Ein plötzlicher Todesfall
der ihre Welt gewesen war, bevor sie diese schreckliche Nachricht las, die aller Welt zugänglich gewesen war.
Er hatte Maureen ausgelacht.
Nein, sie hatte Maureen ausgelacht. Howard hatte Kenneth ausgelacht.
Immer zusammen: Urlaube und Arbeitsalltag und Wochenendausflüge â¦
⦠als Einzige nicht in dieses Geheimnis eingeweiht  â¦
Sie und Howard hatten es nicht nötig, miteinander zu schlafen. Seit Jahren hatten sie getrennte Betten, worüber stillschweigendes Einvernehmen herrschte â¦
⦠regelmäÃig von Howards bester Salami kostet .
(Shirleys Mutter war mit ihr im Raum: gackernd und spottend, ein Glas, in dem Wein schwappte ⦠Shirley konnte dreckiges Gelächter nicht ertragen. Zoten waren ihr stets zuwider gewesen.)
Sie sprang auf, stolperte über die Stuhlbeine und eilte zurück ins Schlafzimmer. Howard schlief noch immer, lag auf dem Rücken und gab grunzende Schweinelaute von sich.
»Howard«, sagte sie. »Howard.«
Sie brauchte eine geschlagene Minute, um ihn wachzurütteln. Er war verwirrt und orientierungslos, doch während sie auf ihn herabschaute, sah sie in ihm noch immer den sie beschützenden Ritter, der sie retten könnte.
»Howard, der Geist von Barry Fairbrother hat wieder einen Eintrag reingestellt.«
Verstimmt darüber, so grob geweckt worden zu sein, knurrte Howard ins Kissen.
»Ãber dich«, sagte Shirley.
Sie sprachen nur sehr selten offen miteinander. Das hatte ihr immer gefallen. Heute jedoch war sie dazu gezwungen.
»Ãber dich«, wiederholte sie, »und Maureen. Es heiÃt, ihr habt eine Affäre.«
Er fuhr sich mit der groÃen Hand über das Gesicht und rieb sich die Augen. Sie war überzeugt, dass er länger dafür brauchte als notwendig.
»Was?«, fragte er, das Gesicht abgedeckt.
»Du und Maureen habt etwas miteinander.«
»Woher hat er das?«
Kein Leugnen, kein Wutausbruch, kein ätzendes Lachen. Nur eine behutsame Frage nach der Quelle.
Selbst rückblickend würde Shirley sich an diese Szene wie an einen Tod erinnern. Ein Leben war wahrlich zu Ende.
VII
»Haltâs Maul, Robbie! Sei still!«
Krystal hatte Robbie an eine Bushaltestelle ein paar StraÃen weiter gezerrt, damit weder Obbo noch Terri sie finden konnten. Sie war sich nicht sicher, ob sie genug Geld für die Fahrkarte hatte, aber sie war fest entschlossen, nach Pagford zu kommen. Nana Cath war tot, Mr Fairbrother war tot, aber Fats Wall war da, und sie musste schwanger werden.
»Wieso war der bei dir im Zimmer?«, schrie Krystal ihren kleinen Bruder an, der quengelte und keine Antwort gab.
Der Akku in Terris Handy war fast leer. Krystal rief Fatsâ Nummer an, aber nur die Mailbox meldete sich.
In der Church Row war Fats damit beschäftigt, Toast zu essen und seinen Eltern zuzuhören, die im Arbeitszimmer auf der anderen Seite des Flurs eine ihrer bizarren Unterhaltungen führten. Das war eine willkommene Ablenkung von seinen eigenen Gedanken. Das Handy in seiner Tasche vibrierte, aber er ging nicht ran. Er war für niemanden zu sprechen. Andrew würde es nicht sein. Nicht nach dem gestrigen Abend.
»Colin, du weiÃt, was du tun sollst«, sagte seine Mutter gerade. Sie klang erschöpft. »Bitte, Colin â¦Â«
»Wir haben Samstagabend mit ihnen gegessen. Am Abend, bevor er starb. Ich habe gekocht. Was wäre, wenn â¦Â«
»Colin, du hast nichts ins Essen getan. Um Himmels willen, jetzt mache ich es doch. Ich sollte es nicht tun, Colin, du weiÃt, dass ich mich nicht einmischen sollte. Da spricht deine Zwangsneurose.«
»Es könnte doch sein, Tess, ich habe plötzlich gedacht, wenn ich nun etwas in â¦Â«
»Warum sind wir dann noch am Leben, Mary, du und ich? Die haben eine Obduktion durchgeführt, Colin!«
»Niemand hat uns über Einzelheiten aufgeklärt. Mary hat uns nichts gesagt. Ich glaube, deshalb will sie auch nicht mehr mit mir reden. Sie hat einen Verdacht.«
»Colin, um Himmels willen â¦Â«
Tessa senkte die Stimme zu einem drängenden Flüstern, zu leise, um es zu verstehen. Fatsâ Handy vibrierte erneut. Er zog es aus der Tasche. Krystals Nummer. Er meldete sich.
»Hey«, sagte Krystal, und im Hintergrund schien ein Kind zu schreien. »Wollen wir uns treffen?«
»Weià nicht«, gähnte Fats. Er hatte zu Bett gehen wollen.
»Ich komm mit
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