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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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nur aufgrund seiner Taten beurteilen«, sagte sie schließlich. »Er hat Zenia immer öfter besucht, wahrscheinlich häufiger, als er das Dinah wissen ließ. Vielleicht hat sie das herausgefunden. In diesem Fall wären Misstrauen ihrerseits und dann Angst im Spiel gewesen. Joel war ein sehr stiller Mann. Er hasste emotionale Szenen, wie das wohl bei den meisten Männern der Fall ist. Manche Frauen benutzen sie als Waffen – im Verborgenen natürlich, nie direkt. Und Dinah hatte einen Hang zum Dramatischen. Sie war sehr ichbezogen und fordernd. Manche schöne Frauen sind äußerst verwöhnt und begreifen nie, dass gutes Aussehen eine Gabe, aber auch eine Bürde ist. Man kann sich daran gewöhnen und sich mit der Zeit darauf verlassen.«
    »Und Zenia war … gewöhnlich?«, flocht Rathbone leise ein.
    Amity lächelte. »Und ob. Sie war nicht einfach, nur … Wie kann ich es sagen, ohne grausam zu sein? Sie war langweilig. Aber auch liebevoll und selbstlos. Vielleicht stellt das eine andere Art von Schönheit dar, eine, die mit der Zeit intensiver wird, wohingegen herrliche Farben und edle Züge häufig das Gegenteil erleiden. Man sehnt sich nach dem Gewöhnlichen, nach Ehrlichkeit, die keine Anstrengung kostet.«
    Herne starrte sie an, das Gesicht von tiefen Sorgenfalten durchfurcht. Gleichwohl verriet seine Miene nicht, was es war, das ihn bekümmerte.
    »Ich verstehe«, hörte sich Rathbone mit tonloser Stimme sagen. »War das, bevor ihn die Zurückweisung seiner Untersuchung in solche Nöte stürzte?«
    »Das haben wir doch längst besprochen«, fuhr Herne ihn an. »In seinem Bericht wimmelt es von Gemeinplätzen, was der Sache in keiner Weise angemessen war. Joel ließ sich dazu hinreißen, sich mit seinen Gefühlen auf die Tragödien einzulassen, was ja bei den meisten gewöhnlichen Leuten durchaus verständlich ist. Es wäre unmenschlich, kein Mitleid für eine Frau zu empfinden, die durch ein unglückliches Versehen ihr eigenes Kind getötet hat …« Er kniff schmerzlich berührt die Augen zu und sog zwischen den zusammengepressten Zähnen die Luft ein, um schließlich mit rauer Stimme fortzufahren: »Aber in einer wissenschaftlichen Studie haben solche Gefühle nichts zu suchen! Ich habe versucht, ihm das zu erklären, ihn darauf hinzuweisen, dass die Arbeit auf die wesentlichen Tatsachen und Zahlen zusammengestrichen werden müsste, die sich hätten messen und bewerten lassen. Auf dieser Grundlage hätten wir in aller Ruhe die nötigen Maßnahmen ergreifen können, um die Risiken zu mindern, ohne dabei übertrieben restriktiv vorzugehen und den rechtlich zulässigen Gebrauch von Medikamenten einzuschränken. Doch er wurde regelrecht … hysterisch. Er weigerte sich, auf uns zu hören.« Er blickte Amity an, als suchte er bei ihr eine Bestätigung.
    Und die erfolgte prompt. »Joel hatte jeden Bezug zur Realität verloren und schien nicht mehr er selbst zu sein. Wegen seines Mitgefühls für die Notleidenden habe ich natürlich immer Achtung vor ihm gehabt. Das haben wir alle. Aber sich in einen derart überreizten Zustand hineinzusteigern hilft dem eigenen Anliegen nicht! Wir haben es alle beide versucht …« Sie warf Herne einen Blick zu, und ihr Mann nickte eilfertig. »Aber wir konnten ihn nicht dazu bewegen, das viele Hörensagen aus seiner Untersuchung zu streichen und sich streng auf die Zahlen zu beschränken. Er hätte in jedem einzelnen Fall die persönlichen Umstände der Zeugen und natürlich auch ihre Adresse korrekt angeben müssen. Dazu fehlten ein Verzeichnis der benutzten Medikamente und eine Darstellung der Gutachten glaubwürdiger Ärzte und Gerichtsmediziner.«
    Rathbone staunte. Nach allem, was er bisher gehört hatte, war Lambourns berufliches Verhalten ganz anders gewesen. »Ich verstehe«, sagte er ernst. »Kein Gerichtshof würde Hörensagen als Beweismittel akzeptieren. Mir leuchtet ein, dass das Parlament ebenso wenig dazu bereit war. Glauben Sie, dass seine Gesundheit zu diesem Zeitpunkt schon beeinträchtigt war?«, fragte er, an Amity gewandt.
    Während sie die Antwort erwog, hörte Rathbone in der Stille Schritte über den Flur hallen und dann Stimmen.
    Amity schreckte hoch. Kerzengerade aufgerichtet verharrte sie regungslos auf ihrem Stuhl.
    Mit vor plötzlicher Unruhe versteinerter Miene erhob sich Herne langsam. »Mr Bawtry speist mit uns zu Mittag«, erklärte er etwas atemlos, an Rathbone gewandt. »Er hat gesagt, er würde kommen, falls ihm das möglich sei. Es tut mir

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