Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
»Und Sie haben natürlich auch Erfahrung mit seinen Wirkungen nach der Heilung?«
Coniston blickte verwirrt drein, hatte allerdings bisher auf eine Unterbrechung verzichtet. Die würde aber sicher jeden Moment erfolgen.
»Natürlich«, bestätigte Agatha.
»Suchte Dr. Joel Lambourn Sie in diesem Zusammenhang in den letzten Wochen seines Lebens auf? Das müsste vor drei, vier Monaten gewesen sein.«
»Ja. Er hat mich nach der Qualität von Opium gefragt und ob ich weiß, wie man die Leute damit behandelt, ohne ihnen eine Überdosis zu verabreichen.«
Jetzt hielt es Coniston nicht länger auf seinem Stuhl. »Mylord, hat das irgendeine Relevanz? Mein verehrter Freund legt es doch sicher nicht darauf an, die Leistungen dieser Frau bei der Linderung der Qualen Schwerverletzter zu schmälern, nur weil sie vielleicht keine medizinische Ausbildung hat, oder täusche ich mich da? Falls Lambourn allerdings tatsächlich genau das vorhatte, ist es kein Wunder, dass die Regierung es für ratsam erachtete, seine Studie zu unterdrücken.«
Aus der Zuschauergalerie erhob sich zustimmendes Gemurmel.
Pendock wirkte unentschlossen. Er blickte zwischen Coniston und Rathbone hin und her.
Rathbone ergriff das Wort. »Nein, Mylord, ich beabsichtige gerade das Gegenteil! Ich versuche im Moment, Miss Nisbets Qualifikation und ihre Hingabe hervorzuheben und zu zeigen, dass sie mit dem Opiummarkt vertraut ist und darum eine natürliche Informantin für Dr. Lambourn darstellte, die er möglicherweise eingehend befragte.«
»Fahren Sie fort«, sagte Pendock erleichtert.
Coniston setzte sich. Seine Verwirrung nahm zu.
Rathbone wandte sich wieder an Agatha Nisbet. »Miss Nisbet, das Gericht muss wohl nicht sämtliche Details Ihrer Gespräche mit Dr. Lambourn über den Erwerb und die Verfügbarkeit von Opium hören, noch wird es Wert darauf legen zu erfahren, mit welchen Methoden Sie seine Qualität feststellen. Ich werde davon ausgehen, dass Sie eine Expertin sind, und möchte Seine Lordschaft bitten, Ihren offensichtlichen Erfolg bei der Behandlung Verletzter als hinreichenden Beleg zu werten.« Er blickte Pendock an. »Mylord?«
»Akzeptiert«, erklärte der Richter. »Bitte kommen Sie nun zum Zweck der Befragung Ihrer Zeugin hinsichtlich des Todes von Zenia Gadney.«
Coniston lehnte sich entspannt in seinem Stuhl zurück.
»Danke, Mylord«, sagte Rathbone würdevoll. Er hob den Blick wieder zu Agatha. »Worüber wollte sich Dr. Lambourn bei Ihnen erkundigen, Miss Nisbet?«
»Über Opium. Und da vor allem, wer es womit verschnitten hatte, damit es nicht mehr rein war. Also hab ich ihm erklärt, wie der Handel funktioniert. Er hat genau aufgepasst, der arme Teufel.« Eine dunkle, unergründliche Regung überschattete ihr Gesicht. »Ich hab ihm alles gesagt, was ich darüber wusste.«
»Auch über den Transport von Opium mit Schiffen und wie es in den Londoner Hafen gelangt?«
»Das war gleich das Erste, was er wissen wollte.«
»Und danach?«
Erneut protestierte Coniston. »Mylord!«
»Setzen Sie sich, Mr Coniston«, sagte der Richter. »Wir müssen der Verteidigung gestatten, auf ein Argument von einer gewissen Relevanz hinzuarbeiten, die, wie ich annehme, nicht mehr lange auf sich warten lässt.«
Coniston setzte sich. Er hatte mit Pendocks Unterstützung gerechnet, schien aber bereit, fürs Erste zurückzustecken.
Rathbone unternahm einen neuerlichen Anlauf. »Ich darf annehmen, dass Sie ihm den Transport nicht in allen Details erklärt haben, Miss Nisbet? Die dürften in der Tat keinerlei Bezug zu Zenia Gadneys Tod haben oder zu seinem eigenen, den er scheinbar selbst herbeiführte.«
»Natürlich nich’!«, schnaubte sie verächtlich. »Ich hab ihm alles gesagt, was ich über die neue Methode weiß, Opium von bester Qualität mit ’ner Nadel zu spritzen. Das wirkt bei Schmerzen schneller und nachhaltiger. Das Problem is’ nur, dass es höllisch schwer is’, davon wieder loszukommen, wenn es abgesetzt werden muss. Je länger man es genommen hat, desto schwerer wird das. Kann Wochen oder noch länger dauern, und manche können überhaupt nich’ mehr aufhören. Dann sind sie ihr Leben lang davon abhängig. Und würden sogar ihre Mutter für eine Dosis verkaufen.«
Jetzt kannte Coniston kein Zögern mehr. Er war schon fast bis zum Richterpult gestürmt, als er rief: »Mylord! Wir haben längst festgestellt, dass bei ungebildeten oder nicht aufgeklärten Personen der Missbrauch von Opium und wahrscheinlich jedem
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