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Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)

Titel: Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Eindrucks wegen ausgewählt worden.
    Monk lächelte unwillkürlich, bis Runcorn seine Aufmerksamkeit etwas verlegen wieder auf das anstehende Thema lenkte.
    »Das sind die Aufzeichnungen, die ich damals geführt habe.« Er reichte Monk eine Mappe mit säuberlich beschrifteten Papierbögen.
    »Danke.« Monk beugte sich sogleich darüber und las.
    Unterdessen brachte Melisande den Tee, heißen Toast und Törtchen und war so rücksichtsvoll, sie gleich wieder mit einer kurzen, freundlichen Bemerkung zu verlassen. Beide Männer begannen zu essen.
    Runcorn wartete in geduldigem Schweigen, bis Monk alles gelesen hatte und aufblickte.
    Als sie sich nun über den Fall unterhielten, benahm sich Monk so, als wäre nichts Außergewöhnliches zwischen ihnen geschehen. Er konnte ja auch schlecht eine Bemerkung über die Veränderungen in dem Mann ihm gegenüber abgeben, über seinen inneren Frieden, der ihm sein Leben lang gefehlt hatte, aber sich jetzt auf so beeindruckende Weise in seiner ganzen Erscheinung zeigte. An die Anfänge ihrer Freundschaft konnte sich Monk ebenso wenig erinnern wie an die Umstände, unter denen sie sich in bittere Rivalität verwandelt hatte. Das alles gehörte zu dem verlorenen Teil seiner Vergangenheit. Doch er hatte genügend Hinweise auf seine eigenen Eigenschaften erhalten – seine Schroffheit, seine spitze Zunge, seinen ätzenden Sarkasmus, sein gepflegtes Äußeres und seine geschliffenen Umgangsformen –, mit denen Runcorn nicht hatte mithalten können. Runcorn war eher linkisch gewesen, hatte stets in Monks Schatten gestanden und mit jedem Patzer weiter an Selbstvertrauen verloren.
    Doch nichts davon hatte jetzt noch etwas zu bedeuten. Runcorn hatte all das abgelegt wie einen nicht passenden Mantel. Und Monk freute sich so aufrichtig für ihn, wie er das früher nie für möglich gehalten hätte. Wahrscheinlich würde Monk nie erfahren, wie Runcorn um die schöne, anmutige Melisande mit ihren vollendeten Manieren geworben und sie am Ende gewonnen hatte. Aber das war auch gar nicht wichtig.
    »Sie haben Lambourn am Fundort gesehen?«, fragte er Runcorn.
    »Ja. Zumindest hat die Polizei die Stelle als Fundort bezeichnet.«
    Monk bemerkte bei seinem Kollegen ein Zögern. »Sie haben Zweifel? Warum?«
    Langsam formulierend, als rekonstruierte er die Szene in Gedanken Stück für Stück, erklärte Runcorn: »Er saß leicht zur Seite geneigt, als hätte er das Gleichgewicht verloren. Er lehnte gegen den Baumstamm, seine Hände ruhten auf der Erde, der Kopf hing seitlich herunter.«
    »Würde man denn nicht genau das erwarten?«, fragte Monk mit einem Anflug von Skepsis. »Was bringt Sie darauf, dass man ihn dorthin geschafft haben könnte?«
    »Zunächst war das nichts als ein Gedanke, weil seine Haltung einfach unbequem schien. Ich habe zwar nicht viele Selbstmorde gesehen, aber diejenigen, die sich das Leben auf relativ schmerzfreie Weise genommen haben, wirkten … entspannt. Würden Sie sich vor einer solchen Tat unbequem hinsetzen?«
    »Ein Sturz vielleicht?«, regte Monk an. »Wie Sie gesagt haben, ist er umgekippt, als seine Kraft verebbte.«
    »Seine Handgelenke und Unterarme waren mit Blut bedeckt«, Runcorn verzog bei der Erinnerung daran das Gesicht. »Auch die Hose hatte vorn an den Oberschenkeln Spritzer abbekommen, aber noch mehr war auf dem Boden.« Er richtete die Augen auf Monks Gesicht. »Der Boden war mit Blut getränkt. Aber kein Messer weit und breit! Mir wurde gesagt, er müsse es irgendwohin geschleudert haben oder noch ein Stück weit getorkelt sein, ehe es ihm aus den Händen fiel. Aber zu der Stelle, wo er kauerte, führte keine Blutspur. Und wozu, um alles auf der Welt, sollte man ein Messer von sich schleudern, nachdem man sich die Pulsadern geöffnet hat? Hätten Sie dann noch die Kraft, es zu halten oder gar so weit zu werfen, dass niemand es findet?«
    Monk versuchte, sich die Situation vorzustellen – vergeblich. »Wie spät war es?«, wollte er wissen.
    »Früher Vormittag. Ich traf gegen neun Uhr ein.«
    »Wer immer ihn entdeckt hat, muss demnach sehr früh dort gewesen sein«, bemerkte Monk. »Vielleicht um sieben Uhr. Was könnte er so früh an einem Oktobermorgen auf dem One Tree Hill getrieben haben?«
    »Spaziergang«, meinte Runcorn. »Ertüchtigung. Hatte schlecht geschlafen und wollte einen klaren Kopf bekommen, bevor der Tag anfing. So hat er es uns erklärt.«
    »Könnte er das Messer eingesteckt haben?«
    »Da müsste er schon übergeschnappt sein«,

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