausgepumpt hat, sagt, daß allein er im letzten Jahr dadurch drei Patienten verloren hat, alle durch Selbstverstümmelung. Die Leute reißen sich die Augen aus und schneiden sich die Pulsadern auf. Bei Mallory rechnet er nicht mit bleibenden Schäden. Ein paar Prellungen und Platzwunden, das ist alles. Nur ihre Reaktionen werden in den nächsten Tagen ein bißchen langsamer sein als sonst, meint er.«
    »Sie glaubte fest, sie sei am Verbluten, als Riker und ich sie ins Krankenhaus brachten«, sagte Charles. »Dabei war nichts zu sehen außer dem Blut von der Platzwunde am Kopf und ein paar angetrockneten Blutspritzern von dem Zwischenfall mit dem tollwütigen Hund im Park.«
    »Der Stoff wirkt offenbar ganz ähnlich wie LSD«, sagte Riker. »Wahrscheinlich hat sie die Wunden wirklich gesehen. Was sie mit eigenen Augen sieht, muß selbst eine Mallory glauben.«
    Charles überlegte, ob Mallory den Satz an Ediths Wand nicht nur gesehen, sondern auch geglaubt hatte. Nicht anzunehmen, dazu hatte Mallory einen zu scharfen Verstand und schätzte inzwischen Edith wohl auch ziemlich richtig ein. Sie war also sehenden Auges in die Falle gegangen.
    Coffey legte Riker eine Hand auf die Schulter. »Du hast wieder Babysitterdienst. Mallory darf hier nicht weg.«
    »In Ordnung, Lieutenant.«
    »Wenn du mal eine Runde schlafen willst, soll der Doktor sie vorher mit Beruhigungsmitteln vollpumpen. Alles klar?«
    »Glasklar.«
    »Könnte ich die Wohnungsschlüssel haben?« fragte Charles. »Wenn sie noch hierbleiben muß, braucht sie ein paar Sachen, die Schwester hat mir eine Liste gegeben.«
    »Ja, natürlich. Und schönen Dank für Ihre Hilfe, Charles.« Lächelnd schüttelte er Charles die Hand und hielt sie Sekundenbruchteile länger als nötig fest. Und dann lächelte er nicht mehr. »Hat Ihnen der Bericht über diese alte Mordsache in Soho weitergeholfen?«
    Riker hatte es also Coffey erzählt, und der wartete jetzt auf eine Erklärung.
    »Ja, danke«, sagte Charles.
    Der Lieutenant war im Denken nicht so schnell wie Mallory, aber ebenso gründlich. Was konnte Coffey unternehmen, wenn Charles ihm die gewünschte Erklärung gab?
    Nichts.
    Was Edith getan hatte, ließ sich nie beweisen. Trotzdem, dachte Charles, höchste Zeit, daß ich mich einmal mit Coffey zusammensetze. Es muß ein Ende haben.

 
    Charles ließ die Reisetasche fallen, so daß Mallorys Zahnbürste, Haarbürste, Morgenmantel und Hausschuhe auf dem Dielenboden herumkollerten, und machte ein Gesicht wie einer, der gerade einen Geist gesehen hat. Und so war es ja auch.
    Die Tür des Arbeitszimmers stand offen, und dort, das konnte ihm keiner ausreden, war Louis Markowitz zugange gewesen. Ein unsichtbarer Markowitz werkelte – chaotisch wie zu seinen besten Zeiten – an der hinteren Wand herum.
    Charles rief sich die große Korktafel aus Louis’ Büro in Erinnerung. Das Bild deckte sich mit einer der Wandhälften, die er vor sich sah. Auch die andere war vom Stil her reiner Markowitz, nur war der schon zwei Tage tot gewesen, als das erste dort angepinnte Foto entstanden war.
    Charles schob die Blätter auf der rechten Wandhälfte zur Seite. Die Fotos und Notizen der nächsten Schicht hingen bedeutend ordentlicher, die darunter waren wie mit dem Lineal ausgerichtet. Schicht für Schicht hatte sich Mallory mehr von der Auffassung ihres Vaters überzeugen lassen, daß die wahre Ordnung im Chaos lag.
    Auf einer der unteren Schichten fand er ihre Ermittlungen zu Margot Siddon, darüber das Material zu Redwing. Henry Cathery und Jonathan Gaynor waren, jeder für sich, seitlich ausgegliedert. Er nahm die Fotos von Redwing ab, diese Spur führte nur in die Irre.
    »Sag was, Louis«, flüsterte er.
    Und da fing die Wand an zu sprechen. Eine handschriftliche Notiz, Kreditauskünfte, Aktiengeschäfte aus den frühen achtziger Jahren, Kontoauszüge starrten ihn an – mehr hatte Louis nicht in der Hand gehabt, als er dem Mörder ins East Village gefolgt war. Wenn es denn der Mörder gewesen war …
    Auch auf Mallorys Seite hingen die Finanzunterlagen ganz oben, darunter die damaligen Ermittlungen der

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