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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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dass Howard Mollison sich durchsetzen und eine Wahl verhindern würde.
    V
    Simon Price verließ die Druckerei ausnahmslos jeden Tag um Punkt fünf Uhr. Er hatte seine Stunden abgesessen, und das reichte, denn sein Haus wartete, sauber und kühl, hoch oben auf dem Hügel, eine ganze Welt entfernt von dem ständigen Scheppern und Rattern der Fabrik in Yarvil. Noch dort zu bleiben, nachdem er ausgestempelt hatte (obwohl er jetzt Manager war, hatte Simon die Ausdrucksweise seiner Lehrzeit nie abgelegt), käme dem verhängnisvollen Geständnis gleich, dass im Privatleben etwas fehlte oder, schlimmer noch, dass man der Firmenleitung in den Arsch kroch.
    An diesem Tag musste Simon jedoch einen Umweg machen, bevor er den Heimweg antrat. Er traf sich mit dem Kaugummi kauenden Gabelstaplerfahrer auf dem Parkplatz, der Junge gab ihm Fahranweisungen, und sie fuhren zusammen durch die dunkler werdenden Straßen nach Fields, vorbei an dem Haus, in dem Simon aufgewachsen war. Er war seit Jahren nicht mehr hier gewesen, denn seine Mutter war tot, seinen Vater hatte er nicht mehr gesehen, seit er vierzehn war, und er wusste auch nicht, wo der sich aufhielt. Simon fand es verstörend und bedrückend, die Fenster seines alten Zuhauses vernagelt und das Gras kniehoch zu sehen. Seine verstorbene Mutter war stolz auf das Haus gewesen.
    Der Junge hatte Simon angewiesen, am Ende der Foley Road zu parken, war ausgestiegen und auf ein besonders verwahrlostes Haus zugegangen. Nach allem, was Simon im Licht der nächsten Straßenlaterne erkennen konnte, türmte sich ein Haufen Müll unter dem Erdgeschossfenster. Erst jetzt fragte sich Simon, ob es klug gewesen war, in seinem eigenen Auto herzukommen und den gestohlenen Computer abzuholen. Inzwischen gab es doch bestimmt Überwachungskameras in der Siedlung, um all die kleinen Rüpel und Kapuzenjacken im Auge zu behalten. Er schaute sich um, konnte aber keine Kamera entdecken.
    Niemand schien ihn zu beachten, bis auf eine fette Frau, die ihn offen aus einem der quadratischen Fenster anstarrte. Simon warf ihr einen bösen Blick zu, aber sie beobachtete ihn weiter, während sie ihre Zigarette rauchte. Er schirmte sein Gesicht mit der Hand ab und schaute finster durch die Windschutzscheibe.
    Sein Mitfahrer kam bereits aus dem Haus, etwas breitbeinig unter dem Gewicht des verpackten Computers. Hinter ihm, in der Tür des Hauses, sah Simon ein halbwüchsiges Mädchen mit einem kleinen Jungen neben sich, das gleich wieder nach drinnen verschwand und das Kind mitzerrte.
    Simon drehte den Zündschlüssel und ließ den Motor aufheulen, als der Kaugummikauer näher kam.
    Â»Vorsichtig«, wies Simon ihn an, lehnte sich hinüber und öffnete die Beifahrertür. »Stell ihn einfach da hin.«
    Der Junge stellte den Karton auf den immer noch warmen Beifahrersitz. Simon hatte vorgehabt, den Karton zu öffnen und nachzusehen, ob es das war, wofür er bezahlt hatte, aber das zunehmende Gefühl, unvorsichtig gehandelt zu haben, ließ in zögern. Er gab sich damit zufrieden, den Karton ein wenig zu rütteln. Auf jeden Fall war etwas Schweres darin. Simon wollte nur noch weg.
    Â»Ist es in Ordnung, wenn ich dich hierlasse?«, rief er dem Jungen laut zu, als hätte er bereits aufs Gas gedrückt.
    Â»Können Sie mich bis zum Crannock Hotel mitnehmen?«
    Â»Tut mir leid, Kumpel, ich fahr in die andere Richtung«, sagte Simon. »Bis dann.«
    Simon gab Gas. Im Rückspiegel sah er den Jungen stehen, mit wütendem Gesicht, sah, wie dessen Lippen die Worte »Fick dich!« formten. Aber das war Simon egal. Je schneller er von hier verschwand, desto unwahrscheinlicher war es, dass sein Kennzeichen auf einem dieser körnigen Schwarzweißfilme auftauchte, die man immer in den Nachrichten sah.
    Zehn Minuten später erreichte er die Umgehungsstraße, doch selbst nachdem er Yarvil hinter sich gelassen hatte, von der zweispurigen Schnellstraße abgebogen und den Hügel in Richtung der Abteiruinen hinaufgefahren war, hatte seine Anspannung nicht nachgelassen, und er empfand nichts von der Befriedigung, die ihn sonst immer erfüllte, wenn er abends über den Hügelkamm kam und sein Haus erblickte, auf der anderen Seite der Senke, in der Pagford lag, ein winziges weißes Taschentuch auf dem gegenüberliegenden Hang.
    Obwohl sie erst seit zehn Minuten zu Hause war, hatte Ruth bereits das Essen fertig und deckte

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