Ein Pakt mit dem Teufel: Roman (German Edition)
Die Fakten sprechen eindeutig gegen sie. Aber die ganze Angelegenheit ist voller Unklarheiten, und es geht um sehr viel mehr als nur um Gerechtigkeit für Zenia Gadney.«
Runcorns Augen weiteten sich. »Nur ?«
Monk machte keine Anstalten, seine Wortwahl zu verteidigen. »Auch um Gerechtigkeit für Dinah Lambourn und Joel Lambourn – und um die Frage des Arzneimittelgesetzes.«
Runcorn runzelte verdattert die Stirn. »Joel Lambourn? Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr.«
Monk klärte ihn auf. »Dinah sagt, er hätte sich nicht das Leben genommen, sondern wäre ermordet worden. Der Grund sei seine wissenschaftliche Untersuchung über den Verkauf von Opium und den Schaden, den es anrichtet, insbesondere die Todesfälle unter Babys und Kleinkindern. Sie behauptet, seine Mörder hätten auch Zenia Gadney umgebracht und den Verdacht auf Dinah gelenkt, um zu verhindern, dass sie Fragen zu seinem Tod stellt oder zu großes Interesse an seiner Untersuchung weckt. Diese scheint übrigens verschwunden zu sein – und zwar sämtliche Kopien mitsamt den Notizen.«
Runcorn unterbrach ihn nicht, sondern lauschte ihm mit leicht vorgebeugtem Oberkörper. Er wirkte nach wie vor verwirrt und angespannt.
»Und wenn seine Affäre mit Zenia Gadney ans Tageslicht kommt, was sich wohl kaum vermeiden lässt«, fuhr Monk fort, »dann wird sie natürlich auch ein perfektes Motiv für seinen Selbstmord liefern.« Er beobachtete Runcorns Gesicht und bemerkte den Ausdruck des Abscheus, des Zorns und vor allem des Mitgefühls. Das war ein Runcorn, wie er ihn gar nicht kannte, ein Mann voller Sanftmut. Lag das daran, dass Runcorn sich verändert hatte, oder an einem Wandel in Monk selbst, von dem er erst jetzt erkannte, dass er sich schon vor Langem vollzogen hatte?
Runcorn überlegte lange, ehe er antwortete. Mit wohlabgewogenen Worten, die Augen fest auf Monks Gesicht gerichtet, gestand er dann: »Ich war nie wirklich glücklich über das Urteil zu Lambourn. Ich wollte den Fall gründlich untersuchen und sämtliche losen Enden verknüpfen.« Er schüttelte den Kopf. »Nicht dass ich irgendeine Lösung sehen konnte. Er saß dort ganz allein auf der Erde, mit dem Rücken an den Baum gelehnt, den Oberkörper halb zur Seite gekippt. Seine Pulsadern waren aufgeschnitten, und er war mit Blut bedeckt. Seine Kleider ebenfalls. Ich weiß gar nicht, warum ich so genau hinschauen wollte. Ich fand einfach, dass es entsetzlich ist, wenn ein Familienvater sich so etwas antut.« Er stockte, als müsste er einen Anlauf nehmen für das, was er als Nächstes sagen wollte.
Monk fragte sich, ob Runcorn sich als Junggeselle überhaupt in die Lage eines Mannes versetzen konnte, dessen Frau ihn auf eine Weise liebte, wie Dinah Lambourn ihren Mann geliebt hatte. Doch es wäre nur plump und unnötig grausam, ihn darauf hinzuweisen.
»Die Regierung wollte die ganze Angelegenheit so schnell wie möglich abschließen«, fuhr Runcorn fort. »Es hieß, Lambourns Studie wäre ein heißes Eisen und er hätte sich eine Reihe schwerer Fehleinschätzungen geleistet. Welche das waren, kann ich nicht beurteilen. Wie ich es verstanden habe, sammelte er Fakten über den Import und Verkauf von Opium, über die Stellen, wo es erhältlich ist, und über die Art und Weise der Etikettierung. Inwieweit kann man da ein Urteil fällen?«
»Das weiß ich nicht«, gab Monk zu. »Vielleicht bezüglich der Anzahl von Beweisen, die er benötigte, um eine persönliche Geschichte zu akzeptieren? Ob die Unterlagen von Ärzten korrekt zitiert und ordnungsgemäß aufbewahrt wurden? Hat man sich näher dazu geäußert?«
»Nein. Nur, dass die Akte um seines Rufs und seiner Familie willen so schnell und mit so wenig Aufhebens wie nur möglich geschlossen werden müsse. Auch wenn ich über die Details wirklich nicht glücklich war, konnte ich die Wünsche der Regierung nachvollziehen und sah auch selbst, dass Schonung angebracht war. Haben Sie denn den Verdacht, dass die Verantwortlichen in der Regierung sich selbst schützen wollen, nicht seine Frau?«
»Ich bin mir nicht sicher.« Monk sah sich gezwungen, mit offenen Karten zu spielen. »Aber ich brauche Gewissheit. Haben Sie jemals in diese Studie Einsicht genommen?«
»Nein. Die von der Regierung haben sein Haus durchsucht. Ich war nicht daran beteiligt. Die Studie dürfte ohnehin Eigentum der Regierung sein. Sie hat sie in Auftrag gegeben und bezahlt. Es hieß, die Ergebnisse beruhten auf Emotionen statt auf einer
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