Ein Pirat zum Verlieben
man einer Schauspielertruppe beitritt«, stellte sie fest und starrte auf das unglaubliche Sortiment an Kleidungsstücken, die sorgfältig ausgebreitet auf dem Bett lagen. »Improvisieren und anpassen leicht gemacht.«
Ein altmodisches Kleid, Korsett, Strümpfe, Berge von Unterröcken – und Tess hatte nicht die leiseste Ahnung, wie sie ohne weibliche Hilfe in diese Sachen kommen und drinnen bleiben sollte. Nun, es war sicher leichter, als in einem schmalen Sitzbad mit nicht mehr als einem Krug lauwarmem Wasser derbe Seife aus dem Haar zu spülen. Aber sie war nach wie vor die einzige Frau an Bord eines Schiffs mit über hundertachtzig Männern. Und es war das Schiff – eine Nachbildung, hatte sie gefolgert, etwa in der Art der Schiffe, die die Marineakademie für die Ausbildung von Fähnrichen benutzte –, das sie sehen wollte. Und Richmond. Duncan hatte ihr erzählt, dass der Delfin sich seit ihrer Rettung nie weit vom Bug entfernt hatte.
Auf gut Glück versuchen, entschied sie und studierte das Durcheinander von Seide, Spitzen und Rüschen, bevor sie in ein Hemd schlüpfte. Wirklich schrecklich viel Kleidung für dieses Wetter, fand sie, während sie das Korsett anlegte, die durchsichtigen altmodischen Unterhosen anzog und dann den Spitzenunterrock um ihre Taille band. Sie fühlte sich seltsam in den Sachen, zart und weiblich, und das war für jemanden, der einen Großteil seines Lebens in Gymnastiktrikots und Trainingsanzügen verbracht hatte, völlig neu. Sie ließ sich auf das Bett fallen und streifte einen Strumpf über ihren Fuß. Die Strümpfe waren schwer im Vergleich zu Strumpfhosen, hatten eine Naht und reichten knapp bis zu den Oberschenkeln. Die Strumpfbänder waren ein duftiges Nichts aus Spitzen und Schleifchen. Sexy. Sie stieg in das Kleid und schob ihre Arme in die Ärmel. Es war schwer und lief hinten in weiten, wogenden Stoffbahnen aus. Tess schaute über die Schulter auf das Gebilde, das auf der Truhe lag. Vermutlich ein Reifrock, um den Stoff zu halten, wie bei Scarlett O’Haras Kleidern. Es kam nicht in Frage, dass sie sich in dieses Ding zwängte. Nicht einmal für den Ersten Akt. Sie war außer Atem und verschwitzt von der Anstrengung, die obersten Haken im Rücken des Kleides zu schließen. Seufzend blies sie eine Haarsträhne aus dem Mund, als sie in weiche Lederschuhe schlüpfte. Was würde sie für ein T-Shirt und abgeschnittene Jeans geben! Dann erhaschte sie einen Blick auf ihr Spiegelbild und hielt inne. Das Kleid sieht aus, als würde es Glinda, der guten Fee des Nordens, gehören, dachte sie mit einem Lächeln, während sie den duftigen altrosa Musselin betrachtete, der mit silbergrauer Spitze besetzt war. Der weite Rock fiel vorne auseinander, um den Blick auf den mit rosa Schleifen verzierten Unterrock freizugeben, und lief vorne und hinten zu einer schmalen Taille zusammen. Steife Spitzenrüschen umrahmten den Ausschnitt und Tess zerrte an dem knappen Stoff, um das Dekolleté zu verhüllen, das er freigab. Sieht aus, als würde ich mich auf einem Tablett mit Spitzendeckchen präsentieren, stellte sie trocken fest und betrachtete seufzend die großzügig zur Schau gestellte Haut. Das oder gar nichts, entschied sie und zupfte an dem Ärmel, der sich eng an ihre Ellbogen schmiegte und an den Manschetten mit weichen, wogenden Spitzen besetzt war.
Während sie sich vor dem Spiegel hin und her drehte, stellte Tess plötzlich fest, dass sie Lust hatte, Captain Blackwells kleine Komödie mitzuspielen. Sie musterte die zusätzlichen Bänder und Haarnadeln und zuckte die Achseln. Warum nicht? Dann griff sie nach Kamm und Bürste, beides für sie bereitgelegt, flocht ihr Haar geschickt zu einem dicken Zopf, der ihr über den Rücken hing, und wand ein blassrosa Seidenband mit hinein. Sie hatte Übung darin, ihr langes Haar für Wettkämpfe zu zähmen, und war schnell fertig. Die mit Perlen besetzten Haarnadeln waren unnötig, fand sie, und ein bisschen zu viel des Guten. Das Kleid klaffte im Rücken immer noch auseinander und Tess fragte sich, wie eine Frau es schaffen sollte, sich schnell anzuziehen, wenn es immer mit so viel Aufwand verbunden war.
Dane öffnete die Tür und lächelte, als er sie mit dem Kleid kämpfen sah. »Haben Sie Schwierigkeiten, M’lady?«
Tess japste nach Luft und hielt den Stoff hoch, als sie herumwirbelte.
Der flammende Zorn in ihren Augen sagte ihm, was ihm plötzlich selbst bewusst wurde. Er hatte vergessen anzuklopfen. »Bitte verzeihen Sie mir meine
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