Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
der ihm öffnete, sprach er nur kurz, um sich zu bedanken und ihn zu bitten, keinen Besucher vorzulassen.
»Dinner, Sir?«, fragte der Butler einigermaßen besorgt.
Rathbone zwang sich zu etwas mehr Höflichkeit. Das hatte der Mann zweifellos verdient. »Eher nicht, vielen Dank. Aber falls ich es mir anders überlege, werde ich gern um ein paar Sandwiches oder eine Scheibe Kuchen bitten – was Mrs Wilton gerade vorrätig hat. Und in ein, zwei Stunden werde ich mir ein Glas Brandy genehmigen. Ich muss nachdenken. Zwar rechne ich nicht mit Besuch, aber falls doch jemand kommt, kann ich ihn nicht empfangen, außer es ist Mr Monk.«
Seine Worte vermochten Ardmore keineswegs zu beruhigen. »Fehlt Ihnen wirklich nichts, Sir Oliver? Sind Sie sicher, dass ich sonst nichts für Sie tun kann?«
»Danke, Ardmore, aber mir fehlt wirklich nichts. Ich muss eine wichtige Entscheidung zu diesem Fall treffen. Da brauche ich Zeit, um die richtige Lösung für eine Frau zu finden, die eines Mordes angeklagt ist, den sie nicht begangen hat. Zumindest glaube ich das. Dann geht es um die Frau, die auf extrem brutale Weise umgebracht wurde, womit meiner Meinung nach eine bestimmte Absicht verfolgt wurde. Außerdem um einen oder mehrere Männer, die diese Verbrechen verübt haben, und schließlich steht ein größeres Ganzes auf dem Spiel, nämlich die Rechtsprechung im Allgemeinen.«
»Sehr wohl, Sir.« Ardmore blinzelte. »Ich werde darauf achten, dass Sie nicht gestört werden.«
Fast eine ganze Stunde lang grübelte Rathbone darüber nach, ob er sich überhaupt vergewissern wollte, dass der junge Mann auf Ballingers Fotografie Pendocks Sohn war. Wenn er darauf verzichtete, sie zu verwenden, brauchte seine Identität gar nicht erst geklärt zu werden.
Handelte es sich aber tatsächlich um Hadley Pendock, stellte sich die Frage, wie er das Bild benutzen sollte. Gewiss nicht, um ein bestimmtes Urteil zu erzwingen. Für Rathbone stand unverrückbar fest, dass das ein unverzeihliches Unrecht wäre. Andererseits hatte Grover Pendock während des gesamten Prozesses in allen wichtigen Punkten gegen Dinah entschieden. Und jetzt versuchte er, die ganze Sache zu beenden, bevor Agatha Nisbet die Gelegenheit bekam auszusagen. Selbst wenn sie am Montag doch noch vor Gericht erschien, würde man ihr nicht gestatten, irgendetwas zu sagen, womit Herne, Bawtry oder sonst jemand bloßgestellt werden konnte, der die Morde an Joel Lambourn, Zenia Gadney und indirekt auch an Dinah Lambourn in Auftrag gegeben hatte.
Das durfte er nicht zulassen!
Es klopfte.
»Herein?«, rief er, verwundert, weil er tatsächlich froh über die Störung war, die er sich ausdrücklich verbeten hatte.
Ardmore trat ein. Er balancierte ein Tablett, beladen mit Roastbeef-Sandwiches und Mrs Wiltons köstlichen süßsauren Essiggurken in einer kleinen Schale. Ferner waren ein Stück Obstkuchen und ein Glas Brandy dabei.
»Für den Fall, dass Ihnen danach sein sollte«, kommentierte der Butler und stellte das Tablett auf dem Tisch neben Rathbone ab. »Möchten Sie vielleicht auch eine Tasse Tee? Oder Kaffee?«
»Nein, danke. Das hier ist wunderbar. Richten Sie doch bitte Mrs Wilton aus, dass ich für ihre Aufmerksamkeit sehr dankbar bin. Für Ihre übrigens auch. Sie können sich jetzt zurückziehen. Ich werde Sie heute nicht mehr benötigen.«
»Sehr wohl, Sir. Danke, Sir.« Ardmore verließ das Zimmer und schloss die Tür leise hinter sich. Auf dem Steinboden der Vorhalle entfernten sich seine Schritte in Richtung Küche.
Er griff nach dem ersten Sandwich. Ein paar Minuten Pause vom Grübeln taten ihm gut, und auf einmal merkte er, wie hungrig er war. Das Sandwich war frisch, und die Essiggurken schmeckten köstlich. Er verzehrte eines, dann noch eines und schließlich ein drittes.
Hatte sich Arthur Ballinger am Anfang seiner Laufbahn als das gesehen und empfunden, was er tatsächlich geworden war: ein schmutziges Werkzeug bei der Rettung eines unschuldigen Menschen? Von welchem Nutzen war ein Anwalt, wenn er sich mehr um seine Ruhe vor moralischen Skrupeln sorgte als um das Leben seines Mandanten? Falls Rathbone die Fotografie von Hadley Pendock benutzte – vorausgesetzt, er war es tatsächlich –, würde er sich danach schmutzig fühlen. Richter Pendock würde ihn hassen. Natürlich würde er niemandem verraten, welchen Mittels Rathbone sich bedient hatte, doch vielleicht würde er keinen Hehl daraus machen, dass es in der Tat ungewöhnlich war und gewiss nichts,
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