Ein paar Tage Licht
Schönheit, bis in die Zehenspitzen obere Zehntausend. Traumhaftes Kleid, bunt, die einzelnen Farben verliefen horizontal. Eley kannte diese Art von Muster aus seinen Jahren in Rom, Missoni.
Phil sah ihr nach, reglos für einen kurzen Moment, fast andächtig, und Eley begriff überrascht, dass diese Frau kein Spielzeug für ihn war. Er liebte sie.
Das Kleinbürgerliche auf dem Foto war unter Bräune verschwunden, unter Muskeln und Energie. Die Outdoor-Kleidung zu teuer, ein paar Hemdknöpfe zu viel geöffnet, der blonde Zopf zu ungepflegt. Spielte den harten Mann, den Welteneroberer, Phil, aber die Rolle stand ihm, und er füllte sie. Die Mischung stimmte: Nonchalance, Skrupellosigkeit, Vermögen. Und durchaus Charme, wie Eley zugeben musste.
Giulia und der Amerikaner kamen zurück, setzten sich, der Spaß ging weiter.
An Eleys Rippen vibrierte das Telefon, zwei Mal, lautlos, eine SMS . Amels geheime Nummer.
Jardin d’essai, Allée des Dracénas, in 10 Min.
Eley spürte, wie die Körpertemperatur wieder hochschoss, spürte den Schweiß, zuerst an der Stirn, dann an den Schläfen. Der Jardin d’essai lag kaum fünf Fußminuten entfernt. Woher wusste sie, dass er hier war, im Sofitel?
35
BERLIN
»Bestechung?«
Katharina Prinz hob die Schultern. »Ich kann dazu nicht viel sagen.«
»Aber?«
»Die Gerüchte sind nicht neu.«
Die Staatssekretärin schloss die Tür ihres Büros, deutete auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch. Ihr Gesicht war kantig, kalt, das »Amtsgesicht«. Draußen, mit den Ausländern und den Journalisten, überwog in ihren Zügen die andere Seite ihres Charakters, Humor und Milde.
Sie setzten sich.
»Was für Gerüchte genau?«
»Ursprünglich haben die Algerier bei Ulmer & Tann bestellt«, erwiderte Prinz, »die Verträge waren wohl schon unterschriftsreif. Meininger Rau war bis zu diesem Moment überhaupt nicht im Spiel. Trotzdem haben sie am Ende den Vorzug erhalten.«
»Na und? So etwas passiert dauernd.«
»Ja«, sagte Prinz.
»Aber?«
»In einem Blog wurde die Vermutung geäußert, Meininger Rau habe Einblick in die Unterlagen von Ulmer & Tann gehabt und das eigene Angebot entsprechend formuliert.«
»Und jemanden geschmiert, um an die Unterlagen zu kommen?«
»Zum einen. Zum anderen, und das wäre noch prekärer, hat Meininger Rau möglicherweise einen der algerischen Entscheider bestochen.«
»Das schreibt der Blogger? Was ist das für ein Kerl?«
»Es sind zwei, ein Er, eine Sie, freiberufliche Journalisten.«
Die Staatssekretärin lehnte sich im Schreibtischsessel zurück, langsam, nachdenklich, zehn Finger rangen miteinander. »Falls das zutrifft, haben der Bundessicherheitsrat und drei deutsche Ministerien ihre Zustimmung zu einem Geschäft gegeben, das durch Bestechung zustande gekommen ist. Kann man das so sagen?«
»Es ist nicht Aufgabe der Regierung zu prüfen, ob ein Geschäft legal …«
»Spielt keine Rolle«, fuhr die Staatssekretärin dazwischen. »Sie wussten von dem Verdacht?«
Prinz nickte.
»Sonst noch jemand?«
Sie hatte Zimmermann in ihrer Analyse darauf hingewiesen. Hatte auf den Blog verlinkt, die Glaubwürdigkeit der Blogger bewertet. Die Wahrscheinlichkeit, dass deren Vermutung zutraf.
»Und? Auf wie hoch haben Sie die Wahrscheinlichkeit geschätzt?«
»Auf fünfzig Prozent.«
»Das hat dem Kollegen Zimmermann offenbar nicht gereicht.«
»Nein.«
Schon als Mitte dieses Jahres die Vorabanfrage von Ulmer & Tann eingetroffen war, hatte Prinz dafür plädiert, dem Bundessicherheitsrat zu empfehlen, das Geschäft nicht zu genehmigen. Nach Panzern, Fregatten und Grenzelektronik auch noch Sturmgewehre? Für ein scheindemokratisches, korruptes Regime wie das algerische? Sie war fassungslos gewesen.
Zimmermann hatte sich die Mühe gemacht, mit ihr zu diskutieren.
Die Stabilität Algeriens ist für Nordafrika, für den ganzen arabischen Raum und damit auch für den Westen von größter Bedeutung, Frau Prinz.
Wir kämpfen gegen den Terror, Frau Prinz.
Wir dürfen Algerien nicht den Chinesen und den Russen überlassen, Frau Prinz.
Solange wir an Saudi-Arabien liefern, können wir auch an Algerien liefern, Frau Prinz.
Als sich das Ganze ein paar Wochen später mit Meininger Rau wiederholt hatte, hatte sie es erneut versucht. War erneut gescheitert.
Die Staatssekretärin lehnte sich vor, schlug die Handflächen auf den Tisch. »Ich muss den Minister vorbereiten, er muss wissen, was da heute Mittag auf uns zukommt. Zur entscheidenden Frage:
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