Ein Paradies der Sinne
sie war zu erschöpft von der Reise, um diesem Gefühl nachzugeben. Wollte sie Harry lieben, so würde sie ihm glauben müssen.
„Ich liebe dich“, sagte sie.
Harry küsste sie, bis ihre Knie nachgaben und ihr Herz zu rasen begann. „Und ich liebe dich“, entgegnete er mit tiefer Stimme.
Nachdem er gegangen war, rief Amy zuerst die Nummer in Kansas an, die Louise ihr gegeben hatte. Sie sprach mit Oliver und Ashley, denen die Familienfeier viel Spaß zu machen schien, erwähnte jedoch nichts von ihrer eigenen Reise oder der bevorstehenden Hochzeit. Das waren Dinge, über die sie lieber persönlich mit Louise sprechen wollte.
„Großvater sagt, wir sind am Dienstag wieder zu Hause“, erklärte Ashley. „Ich bringe dir was ganz Tolles mit!“
Amy lächelte. Sicher hatten die Kinder ganze Souvenirläden geplündert. „Darauf freue ich mich schon sehr.“
Nachdem sie sich verabschiedet hatte, wählte Amy die Nummer ihrer Freundin Debbie.
„Was soll das heißen, du bist mit Harry Griffith nach Australien geflogen?“, legte Debbie los, kaum dass die Telefonistin des Krankenhauses Amy durchgestellt hatte.
Amy setzte sich auf die Kante ihres Schreibtischs und wickelte sich die Schnur des Telefonhörers um den Zeigefinger. Lächelnd antwortete sie: „Er hat um meine Hand angehalten – und ich habe ja gesagt.“
Debbie stieß einen Freudenschrei aus, doch dann schien sie Bedenken zu hegen. „Warte mal, du kennst ihn doch kaum.“
„Ich kenne ihn gut genug“, gab Amy ruhig zurück. „Was ist denn mit dir passiert? Hattest du mir nicht dauernd gepredigt: ‘Amy, du musst die Vergangenheit hinter dir lassen und dein Schicksal selbst in die Hand nehmen’?“
Debbie seufzte. „Das klang auch ganz gut in der Theorie. Liebst du ihn denn?“
„Von ganzem Herzen.“
„Ich komme gleich rüber. Dann gehen wir eine Pizza essen. Das musst du mir alles mal genau erzählen …“
„Nein“, unterbrach Amy sie. „Nicht heute Abend. Ich komme gerade vom anderen Ende der Welt, und ich bin völlig geschafft. Ich werde mir jetzt noch eine Suppe warm machen, schön heiß baden und dann in mein Bett krabbeln.“
„Na gut. Dann unterhalten wir uns eben morgen“, sagte Debbie. „Ihr habt aber doch nicht etwa vor, nach Australien zu ziehen, oder?“
„Wir werden uns nur einen Teil des Jahres dort aufhalten“, antwortete Amy. „Tschüs, Debbie.“
Ehe ihre Freundin protestieren konnte, legte Amy auf. Sie hatte kaum mehr die Kraft, noch etwas zu kochen, doch sie wusste, sie musste etwas essen. Nachdem sie einen halben Teller Hühnerbrühe gegessen hatte, stieg sie müde die Treppe hinauf und gönnte sich das Bad, das sie sich versprochen hatte, zog sich anschließend ein Nachthemd über und ließ sich ins Bett fallen.
„Es wird aber auch Zeit, dass du nach Hause kommst“, sagte Tyler, der, wie schon einmal, am Ende ihres Bettes stand, einen Fuß lässig auf die Bettkante gestellt. „Wo bist du gewesen?“
Er sah großartig aus, genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte. „Ich war in Australien – mit Harry Griffith“, antwortete Amy und war im selben Augenblick über sich selbst erstaunt. Sie hatte keinen Moment gezögert, ihm dies zu beichten.
Tyler wandte sich für einen Moment ab.
„Tyler?“
Er drehte sich langsam wieder zu ihr um und hielt eine Hand hoch. „Ist schon gut, Amy. Ich wusste, dass du und Harry zusammenkommen würdet. Es sollte so sein. Aber es fällt mir trotzdem noch etwas schwer, dich gehen zu lassen.“
Amys Kehle war wie zugeschnürt, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Das sagst ausgerechnet du! Dich zu verlieren, war das Schlimmste, was mir je passiert ist, Tyler. Hätte ich dich auch nur einen Augenblick länger hierbehalten können, hätte ich das getan.“
Auch Tylers Augen glänzten verräterisch. „Wo sind die Kinder? Geht es ihnen gut?“
Amy atmete tief ein und hielt die Luft einen Moment an, bis sie ihre Fassung wieder errungen hatte. „Sie sind mit deinen Eltern in Kansas. Ich habe mit ihnen gesprochen. Sie scheinen glücklich zu sein.“ Sie liebte Harry, und sie wusste, ihn zu heiraten, war die richtige Entscheidung. Doch Tyler war ihre erste Liebe gewesen, und er war der Vater ihrer Kinder. Es würde nicht leicht sein, sich endgültig von ihm zu verabschieden.
„Werde ich dich irgendwann noch einmal wiedersehen?“, fragte sie leise und krallte sich dabei an der Bettdecke fest, wie an einem Rettungsring.
„Es mag sein, dass unsere Wege sich
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