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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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haarigen Mannweibs.«
    Andrew kicherte, war aber nicht mit dem Herzen dabei. Er hätte mehr Spaß gehabt, wenn er gewusst hätte, dass Sukhvinder nicht hörte, was Fats sagte. Als er vor kurzem bei Fats zu Hause gewesen war, hatte der ihm die Postings gezeigt, die er regelmäßig an Sukhvinders Facebookseite schickte. Er hatte das Internet nach Bildern und Informationen über Hirsutismus abgesucht und schickte ihr ein Zitat oder Bild pro Tag.
    Das war irgendwie komisch, aber Andrew hatte ein mieses Gefühl dabei. Genau betrachtet forderte Sukhvinder das nicht heraus: Sie war ein zu leichtes Ziel. Andrew hatte es lieber, wenn Fats sein loses Mundwerk gegen Autoritätsfiguren einsetzte, gegen die Großkotze oder Selbstherrlichen.
    Â»Getrennt von seiner bärtigen, Büstenhalter tragenden Herde«, sagte Fats, »sitzt er gedankenverloren da und fragt sich, ob ihm ein Spitzbart stehen würde.«
    Andrew lachte und hatte dann ein schlechtes Gewissen, aber Fats verlor das Interesse und wandte sich der Aufgabe zu, jede Null auf seinem Arbeitsblatt in einen runzeligen Anus zu verwandeln. Andrew konzentrierte sich wieder darauf, zu erraten, wohin der Dezimalpunkt gehörte, und sann über die Heimfahrt im Schulbus und die Aussicht, Gaia zu sehen, nach. Es wurde immer schwieriger, einen Sitzplatz zu finden, von dem aus er sie im Blick behalten konnte, entweder war sie eingezwängt zwischen anderen oder zu weit weg. Ihre gemeinsame Belustigung bei der Schulversammlung am Montag hatte zu nichts geführt. Sie hatte seither morgens im Bus weder Blickkontakt mit ihm aufgenommen noch auf irgendeine andere Weise gezeigt, dass sie von seiner Existenz wusste. In den vier Wochen seiner Vernarrtheit hatte Andrew kein einziges Wort mit Gaia gesprochen. Er versuchte Eröffnungssätze zu formulieren, während um ihn das Getöse von Spastmatik weiterging: Das war komisch, Montag, in der Versammlung …
    Â»Alles in Ordnung mit Ihnen, Sukhvinder?«
    Miss Harvey, die sich über Sukhvinders Arbeit gebeugt hatte, starrte in das Gesicht des Mädchens. Andrew sah Sukhvinder nicken und, immer noch über ihre Arbeit gebeugt, die Hände zurückziehen, mit denen sie das Gesicht bedeckt hatte.
    Â»Walla!«, flüsterte Kevin Cooper, der zwei Reihen hinter ihnen saß, deutlich hörbar. »Walla! Erdnuss!«
    Er versuchte ihre Aufmerksamkeit auf etwas zu lenken, das sie bereits bemerkt hatten: dass Sukhvinder, nach dem sanften Zucken ihrer Schultern zu urteilen, weinte und dass Miss Harvey den hoffnungslosen, aufdringlichen Versuch machte, zu erfahren, was los war. Die Klasse, die eine weitere Schwäche in der Wachsamkeit der Lehrerin witterte, tobte mehr denn je.
    Â»Erdnuss! Walla!«
    Andrew war sich nicht sicher, ob Kevin Cooper absichtlich oder versehentlich nervte, aber Kevin hatte das unfehlbare Geschick, anderen auf den Geist zu gehen. Der Spitzname »Erdnuss« war schon sehr alt und Andrew in der Grundschule angehängt worden. Er hatte ihn von Anfang an nicht leiden können. Fats hatte den Spitznamen nie verwendet und so dafür gesorgt, dass er aus der Mode kam. In solchen Dingen hatte Fats stets das letzte Wort gehabt. Cooper hatte sogar Fats’ Spitznamen nicht richtig drauf. »Walla« hatte sich im vergangenen Jahr nur kurzer Beliebtheit erfreut.
    Â»Erdnuss! Walla!«
    Â»Halt die Klappe, Cooper, du debiler Wichser«, zischte Fats leise. Cooper hing über seiner Stuhllehne und starrte Sukhvinder an, die zusammengesackt war, das Gesicht fast auf dem Tisch, während Miss Harvey neben ihr hockte, mit seltsam flatternden Händen, weil sie Schüler nicht anfassen durfte und nicht fähig war, dem Mädchen eine Erklärung für seinen Kummer zu entlocken. Ein paar der anderen bemerkten diese ungewöhnliche Störung und starrten hin, aber vorne im Klassenzimmer tobten Jungs weiter herum, nur damit beschäftigt, ihren Spaß zu haben. Einer von ihnen schnappte sich den mit Holz verstärkten Tafelschwamm von Miss Harveys verlassenem Pult und warf ihn.
    Der Schwamm sauste quer durch den Raum und krachte in die Uhr an der hinteren Wand. Die Uhr fiel zu Boden und zerbrach, Plastiksplitter und Metallteile flogen umher, und einige Mädchen, einschließlich Miss Harvey, kreischten vor Schreck.
    Die Tür zum Klassenzimmer flog auf und knallte an die Wand. Die Klasse verstummte. Pingel stand im Türrahmen, knallrot im Gesicht

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