Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot
Vera noch ein, daß sie den Jungen in einer Kneipe kennengelernt hatte. Mehr wußte sie auch nicht. Pit wacht auch auf. Er drückt sich noch mehr an Vera und beginnt sie zu küssen. Nicht wie ein Mann. Pit hat einen schönen Körper. Ganz fest. Vera ist über dreißig.
Sie sieht den Unterschied ihrer beider Häute. Vera streichelt Pit. So einen Menschen anfassen ist schön, denkt sich Vera, für einen Moment die Einsamkeit überlisten. Das ist, wie die Zeit anhalten und an nichts denken. Nicht an die Verantwortung, das Leben irgendwie sinnvoll hinzukrie-gen, nicht an die Angst, es doch nicht zu schaffen. Einen Menschen anzufassen ist das Schönste. Und Vera möchte nie mehr aufstehen. Immer nur anfassen und nicht nachdenken.
NORA geht in einen Sado-Maso-Shop
Was passiert, wenn man einen Menschen in diesen Käfig sperrt. Ihn reinsperrt, mit einem Halsband. Dornen innen. Oben eine Luke. Da könnte man Nahrung reintun.
Täte man aber nicht. Man täte nix da rein, außer dem Menschen. Und den Käfig mit dem Menschen würde man neben den Fernseher stellen. 34 Programme. Mit auto-matischem Zapper. Alle 30 Sekunden. Höchste Lautstärke, versteht sich. Da hört man die Schreie des Menschen nicht.
Der steckt in seinem Käfig. Erst wird er denken, es sei Spaß.
Ist nicht. Ist Ernst. Das merkt der Mensch, wenn der Durst kommt. Er wird irgendwann pinkeln und das auftrinken.
Und der Hunger. Dann wären da offene Stellen an seinem Körper. Von den Stichen des Feuerhakens. Den man ab und an in den Käfig stecken würde. Um den Menschen zu wenden. Da würden Fliegen ihre Eier ablegen. Und Würmer würden schlüpfen. Nora sieht Thomas an. Der sieht gerade eine Peitsche an. Prüft sie, wie ein Mann. Ist aber keiner. Ist grad was über zwanzig. Nora denkt, wenn ich ihn da reintäte. Wie lange wäre das lustig? Nora denkt, wie das wäre, wenn seine Mutter käme. Und sie würden Plätzchen essen, neben dem Käfig, wo er liegt. Schon an-gegammelt. Da würden schon Knochen rausschauen. Und sie würden die Kekse essen. Weiße Kekse. Sie und seine Mutter. Und sie würde aufstehen. Zum Kühlschrank gehen und ein wenig von seinen Zehen holen. In Aspik hätte sie die getan. Die Mutter würde von dem Zeh kosten und diesen Mund machen. Kackmund. Nora sieht sich um.
Sieht Kleider aus Gummi. Sieht eine Streckbank und Dau-menschrauben. Nora denkt an Tiere. An Schweine. Die sich auf Streckbänke schnallen, aber mehr als Schweine auf einer Streckbank wären sie auch dann nicht. Sie sieht den Jungen an. Mit dem hat sie nix zu tun. Sie hat mit niemandem was zu tun. Nora ist außen voller schneller Bilder. Voll Musik. Und innen ist sie aus Eis. Der Junge hat ein paar Sachen gekauft, und sie geht stumm neben ihm her. Sie ist nicht neugierig. Auf nichts. Sie kennt ja schon alles. Hat schon alles gesehen. Die ganze Welt. Und Nora gähnt. Sie gehen eine Straße lang, in der Neonreklame versuchte die Seele in kleine Stücke zu hacken. Aber die sind auf einem Ausflug am Gardasee. Alte Frauen stehen da und versuchen Sex zu verkaufen. Annie Sprinkle läßt Männer ihre Gebärmutter anschauen. Jeder ist schwul.
Oder lesbisch. Oder kann nur mit Streckbänken ficken.
Alle reden, um sich einzureden, was zu fühlen. Keiner fühlt was. Dazu ist alles zu schnell geworden. Zu Hause zieht sie sich ein Gummimieder an. Der Junge hat Boxer-shorts an und eine Maske auf. Er fesselt Nora mit Hand-schellen ans Bett. Nora denkt nichts. Der Junge schlägt sie ein bißchen, und Nora stellt sich vor, das Monster aus »Freitag der 13.« wär das. Oder noch lieber Michael Meyers. Aus Halloween.
Ihre Augen verbunden, und sie stellt sich vor, der Junge, das Monster, könnte jetzt einfach eine Kettensäge holen und ihr erst mal die Hände abtrennen. Dann die Füße. Mit der Flex, die Kniescheibe. Darunter wären Drähte. Die Beine. Die Arme. Das Blut würde auf das Bett schießen und das Fichtenholz ein bißchen bunter machen. Dann der Kopf. Und es tat gar nicht weh. Hinterher würde er auf-wischen. Nora muß kichern. Sieht wie der Junge am Boden »Mom for ever« mit dem Blut schreibt. Danach liegen beide im Bett. Das Fichtenholz ist hell. Beide lesen Comics, und MTV läuft. Sie reden nicht. Da gibt es auch nichts zu reden.
RUTH redet mit KAR L
»Karl, was ist eigentlich los mit dir?« fragt Ruth. Und Karl sieht zum Fenster raus. Natürlich sagt er nichts. Und Karl, Karl der gestern mit einer Nutte geschlafen hatte, ohne es zu merken, Karl, der sich alt vorkam wie noch nie
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