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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Treffen die Gerüchte zu oder nicht?«
    »Wie gesagt, fünfzig Prozent.«
    »Das war damals. Wie sieht es heute aus?«
    Prinz strich sich über den Rock, bemühte sich um eine kühle, sachliche Stimme. Sie hatte lange an dieser kleinen Rede gefeilt, irgendwann zwischen elf und zwölf am Vorabend, als die Rotweinflasche noch zu drei Vierteln voll war, die verhaltene, ungeheuer reine Stimme von Kiri Te Kanawa mit den Chants d’Auvergne die Wände entlangschwebte, als sie sicher war, dass Jens Carlsen sich die Scharade für die Direktorenrunde zutrauen würde.
    »Experten schätzen, dass vierzig Prozent aller Bestechungsgelder weltweit beim Handel mit Rüstungsgütern gezahlt werden. Das sind Transparency International zufolge über zwanzig Milliarden Euro jährlich. Es gibt Hinweise darauf, dass die wenigsten Rüstungsgeschäfte ohne Schmiergeldzahlungen vonstattengehen. Außerdem hat Transparency kürzlich die Anfälligkeit einzelner Staaten für Korruption im Rüstungssektor untersucht …«
    »Ich ahne Schlimmes.«
    Prinz lächelte flüchtig. »Algerien hat mit ein paar anderen afrikanischen und arabischen Ländern am schlechtesten abgeschnitten.«
    »Und wir?«
    »Wurden mit Australien am besten bewertet.«
    »Immerhin etwas. Wir sind unbestechlich! Wir nehmen kein Geld, wir geben nur, richtig?«
    »Das hat die Studie nicht untersucht.«
    »Nein, das tun die Staatsanwälte.«
    Prinz nickte. Staatsanwälte bei Meininger Rau, bei Heckler & Koch, bei ThyssenKrupp, bei Rheinmetall, bei EADS , Ulmer & Tann.
    »Ich fasse zusammen«, sagte die Staatssekretärin. »Es liegt nahe, davon auszugehen, dass auch bei dem Meininger-Rau-Deal mit Algerien illegal Geld geflossen ist.«
    »So ist es.«
    Die Staatssekretärin griff zum Telefon, sagte, während sie eine Kurzwahl eingab: »Man könnte fast meinen, Sie haben das vorbereitet.«
    »Ich bin immer vorbereitet, Frau Staatssekretärin.«
    »›Mona‹, falls wir gut durch diesen Mist kommen, ›Bastard‹, falls nicht.«
    Prinz stand lächelnd auf, wollte die Faust ballen, tat es nicht.

36
    ALGIER
    Der Jardin d’essai, Algiers grünes Schmuckstück, Mitte des 19.   Jahrhunderts vom Botanischen Garten zum Park gewachsen, mit Brunnen, Fontänen, Teichen, grandiosem Blick aufs Mittelmeer und die besiedelten Hügel. In der Allee der Drachenbäume ein paar wenige Spaziergänger, verschleierte Frauen mit Kindern, alte Männer. Amel saß auf einer Steinbank, dort, wo Eley sie vermutet hatte, wo sie sich vor dreieinhalb Jahren kennengelernt hatten. Ein Bein übergeschlagen, Kopftuch, Handtasche, Sonnenbrille mit großen, runden Gläsern, eine elegante, fast mondäne Araberin. So schien sie ein anderes Algerien zu repräsentieren als das heutige, eines der starken, freien Frauen. Und sie war stark, ihre Sehnsucht nach Sicherheit und Geborgenheit ließ ihn das manchmal vergessen. Sie hatte sich auf vermummte Mörder gestürzt, allein mit ihrer Mutter ein neues Leben in der Stadt aufgebaut, studiert. Hatte sich auf ihn eingelassen, den Nichtmuslim, den Ausländer.
    Als sie ihn bemerkte, stand sie auf.
    Sie wahrten Abstand, lächelten unbeholfen.
    »Ihr lasst das Zimmer überwachen?«
    »Nicht wir. Soudanis Leute in der DDSE .«
    Eley versuchte zu begreifen. Alles schien vorbereitet zu sein, nach einem bestimmten Plan zu verlaufen, Soudanis Plan. Hatte sich dieselben Gedanken gemacht wie er – Phil, der vielleicht nicht nur an die Armee verkaufen wollte. Falls Soudanis Leute das Zimmer durchsucht hatten, wusste auch er nun, dass Phil mit Madjer in Kontakt stand.
    »Soudani wird verlangen, dass du abgezogen wirst.«
    »Ja.« Eley zuckte mit den Schultern. »Vielleicht auch nicht.«
    Sie sahen sich schweigend an, nein, er sah dunkle Kunststoffflächen an und wusste nicht, wohin die Augen dahinter gerichtet waren.
    »Ich möchte alles vergessen«, sagte er, »alles, was nicht dich und mich betrifft. Mit dir sein. Allein.«
    Sie lächelte. »Essaouira, das war schön.«
    »Zu kurz.«
    »Ja, zu kurz.«
    »Ich möchte dich heiraten, Amel. Ich weiß nur nicht, wie das gehen soll. Wo.«
    Sie nickte, ohne etwas zu erwidern. Ihre Lippen waren angespannt, die Wangen zitterten, in den Brillengläsern erkannte er für einen Moment sich selbst. Er sah sie schlucken, den Atem anhalten. Langsam gewann sie die Fassung zurück.
    »Wir reden, wenn das vorbei ist.« Eine leichte Bewegung der Hand, das alles, Richter, Soudani, Toumi.
    »Ja«, sagte er.
    Kinder näherten sich, hüpfende, ärmlich

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