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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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Gedanken an Barry Fairbrother und an den lächerlichen Kummer seines Vaters aus und ging weiter.
    Fats war in diesen Tagen seltsam lustlos, auch wenn er alle anderen nach wie vor zum Lachen brachte. Sein Streben, sich von beengenden Moralvorstellungen zu lösen, war ein Versuch, etwas wiederzuerlangen, das in ihm unterdrückt worden war, dessen war er sich sicher, etwas, das er verloren hatte, als er die Kindheit hinter sich ließ. Was Fats wiederfinden wollte, war eine Art Unschuld, und der Weg, den er dafür gewählt hatte, führte ihn durch alles, was einem angeblich schadete, Fats aber paradoxerweise wie der wahre Weg zur Authentizität vorkam, zu einer Art Reinheit. Seltsam, wie oft alles andersherum war, das Gegenteil von dem, was sie einem erzählten. Allmählich glaubte Fats, dass man zur Wahrheit nur gelangte, wenn man jedes bisschen erworbene Weisheit auf den Kopf stellte. Er wollte durch dunkle Labyrinthe streifen und mit dem Fremdartigen ringen, das dort lauerte. Er wollte Scheinheiligkeit bloßstellen; er wollte Tabus brechen und Weisheit aus ihren blutenden Herzen quetschen; er wollte in den Zustand amoralischer Gnade eintreten, um wieder an Unwissenheit und Schlichtheit glauben zu können.
    Und so beschloss er, eine der wenigen Schulregeln zu brechen, gegen die er noch nicht verstoßen hatte, und entfernte sich in Richtung Fields. Hier war er dem rohen Pulsschlag der Realität näher und hatte die vage Hoffnung, gewissen Leuten mit zweifelhaftem Ruf zu begegnen, auf die er neugierig war. Auch wenn er es sich kaum eingestand, da es eine der wenigen Sehnsüchte war, für die er keine Worte fand, suchte er nach einer offenen Tür, einem Wiedererkennen und einer Rückkehr in ein Zuhause, das er verloren hatte.
    Während er zu Fuß an den schlammfarbenen Häusern vorbeiging, statt im Auto seiner Mutter daran vorbeizugleiten, bemerkte er, dass viele frei von Graffiti und Müll waren und einige (wie er es sah) die Bürgerlichkeit von Pagford nachahmten, mit Vorhängen und Nippsachen auf den Fensterbrettern. Vom fahrenden Auto aus fielen diese Einzelheiten weniger ins Auge, da Fats’ Aufmerksamkeit unwiderstehlich von vernagelten Fenstern und zugemüllten Vorgärten angezogen wurde. Die ordentlicheren Häuser interessierten Fats nicht. Ihn sprachen Orte an, die Chaos oder Gesetzlosigkeit ausstrahlten, wenn auch nur in eher kindischer Sprühdosenform.
    Irgendwo hier (er wusste nicht genau, wo) wohnte Dane Tully. Tullys Familie war berüchtigt. Seine beiden älteren Brüder und sein Vater verbrachten viel Zeit im Gefängnis. Es gab das Gerücht, dass Dane zu seiner letzten Prügelei (mit einem Neunzehnjährigen, hieß es, aus der Cantermill-Siedlung) von seinem Vater gefahren worden war, der es sich nicht nehmen ließ, gegen den älteren Bruder von Danes Gegner zu kämpfen. Tully war mit zerschnittenem Gesicht zur Schule gekommen, die Lippen geschwollen und das eine Auge blau geschlagen. Alle waren sich einig, dass er nur eines seiner seltenen Gastspiele gegeben hatte, um mit seinen Verletzungen zu prahlen.
    Fats war überzeugt, dass er anders damit umgegangen wäre. Etwas darauf zu geben, wie die anderen auf deine polierte Fresse reagierten, war nicht authentisch. Fats hätte sich gerne geprügelt und danach weitergemacht wie immer, und falls jemand davon erfahren hätte, dann nur durch Zufall.
    Fats war niemals verprügelt worden, obwohl er sich zunehmend provokant verhielt. Inzwischen überlegte er oft, wie es wohl wäre, in eine Schlägerei zu geraten. Er vermutete, dass zu dem von ihm begehrten Zustand der Authentizität auch Gewalt gehörte oder zumindest nicht ausgeschlossen war. Darauf vorbereitet zu sein, zuzuschlagen und Schläge einzustecken, kam ihm wie eine erstrebenswerte Art von Mut vor. Er hatte seine Fäuste nie einsetzen müssen, sein Mundwerk hatte gereicht. Aber der neu erwachende Fats verachtete allmählich seine Redegewandtheit und bewunderte authentische Brutalität. Das Thema Messer ging Fats etwas behutsamer an. Jetzt eins zu kaufen und durchblicken zu lassen, dass er es bei sich trug, wäre ein zerstörerischer Akt des Unauthentischen, ein bemitleidenswertes Nachäffen solcher Leute wie Dane Tully. Fats wurde ganz übel bei dem Gedanken. Sollte jemals der Augenblick kommen, in der er ein Messer haben muss , wäre das etwas anderes. Fats wies die Möglichkeit,

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