Ein Prinz wie aus dem Maerchen
wie sie ihn noch nie gesehen hatte. Sie
hatte auf einmal das Gefühl, in einem anderen Zeitalter gelandet
zu sein, denn vor ihr stand ein arabischer Prinz in vollem Ornat. Er
trug einen schwarzen, mit goldenen Bordüren bestickten Mantel
über einem cremefarbenen Hemd, eine "kaffiyeh"
bedeckte seinen stolzen Kopf. Der Wind zerrte an seiner Kleidung.
Hinter ihm trottete der schwarze Hengst – brav wie ein
Schoßhündchen und lammfromm.
"Hast
du den Verstand verloren, dass du in einem Sandsturm in die Wüste
reitest?" schrie Tariq sie an. "Nun wirst du dafür
büßen, denn ich werde Omeir hier nicht dem Tod
überlassen."
"Sandsturm?
Tod?" wiederholte Faye schockiert.
Tariq
schwang sich bereits in den Sattel. Omeir war also der Hengst. Tariq
beugte sich zu ihr hinab und hob sie mühelos aufs Pferd. Einmal
mehr wurde sie sich seiner männlichen Stärke bewusst. Er
war ein ausgezeichneter Reiter.
"Tariq
… woher hast du …?"
"Sei
still!" befahl er kurz angebunden "Ist dir nicht klar, in
welcher Gefahr wir schweben?"
Während
Omeir mit halsbrecherischer Geschwindigkeit losgaloppierte, erhaschte
sie einen Blick auf den verlassenen Helikopter im Sand. Gefahr?
Dennoch war Tariq allein gekommen. Sandsturm? Der Himmel glühte
inzwischen in einem gespenstischen Rot. Faye fröstelte
unwillkürlich und klemmte den Rucksack fester unter den Arm. Der
Hengst preschte durch ein Wadi zwischen den Dünen. Der Wind
peitschte ihre Wangen, er brachte feinen Kies mit, der in die Haut
stach, und Staub, der das Atmen erschwerte. Faye senkte den Kopf und
schloss die Augen.
Als
sie nach einer Weile durch den Schal spähte, den sie sich über
die Augen gezogen hatte, erhob sich vor ihnen eine Wand aus
wirbelndem Sand bis zum Himmel. Trotz der schlechten Sicht zeichnete
sich eine Felsenformation ab. Schutz? Dreißig Sekunden später
packte Tariq sie um die Taille und setzte sie auf dem Sand ab. Einen
schrecklichen Moment lang glaubte sie tatsächlich, er wolle sich
ihrer entledigen, weil ihr zusätzliches Gewicht das Pferd zu
sehr belaste.
Verzweifelt
stemmte sie sich gegen den Sturm. "Tariq!"
"Lauf!"
Er war bereits hinter ihr und zerrte sie hinter sich her. Direkt vor
ihnen lag der Eingang zu einer Höhle.
Mit
weichen Knien taumelte sie hinein. Omeir trottete tiefer ins Innere
und blieb schwitzend und zitternd stehen. Eine entwurzelte Palme flog
draußen durch die Luft und landete nur wenige Meter von der
Höhle entfernt. Faye rang um Atem. Bis zu diesem Augenblick
hatte sie nicht geahnt, wie zerstörerisch ein Sandsturm sein
konnte.
"Du
hättest uns beide umbringen können. Du hättest Omeir
töten können. Obwohl er diese Oase gut kennt, war er zu
verstört, um den Weg allein zu finden." Tariq schob sie
durch einen Spalt in der Felswand. "Der Boden ist hier ziemlich
uneben. Pass auf, wohin du trittst."
Sie
gelangten in eine weitere Höhle. Die Luft war hier wesentlich
besser, und irgendwo plätscherte Wasser. Außer dem hellen
Stoff seines Hemdes, das in der Dunkelheit schimmerte, konnte sie von
Tariq kaum etwas sehen. Sie tastete sich an der Wand entlang und sank
langsam auf den sandigen Boden. Zu ihrem größten Erstaunen
riss er ein Streichholz an und zündete eine Öllampe an.
Flackerndes
Licht erhellte aufragende Felssäulen und einen glitzernden
Teich, der durch einen unterirdischen Fluss gespeist wurde. Es
beleuchtete noch ein anderes Bild, das ihr normalerweise ein lautes
Lachen entlockt hätte: Omeir hatte sich ebenfalls durch die
Öffnung gezwängt und trottete zum Wasser, um geräuschvoll
seinen Durst zu stillen.
"Du
und dein Wunderpferd wart offenbar schon einmal hier", sagte sie
zu Tariq.
Er
legte seine "kaffiyeh" beiseite. Sein schwarzes Haar war
zerzaust und sein Gesicht staubig. Dann ließ er sich neben dem
Wasser nieder, wusch sich das Gesicht und benutzte die Kopfbedeckung
als Handtuch.
"Trotz
deines Fehlers hast du nach wie vor eine ziemlich spitze Zunge."
Sie
presste die Lippen zusammen. Es war ein langer Tag gewesen, und sie
fühlte sich wie zerschlagen. Am meisten ärgerte sie jedoch,
dass der Ritt in die Wüste eine totale Verschwendung von Zeit
und Energie gewesen war. Tariqs herablassender Tonfall brachte das
Fass zum Überlaufen.
"Nur
zu, nenn mich eine Betrügerin und Lügnerin, weil ich
versucht habe …"
"Fortzulaufen?"
"Ich
bin nicht fortgelaufen." Faye ballte die Hände zu Fäusten.
"Du hast mir keine Wahl gelassen. Du hast mich gezwungen …"
"Du
hast meine Bedingungen
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