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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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ich nüchtern bin, bin ich nicht mehr hier.«
    Marlen seufzte und schob sich an ihm vorbei. Er wollte ihr den Weg versperren, aber dazu war er zu wenig sicher auf den Beinen.
    Marlen zündete sich eine Zigarette an und stellte sich vor seinen Schreibtisch. Ihr linker Unterarm stützte den Ellbogen ihrer Rechten, mit der sie die Zigarette auf Mundhöhe hielt.
    »Also, was willst du wissen?«
    »Als ich im Krankenhaus war, hast du da mit Jäger gebumst?«
    »Nein. Nächste Frage.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    »Weshalb ging er dann hier ein und aus?«
    »Ging er nicht.«
    »Ging er doch. Ich habe Zeugen.«
    »Wenn du es genau wissen willst: Er war ein einziges Mal hier.«
    »Zum Fachsimpeln?« Die Frage kam ihm bekannt vor.
    »Es ging mir nicht gut. Lucas war sehr nett. Er hat sic h ein wenig um mich gekümmert.«
    »Seine Spezialität.«
    »Nicht so.«
    »Wie dann?«
    Sie drückte die Zigarette aus, nahm die Reisetasche, die sie für das Wochenende gepackt hatte, und ging damit ins Schlafzimmer.
    Fabio folgte ihr. Sie begann, die Tasche auszupacken.
    »Ich weiß, was los ist.« Marlen schwieg.
    »Lucas hat mir meine Story geklaut.«
    Marlen warf die schmutzige Wäsche in den Wäschekorb.
    »Und du warst ihm dabei behilflich.«
    Sie nahm ihren Schminkbeutel aus der Reisetasche und verstaute die Tasche im Schrank.
    »Ich war einer großen Sache auf der Spur. Als Lucas merkte, daß ich mich an nichts mehr erinnerte, hat er mir die Unterlagen geklaut und alle Daten, die damit zusammenhingen, gelöscht. In der Redaktion und hier.«
    Marlen setzte sich auf den Hocker vor dem Schminktisch und blickte ihn an.
    »Du hast ihn hier hereingelassen und gesagt: ›Bitte sehr, hier ist sein Schreibtisch, bedien dich.‹«
    Marlen schwieg noch immer.
    »He! Ich habe dich etwas gefragt!« Es geriet ihm etwas laut.
    »Du machst mir angst«, sagte Marle n leise.
    »Glaubst du, ihr macht mir nicht angst?« Immer noch zu laut.
    Fabio machte einen Schritt und streckte die Hand aus. Marlen hielt sich schützend die Arme vors Gesicht.
    »Ich schlage keine Frauen!« schrie Fabio. Er ergriff die Schublade des Schminktisches, zog sie heraus, faßte hinein und hielt ihr sein Handheld vor die Nase. »Da!« war das Originellste, was ihm dazu einfiel.
    Marlen fing an zu weinen.
    »Heul nicht. Wenn einer Grund zum Heulen hat, bin ich das.« Aber Marlen heulte. Eine Weile stand Fabio da und schaute zu, wie sie zusammengesunken auf dem Hocker saß und von Schluchzern geschüttelt wurde. Entweder mußte er sie jetzt trösten oder den Raum verlassen.
    Er verließ den Raum.
    Fabio erwachte, weil ihn eine Lampe blendete. Er lag auf dem Sofa. Draußen war es dunkel. Marlen hatte Licht gemacht und saß auf dem Sofarand. Sie sah gefaßt aus. Erst als er sich an die Helligkeit gewöhnt hatte, fiel ihm auf, daß sie rote Augen hatte.
    »Lucas hat es für dich getan.«
    »Was?«
    »Du hattest dich in eine Sache verbissen, die dir geschadet hätte.«
    »Das hat er gesagt?« Marlen nickte.
    »Und um mich vor mir zu schützen, hat er meine Unterlagen geklaut und meine Daten und Termine und Bänder gelöscht?« Fabio richtete sich auf.
    »Er hat gesagt, nicht viele Leute hätten die Chance, einen Fehler aus ihrer Biographie zu löschen.«
    »Hat er dir auch gesagt, um was für einen Fehler es sich handelte?«
    »Nur, daß die Sache dir enorm schaden würde.« Fabio stand auf. »Mir und eventuell deinem Arbeitgeber LEMIEUX?«
    Marlen antwortete nicht.
    »Hat er LEMIEUX erwähnt?«
    »Das war nicht ausschlaggebend. Ich habe es wegen dir getan.«
    »Ach! Alle sind so besorgt um mich. Ich bin ja so gerührt!« Fabio war wieder laut geworden.
    Marlens Augen füllten sich erneut mit Tränen. Fabio nahm sich eine Zigarette und bot ihr eine an. Er gab ihr und dann sich Feuer. »Bist du so naiv?«
    Sie hob die Schultern.
    »Du kannst doch nicht im Ernst glauben, daß du damit deine Bosse schützt. Lucas hat die Geschichte geklaut, um sie selbst zu bringen.«
    »Weshalb hat er es dann nicht schon längst getan?«
    »Vielleicht fehlen ihm noch Fakten, vielleicht wartet er den richtigen Zeitpunkt ab, was weiß ich. Aber er wird sie bringen, darauf kannst du dich verlassen. Heute hat er schon Chefredakteur gespielt.« Fabio nahm den etwas mitgenommenen SONNTAG-MORGEN vom Schreibtisch und hielt ihr das editorial unter die Nase. Sie schaute gar nicht hin.
    »Und weshalb hast du mein Handheld versteckt, wenn die Daten sowieso gelöscht waren?«
    »Dann hättest du es

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