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Ein plötzlicher Todesfall

Ein plötzlicher Todesfall

Titel: Ein plötzlicher Todesfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne K. Rowling
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sie fürchtete, Colin könne dem Verstorbenen etwas geschworen haben, das er nicht einhalten konnte, und dass ihm bewusst wurde, wie wenig Mary ihn leiden konnte, mit der er unbedingt sprechen wollte. Und durch all ihre Ängste und Nöte wand sich die alltägliche Sorge wie ein ekliger Wurm: Fats, und wie sie einen Ausbruch vermeiden konnte, wie sie ihn dazu bringen könnte, mit zu der Grablegung zu kommen, oder wie sie vor Colin geheim halten könnte, dass Fats nicht mitgekommen war – was unter Umständen einfacher sein könnte.
    Â»Wir beenden den heutigen Gottesdienst mit einem von Barrys Töchtern Niamh und Siobhan ausgewählten Lied, das ihrem Vater viel bedeutete«, sagte der Pfarrer. Durch seinen Ton gelang es ihm, sich von dem zu distanzieren, was nun folgen würde.
    Der Beat des Schlagzeugs drang so dröhnend durch die Lautsprecher, dass die Gemeinde zusammenschrak. Eine laute amerikanische Stimme machte »Uh huh uh huh« und Jay-Z rappte:

    Good girl gone bad
    Take three
    Action.
    No clouds in my storms
    Let it rain, I hydroplane into fame
    Comin’ down with the Dow Jones …
    Einige dachten, es sei ein Versehen: Howard und Shirley warfen sich entsetzte Blicke zu, aber niemand drückte auf Stopp oder lief um Verzeihung bittend den Gang hinauf. Dann begann eine kräftige, sexy Frauenstimme zu singen:
    You had my heart
    And we’ll never be worlds apart
    Maybe in magazines
    But you’ll still be my star
    Die Sargträger trugen den Sarg aus Weidengeflecht wieder durch den Mittelgang, und Mary und die Kinder folgten ihm.
    Now that it’s raining more than ever
    Know that we’ll still have each other
    You can stand under my umbuh-rella
    You can stand under my umbuh-rella
    Die Gemeinde verließ langsam die Kirche und bemühte sich, dabei nicht im Takt des Songs zu gehen.
    II
    Andrew Price schob das Rennrad seines Vaters vorsichtig aus der Garage und achtete darauf, nicht an das Auto zu stoßen. Er trug es die Steinstufen hinunter und durch das Metalltor. Erst auf dem Weg dahinter stellte er seinen Fuß auf ein Pedal, stieß sich ab, rollte ein paar Meter und schwang dann das andere Bein über den Sattel. Er bog nach links in die schwindelerregend steile Hangstraße und raste, ohne die Bremsen zu berühren, hinunter nach Pagford.
    Die Hecken und der Himmel verschwammen, und er stellte sich vor, in einem Velodrom zu sein, während ihm der Wind durch das frisch gewaschene Haar und in das brennende Gesicht peitschte, das er gerade sauber geschrubbt hatte. Auf Höhe des keilförmigen Gartens der Fairbrothers setzte er die Bremsen ein, ein paar Monate zuvor hatte er diese scharfe Kurve zu schnell genommen, war gestürzt und musste sofort nach Hause zurückkehren, mit zerrissener Jeans und Schrammen im ganzen Gesicht.
    Er fuhr, ohne zu treten, mit nur einer Hand am Lenker, in die Church Row und genoss einen zweiten, wenn auch weniger abschüssigen Spurt, bremste leicht ab, als er sah, dass sie vor der Kirche einen Sarg in den Leichenwagen luden und eine dunkel gekleidete Menschenmenge sich aus dem offenen Kirchenportal ergoss. Andrew trat fester in die Pedale, sauste um die Ecke und war außer Sichtweite. Er wollte Fats nicht mit einem aufgelösten Pingel aus der Kirche kommen sehen, in dem billigen Anzug und der Krawatte, die er mit gespieltem Abscheu im gestrigen Englischunterricht beschrieben hatte. Das wäre, als hätte er seinen Freund beim Kacken gestört.
    Während Andrew langsam um den Marktplatz radelte, strich er sich mit einer Hand das Haar aus dem Gesicht und überlegte, was die kalte Luft mit seiner knallroten Akne gemacht und ob die antibakterielle Waschlotion geholfen hatte. Und er rief sich noch einmal die Ausrede in Erinnerung, nämlich dass er gerade von Fats käme. (Was durchaus hätte sein können, warum denn nicht?) Daher konnte er genauso gut durch die Hope Street zum Fluss fahren wie durch die erste Seitenstraße. Und so gab es keinen Grund, warum Gaia Bawden (falls sie zufällig aus dem Fenster ihres Hauses schaute und ihn zufällig sah und zufällig erkannte) glauben sollte, er sei extra ihretwegen hier entlanggefahren. Andrew erwartete nicht, ihr erklären zu müssen, warum er mit dem Rad durch ihre Straße gefahren war, hatte aber trotzdem diese zurechtgelegte Geschichte im Kopf, weil er glaubte, dadurch würde er cool und distanziert wirken.
    Er wollte

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