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Ein Ort zum sterben

Ein Ort zum sterben

Titel: Ein Ort zum sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carol O'Connell
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beide Einzelgänger und kamen wohl, weil sie anders waren, mit korrekten Zweireihertypen nicht klar.
    Den letzten Vermerk hatte er sich auf der Rückfahrt von Catherys Wohnung gemacht. Die junge Frau, hatte Markowitz gesagt, habe Henry das Wechselgeld nicht zurückgegeben. Nassauer, hatte Riker notiert und unterstrichen.
    In Catherys Wohnung hatte gedämpfte Beleuchtung geherrscht. Im grellen Licht der Neonröhren auf dem Revier sah Riker, daß Margot Siddons Sachen keine modischen Grunge-Klamotten, sondern nur alt und abgetragen waren. Die reiche Alte hatte sich der Cousine gegenüber offenbar ziemlich schofel benommen.
    Miss Siddon trank ihren Kaffee aus, setzte den Becher auf den Schreibtisch, faltete die Hände im Schoß und drückte die Finger zusammen, um sie ruhig zu halten. Die Beine ließen sich nicht so gut disziplinieren, sie zuckten unruhig mal in die eine, mal in die andere Richtung.
    Coffey kondolierte ihr zum Tod der Cousine und streifte Riker im Lauf des Gesprächs hin und wieder mit einem vielsagenden und leicht irritierten Blick. Daß der Sergeant auch nach einer halben Stunde noch nichts notiert hatte, war ihm nicht entgangen.
    »Feinde? Nicht daß ich wüßte«, sagte Margot und nahm Coffey das Foto ab. »Ja, das ist Samantha. War es ein Messer mit Wellenschliff?«
    »Wie bitte?« Lieutenant Coffey beugte sich vor, als habe er sich verhört.
    »Das Messer, mit dem sie umgebracht wurde. Hatte es Wellenschliff?«
    Sie legte das Foto, eine Aufnahme des Gesichts zu Identifizierungszwecken, auf den Schreibtisch. Ein weißes Tuch verdeckte die klaffende Halswunde, das Gesicht wirkte friedlich wie bei einer Schlafenden.
    »Das wissen wir nicht genau«, sagte Coffey. »Die Obduktion ist noch nicht abgeschlossen.«
    »Wenn Sie mir Fotos von den Verletzungen zeigen, könnte ich es Ihnen wahrscheinlich sagen.«
    »Das verlangen wir gar nicht von Ihnen, Miss Siddon. Uns geht es nur um die Identifizierung.«
    »Gibt es einen Grund, mir die Aufnahmen vorzuenthalten?«
    »Wir möchten im Augenblick noch nicht alle Einzelheiten in der Öffentlichkeit bekanntmachen.«
    Ein Mißgriff, dachte Riker. Die Augen der jungen Frau glühten. »Ich bestehe darauf, die Fotos zu sehen«, sagte sie.
    Und dann machte sie den Fehler, mit ihrem halben Gesicht zu lächeln. Die Grimasse brachte Coffey sichtlich in Rage. Er nahm den Umschlag mit den Hochglanzfotos heraus und gab ihr die Aufnahme, auf der man die Halswunde sah.
    Sie hielt das Foto nach Art der Kurzsichtigen dicht vor die Augen. »Ein langes Messer. Ohne Wellenschliff.«
    Coffey stand auf und rückte den Schlips zurecht. Jetzt reicht’s, sagten seine Miene, seine steife Haltung.
    »Sergeant Riker wird Ihnen noch ein paar Fragen stellen und Sie dann nach Hause bringen.«
    Damit verließ er das Zimmer.
    Riker machte sich ein paar Notizen und blickte auf. Sie sah ihn erwartungsvoll an.
    »Können Sie sich erinnern, wo Sie heute zwischen elf und zwei waren, Miss Siddon?«
    »Auf der Probebühne von TriBeCa.« Und da sie als Kind der Fernsehgeneration ganz genau wußte, welche Frage jetzt kommen mußte, fügte sie hinzu: »Es waren etwa hundert Leute zum Vortanzen da. Der Regisseur erinnert sich bestimmt an mich. Ich war echt gut, hat er gesagt.«
    Aber sie wußte und Riker wußte, daß der Regisseur sich nicht wegen ihrer Leistung, sondern wegen ihrer linken Gesichtshälfte an sie erinnern würde.
    »Er ruft mich an«, setzte sie mit ihrem einseitigen Lächeln hinzu. Auf der anderen Wange zog sich die Narbe zu einer schauerlichen Mondsichel zusammen.
    Das kannst du deiner Großmutter erzählen, dachte Riker.
    »Dann fahre ich Sie jetzt nach Hause, Miss Siddon.«
    Im East Village wimmelte es von jungen Leuten aus guter Familie, die sich wie arme hungrige Künstler benahmen, aber diese junge Tänzerin mit den billigen Schuhen war echt arm, echt hungrig. Bei beiden Gesprächen war er nicht allzu nah an sie herangekommen. Hier im Wagen fiel ihm der Geruch nach Altkleiderladen auf. Und die fast greifbare Nervosität, die von Margot Siddon ausging.
    Er bog in die Houston ein, fuhr drei Blocks nach Norden und hielt vor ihrem Haus. Eine Gruppe Halbwüchsiger stand an der Ecke und beäugte interessiert den Wagen. Ratten rannten zwischen den Mülltonnen herum. In dem Unrat auf dem Gehsteig blinkten die Scherben einer Einwegspritze.
    »Ich bringe Sie noch nach oben«, sagte er und zog den Zündschlüssel ab.
    »Nein, danke, nicht nötig«, antwortete sie schnell. Viel zu

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