Ein Prinz wie aus dem Maerchen
fragte das Mädchen.
"Es
steht nicht in meiner Macht, darüber zu entscheiden."
"Das
kann nur Prinz Tariq, aber er wird zu beschäftigt sein, wenn er
mit den Scheichs zusammen ist."
"Darf
ich mitkommen? Darf ich?" bettelte Rafi.
Gab
es sonst niemanden, der sich um die Kinder kümmerte? "Basma
und Hayat haben doch Eltern, oder?"
Shiran
sah sie erstaunt an. "Nein, Mylady. Sie haben ihre Familie
verloren."
"Verloren?"
wiederholte Faye.
"Leute
gehen fort – sie sterben", verkündete der Junge
ungerührt. "Peng! Das Flugzeug fällt vom Himmel. Alle
tot."
Ein
eisiger Schauder durchrann Faye.
"Es
war ein schrecklicher Tag", wisperte Shiran mit tränenerstickter
Stimme.
"Prinz
Tariq weint nicht … Prinz Rafi weint nicht", warf Rafi
ein, während große Tränen über seine Wangen
kullerten.
Faye
zog ihn tröstend an sich. Sie hätte nie das Thema über
den Aufenthaltsort von Basmas und Hayats Eltern angeschnitten, wenn
sie von ihrem Tod gewusst hätte. "Wenn niemand etwas
dagegen hat, können du, die Zwillinge und ich gemeinsam in den
Palast zurückkehren."
Rafi
verkündete, er müsse sofort seine Spielsachen holen, und
rannte hinaus.
"Erzähl
mir von dem Flugzeugabsturz", bat Faye Shiran.
Rafis
Mutter, sein Cousin und dessen Frau – die Eltern der Mädchen
– und deren Großeltern waren bei der Tragödie ums
Leben gekommen. Auf dem Flug von Jumar City nach Kabeer an der
Golfküste war ein Maschinenschaden aufgetreten und hatte zu
einer Bruchlandung geführt. In seinem Testament hatte Basmas und
Hayats Vater seine Töchter Prinz Tariqs Obhut anvertraut. Der
arme Mann hatte gewiss nicht damit gerechnet, so jung zu sterben und
Tariq die Verantwortung für zwei wenige Monate alte Babys
aufzubürden.
An
einem einzigen Tag hatte Tariq viele seiner engsten Verwandten
verloren. Ich halte nichts von unnötigen Flügen, nur um
Zeit zu sparen. Kein Wunder, dachte Faye mitfühlend.
Es
waren vier große Geländewagen nötig, um die
vielköpfige Gruppe zur Muraaba zu bringen, und während der
anstrengenden und mitunter quälend langsamen Fahrt durch den
Wüstensand hatte Faye genug Zeit zum Nachdenken. Sie begriff
jetzt, weshalb Tariq ein volles Jahr getrauert hatte, und schämte
sich, weil sie nichts davon gewusst hatte, obwohl die internationale
Presse zweifellos über die Tragödie berichtet hatte.
Allerdings sah sie selten fern und las nur die heimische
Lokalzeitung, die sich ausschließlich auf örtliche Themen
beschränkte. Tariq, das war ihr nun klar, war für die
Erziehung von drei verwaisten Kindern verantwortlich.
Die
Eingangshalle der Muraaba war voll mit knienden, schweigenden
Dienstboten.
"Warum
tun sie das?" wisperte Faye Shiran zu. "Worauf warten sie?"
"Sie
zeigen ihren Respekt, Mylady", erklärte Shiran. "Winken
Sie ihnen zu, dann gehen sie wieder an die Arbeit."
Faye
folgte dem Rat und lief weiter. Sie wurde in eine traumhaft
eingerichtete Suite gebracht, von deren Balkons sie einen wunderbaren
Blick auf die Gärten hatte. Überall waren Zeichen von
Tariqs Anwesenheit: Polotrophäen, Familienfotos, das Porträt
einer schönen Blondine mit faszinierenden dunklen Augen. Seine
Mutter, wie Shiran ihr beinahe ehrfürchtig mitteilte.
Der
Lunch wurde im Esszimmer serviert, aber die Gesellschaft von Rafi,
Basma und Hayat machte eine heitere Angelegenheit aus der Mahlzeit.
Faye verbrachte den Rest des Tages mit den Kindern. Abends, nachdem
sie die Zwillinge in ihre Wiegen gelegt hatte, las sie Rafi eine
Gutenachtgeschichte vor – allerdings erst, nachdem er seinen
Wutanfall über ihre Weigerung, ihn in ihrem Bett schlafen zu
lassen, überwunden hatte.
Um
elf lag Faye selbst im Bett und las einen historischen Roman, den sie
als Reiselektüre mit nach Jumar genommen hatte. Als sie draußen
das Geräusch eines Hubschraubers auf dem palasteigenen
Landeplatz hörte, hob sie kurz den Kopf, wandte sich dann aber
wieder dem Buch zu.
Plötzlich
wurde die Tür geöffnet, und Tariq kam herein. "Überraschung
…"
Sie
traute ihren Augen kaum.
"Gelungen
…" Lässig stieß er die Tür zu und
durchquerte das Zimmer. "Du machst dich gut in meinem Bett."
"Ich
dachte, du hättest andere Verpflichtungen", sagte sie
verwundert.
"Ich
fliege morgen bei Tagesanbruch zurück."
"Du
weißt offenbar nicht, was du willst."
"Ganz
einfach – ich will dich."
Ihre
Blicke begegneten sich. Es ärgerte Faye ungemein, dass die
Spitzen ihrer Brüste sich hart aufrichteten und sich außerdem
unter dem dünnen Stoff des Nachthemds
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