Ein plötzlicher Todesfall
raffiniert beginnen wie Shirley und fand es schwierig, ihre Gier nach Klatsch zu verschleiern, der ihr oben auf dem Hügel über Pagford entging, isoliert durch Simons Kontaktscheu. »Haben die beiden tatsächlich gesehen, was passiert ist?«
»Ja, allerdings«, erwiderte Shirley. »Sie waren zum Essen im Golfclub. Sonntagabend, weiÃt du. Die Mädchen waren wieder in der Schule, und Sam zieht es vor, zum Essen auszugehen, sie ist keine besonders gute Köchin â¦Â«
Stück für Stück hatte Ruth während der gemeinsamen Kaffeepausen die Einzelheiten über Milesâ und Samanthas Ehe erfahren. Shirley hatte ihr erzählt, dass ihr Sohn Samantha heiraten musste, weil Samantha mit Lexie schwanger geworden war.
»Sie haben das Beste daraus gemacht«, hatte Shirley geseufzt und die Tapfere gemimt. »Miles hat das Richtige getan. Ich hätte es nicht anders haben wollen. Die Mädchen sind reizend. Schade, dass Miles keinen Sohn bekommen hat. Er wäre ein wunderbarer Vater für einen Jungen. Aber Sam wollte kein drittes Kind.«
Ruth registrierte jede verborgene Kritik Shirleys an der Schwiegertochter. Sie hatte schon vor Jahren eine spontane Abneigung gegen Samantha gefasst, als sie den vierjährigen Andrew in die Vorschule von St. Thomas gebracht hatte und dort Samantha und deren Tochter Lexie begegnet war. Mit ihrem lauten Lachen, den tiefen Ausschnitten und den für Schulmütter doch recht anzüglichen Witzen war sie Ruth gefährlich draufgängerisch vorgekommen. Jahrelang hatte Ruth verächtlich beobachtet, wie Samantha ihren groÃen Busen rausstreckte, wenn sie bei Elternabenden mit Vikram Jawanda sprach, und hatte Simon am Rand der Klassenzimmer entlanggeführt, um nicht mit ihr reden zu müssen.
Shirley war immer noch dabei, die von Miles gehörte Version von Barrys letzter Fahrt weiterzugeben und dabei hervorzuheben, wie schnell ihr Sohn reagiert hatte, als er den Krankenwagen rief, dann darauf bestand, Mary Fairbrother zu trösten und bei ihr im Krankenhaus zu bleiben, bis die Walls kamen. Ruth hörte aufmerksam, wenn auch mit leichter Ungeduld zu. Shirley war viel unterhaltsamer, wenn sie die Unzulänglichkeiten von Samantha aufzählte, als beim Rühmen von Milesâ Vorzügen. AuÃerdem platzte Ruth fast vor Verlangen, Shirley die sensationelle Neuigkeit mitzuteilen.
»Demnach gibt es einen freien Sitz im Gemeinderat«, sagte Ruth in dem Moment, als Shirleys Geschichte den Punkt erreichte, an dem Miles und Samantha die Bühne für Colin und Tessa Wall freigemacht hatten.
»Wir nennen das eine plötzliche Vakanz«, sagte Shirley freundlich.
Ruth holte tief Luft.
»Simon«, sagte sie aufgeregt, »denkt daran zu kandidieren.«
Shirley lächelte automatisch, hob die Augenbrauen mit höflicher Verwunderung und trank einen Schluck Tee, um ihr Gesicht zu verbergen. Ruth entging völlig, dass sie etwas gesagt hatte, was die Freundin aus der Fassung brachte. Sie hatte angenommen, Shirley wäre entzückt von dem Gedanken, dass ihre Männer zusammen im Gemeinderat sitzen würden, und hatte die vage Vorstellung gehabt, Shirley könnte dabei helfen, das zustande zu bringen.
»Das hat er mir gestern Abend gesagt«, fuhr Ruth wichtigtuerisch fort. »Er denkt schon eine Weile darüber nach.«
Gewisse andere Dinge, die Simon gesagt hatte, über Möglichkeiten, die Schmiergelder der Grays einzustecken, um sie als Bauunternehmen des Gemeinderats zu behalten, hatte Ruth verdrängt, genau wie Simons andere Winkelzüge, all seine Bagatelldelikte.
»Ich hatte keine Ahnung, dass Simon sich dafür interessiert, in die Lokalpolitik einzusteigen«, sagte Shirley in leichtem, freundlichem Ton.
»O doch«, erwiderte Ruth, die genauso wenig Ahnung davon gehabt hatte. »Er ist sehr interessiert daran.«
»Hat er mit Dr. Jawanda gesprochen?«, fragte Shirley. Sie trank einen Schluck Tee. »Hat sie ihm vorgeschlagen, sich zu bewerben?«
Das brachte Ruth aus dem Konzept, wie ihre ehrliche Verwunderung bewies.
»Nein, ich ⦠Simon war seit Jahren nicht mehr beim Arzt. Ich meine, er ist sehr gesund.«
Shirley lächelte. Wenn Simon von sich aus handelte, ohne die Unterstützung der Jawanda-Fraktion, war die Bedrohung, die von ihm ausging, gleich null. Sie hatte sogar Mitleid mit Ruth, der eine unangenehme Ãberraschung bevorstand. Sie,
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