Ein Paradies der Sinne
erschien früh am nächsten Morgen. Er sah aus wie ein Dressman in seinem elegant geschnittenen marineblauen Zweireiher. Als er Amys Tasche in der Diele stehen sah, zog er eine seiner dunklen Augenbrauen hoch und strahlte sie hocherfreut an.
„Lass uns gehen, Liebling“, sagte er und bückte sich, um ihr Gepäck aufzunehmen. Mimi strich an seinem linken Bein entlang und schnurrte. „Ich nehme an, du hast jemanden, der sich um die Katze kümmert.“
„Mrs Ingallstadt, meine Nachbarin, wird Mimi versorgen“, erklärte Amy geistesabwesend. Es fiel ihr immer noch schwer zu glauben, dass sie einem so spontanen Impuls folgte und alles stehen und liegen ließ, um mit Harry zu verreisen. Sie war stets eine besonnene und gewissenhafte Frau gewesen, eine, die ihre Bankbücher auf den Cent genau nachprüfte und nichts dem Zufall überließ.
Mit irritierender Gelassenheit ließ Harry den Blick über ihr schlichtes Kleid aus Baumwolljersey gleiten. „Hm, nun, dann nichts wie los!“
Auf der Fahrt zum Flughafen nagte Amy nervös an ihrer Unterlippe. Ab und zu griff sie sogar nach dem Türgriff von Harrys Mietwagen, in dem verzweifelten Verlangen, doch noch abzuspringen.
Harry schien sich darüber sehr zu amüsieren.
„Ich nehme an, du bist es gewöhnt, dass Frauen so was machen“, sagte Amy in schneidendem Ton. Sie klammerte sich an ihre Wut, als handle es sich um einen Rettungsring.
Harry lachte. „Was, mein Schatz?“, fragte er und hielt neben einem Silber glänzenden Jet, der vor einem Privathangar stand.
„Das sieht mir überhaupt nicht ähnlich“, klagte Amy, nachdem Harry ihr die Tür geöffnet hatte, um ihr aus dem Kleinbus herauszuhelfen.
Er gab ein tiefes Brummen von sich und gab ihr einen hauchzarten Kuss auf die Lippen. „Ich weiß“, sagte er. „Gerade das ist es ja, was dich so umwerfend sympathisch macht.“ Ernst sah er sie an, dann wandte er den Blick von ihr ab und seufzte.
In diesem Moment wurde Amy klar, dass Harry das, was zwischen ihnen passierte, genauso wenig recht war wie ihr selbst.
Alles in allem tat diese Erkenntnis dennoch weh.
Der Pilot war schon vor ihnen eingetroffen und bereits damit beschäftigt, das Flugzeug noch einmal auf Herz und Nieren zu prüfen, wie vor jedem Start üblich. Währenddessen führte Harry Amy durch das Flugzeug. Er zeigte ihr das geräumige Wohnabteil und die kleine, kompakte Bordküche, die sich in der Ecke hinter einem Vorhang befand, und Amy war begeistert von den geschmackvollen, weich gepolsterten Ledersesseln, die sich auf ihren glänzenden Chromfüßen drehen ließen. Sogar eine gut bestückte Bar war vorhanden, aber sie reizte Amy nicht. Allein bei dem Gedanken, in schwindelnder Höhe Alkohol zu trinken, wurde ihr ganz schummrig zumute.
„Da hinten befinden sich zwei Badezimmer“, erklärte Harry weiter und deutete in die breite Diele am Ende des Wohnabteils. „Such dir eines aus.“
Für Amy war die Neugier eine willkommene Ablenkung. Sie schlenderte in die Diele und warf einen Blick in die beiden Bäder. Obwohl ihr Vater Herzspezialist war und sie nie Armut gekannt hatte, beeindruckte sie der Luxus aus Glas und Marmor.
Harry ging mit dem Koffer an ihr vorbei durch eine dritte Tür, hinter der sich zweifellos das Schlafzimmer befand. Der Raum zog Amy magisch an, und es kostete sie einige Überwindung, der Versuchung zu widerstehen. Sie ging ins Wohnzimmer zurück.
Als Harry wiederkam, stand sie hinter einem der eleganten Sessel und hielt das weiche Rückenpolster fest umklammert. Nervös lächelte sie ihn an. „Du hast vielleicht nette Badezimmer.“ Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, hätte sie sie am liebsten sofort zurückgenommen, so dumm klangen sie.
Harry lachte kurz. „Ja.“ Er wurde ernst und ließ langsam den Blick über sie schweifen – voller Arroganz und doch auch mit einer gewissen Ehrfurcht.
Amy hatte das Gefühl, bis auf die Haut ausgezogen zu werden. Ihre ganze Umgebung schien von einer geheimnisvollen, unbändigen Kraft in Schwingungen versetzt zu werden – einer Kraft, die von Harry selbst ausging.
Die Bordsprechanlage ersparte ihr einen weiteren Kommentar, und das war gut so. Denn eine Welle leidenschaftlicher Fantasien machte es ihr unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen.
„Ich bin die Checkliste durchgegangen, Sir“, verkündete die Stimme des Piloten. „Es ist alles in Ordnung. Wir haben soeben die Startfreigabe erhalten.“
Harry ging zur Bar hinüber und drückte auf einen Knopf neben dem
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