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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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riesig, prall und rund.
    Â»Plastik« kommentierte einer von ihnen sachlich, während sie vor dem Bildschirm saßen. Die Arme der Blonden auf dem Schirm waren erhoben, während sie rittlings auf einem haarigen Mann saß, ihre Brüste mit den braunen Nippeln vor ihrem schmalen Brustkorb groß wie Bowlingkugeln, mit dünnen roten Strichen unter beiden, die zeigten, wo das Silikon implantiert worden war. Man konnte förmlich sehen, wie sie sich anfühlen würden: fest, als befände sich ein Fußball unter der Haut. Andrew konnte sich nichts Erotischeres vorstellen als natürliche Brüste, weich und schwammig und vielleicht ein bisschen nachgiebig, die Nippel (hoffte er) im Gegensatz dazu fest.
    Und all diese Bilder mischten sich in seinem Kopf, spätnachts, mit den Verheißungen, die echte Mädchen boten, Mädchen aus Fleisch und Blut, und dem Wenigen, das man durch die Kleidung spüren konnte, wenn es einem gelang, nahe genug heranzukommen. Niamh war die weniger hübsche der Fairbrother-Zwillinge, doch sie war in der Aula während der Weihnachtsdisco die willigere gewesen. Halb verdeckt durch muffige Bühnenvorhänge in einer dunklen Ecke, hatten sie sich aneinandergedrückt, und Andrew hatte ihr die Zunge in den Mund gesteckt. Seine Hände hatten es bis zum BH-Verschluss geschafft, doch nicht weiter, weil sie dauernd zurückwich. Zum Teil hatte ihn das Wissen angetrieben, dass Fats irgendwo da draußen in der Dunkelheit noch weiterging. Aber nun hatte er nichts anderes mehr im Kopf als Gaia. Sie war sowohl das aufregendste Mädchen, das er je gesehen hatte, als auch der Ursprung einer anderen, vollkommen unerklärlichen Sehnsucht. Bestimmte Akkordwechsel, bestimmte Rhythmen ließen ihn bis ins Mark erschaudern, und genauso erging es ihm mit Gaia Bawden.
    Er zündete sich eine zweite Zigarette am Ende der ersten an und warf die Kippe hinunter ins Wasser. Dann hörte er ein vertrautes Schlurfen, beugte sich vor und sah, wie sich Fats, immer noch im Beerdigungsanzug, an der Felswand entlanghangelte, auf die Öffnung zu, in der Andrew saß.
    Â»Fats.«
    Â»Arf.«
    Andrew zog seine Beine an, um Fats Platz zu machen.
    Â»Verdammte Scheiße«, sagte Fats, als er ins Pingelloch geklettert war. Er wirkte spinnenartig in seiner Unbeholfenheit, mit seinen langen Gliedern, die Magerkeit durch den schwarzen Anzug noch hervorgehoben.
    Andrew gab ihm eine Zigarette. Fats zündete sich Zigaretten stets so an, als stünde er im Wind, eine Hand beschützend um die Flamme gelegt, die Stirn leicht gerunzelt. Er zog, blies einen Rauchring und lockerte die dunkelgraue Krawatte. Er wirkte älter und letztlich doch nicht so albern in dem Anzug, der vom Weg zur Höhle Erdspuren an den Knien und Manschetten aufwies.
    Â»Man könnte meinen, sie wären wirklich ›echte Kumpels‹ gewesen«, sagte Fats nach einem weiteren tiefen Zug aus der Zigarette.
    Â»Hat’s Pingel sehr mitgenommen?«
    Â»Mitgenommen? Ist voll hysterisch geworden. Hat geschluchzt, bis er Schluckauf kriegte. Schlimmer als die verdammte Witwe.«
    Andrew lachte. Fats blies einen weiteren Rauchring und zupfte an einem seiner übergroßen Ohren.
    Â»Ich hab mich vorzeitig vom Acker gemacht. Sie haben ihn noch nicht mal begraben.«
    Einige Minuten rauchten sie schweigend, blickten hinaus auf den schlammigen Fluss. Während er rauchte, dachte Andrew über den Ausdruck »vorzeitig vom Acker gemacht« nach und über das Maß an Unabhängigkeit, das Fats im Vergleich zu ihm anscheinend hatte. Simon und seine Wut standen zwischen Andrew und mehr Freiheit. Im Hilltop House bekam man manchmal schon eine Strafe aufgebrummt, nur weil man da war. Ein kleiner Gedanke aus dem Philosophie- und Religionsunterricht hatte einst Andrews Phantasie angeregt. Sie hatten über primitive Götter mit all ihrer Willkür und Gewalt gesprochen sowie die Versuche früher Zivilisationen, sie zu beschwichtigen. Da hatte er an die Art der Gerechtigkeit denken müssen, wie er sie von zu Hause kannte. Sein Vater als heidnischer Gott, seine Mutter als Hohepriesterin des Kults, die zu interpretieren und zu vermitteln versuchte, für gewöhnlich vergeblich, doch weiterhin darauf beharrend, dass dem göttlichen Wesen Großzügigkeit und Vernunft zugrunde lag.
    Fats lehnte den Kopf an die Steinwand und blies Rauchringe an die Decke. Er überlegte, was er Andrew

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